Wiesbadener Kurier: Wiesbadener Kurier zu G8:

Wiesbaden (ots) - Am Ende des G8-Gipfels gab es ¬ wie schon so oft
zuvor bei derartigen Veranstaltungen ¬ nur Sieger: Angela Merkel
allen voran, die den wachsweichen Klimakompromiss lauthals als Erfolg
feiert und sich auf die Schulter klopft dafür, dass die Teilnehmer
"in Erwägung ziehen³, den CO2-Ausstoß bis 2050 (das ist in 43
Jahren!) zu halbieren. Verbindlichkeit Fehlanzeige. Die G8-Zaungäste
und Mit-Umweltsünder China und Indien als Schwellenländer ¬ renitent
unwillig, sich auf irgendetwas festzulegen. Erst einmal die anderen,
die bisher unsere Erde so verpestet haben . . . Als würde der
Klimawandel vor den eigenen Grenzen Halt machen. Die selbsternannten
Sieger in Sachen Verbohrtheit könnten schnell zu den Verlierern
gehören. Noch so ein Sieger: US-Präsident Bush, der zu Hause bereits
dafür gefeiert wird, dass er sich den Merkelschen Maximalforderungen
zum Klimaschutz widersetzt hat.
Vielleicht der heimliche, aber wirkliche Sieger von Heiligendamm:
Russlands Staatschef Putin hat sich mit einem Paukenschlag
nachdrücklich als Akteur in Erinnerung gebracht: Statt weiter den
Beleidigten zu spielen, hat der Kreml-Herr mit seinem Vorschlag der
Raketenabwehr in Aserbaidschan ¬ und damit in seinem Einflussbereich
¬ die Karten neu gemischt. Immerhin zielt der Gedanke in die richtige
Richtung, kontinentüberschreitende Bedrohungen auch über Kontinente
und politische Grenzen hinweg anzugehen.
Mit einem Kraftakt erklärten die G8 gleich auch noch Afrika zum
großen Sieger des Gipfels. Mehr Geld für die Entwicklungshilfe soll
es geben. Wie schön, wo doch noch nicht einmal alte Versprechen der
G8 dieser Art bisher gehalten wurden. Und damit sie alle sich nicht
so alleine fühlen müssen, kommen noch ein paar Sieger hinzu: Die
Sicherheitsfanatiker, die den Gipfel dazu nutzten, Pflöcke beim Abbau
des Demonstrationsrechts einzuschlagen und ein Klima schufen, in dem
selbst das Bundesverfassungsgericht von sicher geglaubten Grundsätzen
abging.
Bei so vielen Gewinnern könnte es einem fast schwindlig werden vor
Glücksgefühl. Zeit, auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren: Nur
wenn alle am Gipfel beteiligten Politiker alles, aber auch wirklich
alles täten, was sie zum Wohle der Menschheit in Erwägung ziehen,
dürften wir uns alle ein wenig als Sieger fühlen.

Originaltext: Wiesbadener Kurier
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