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Lausitzer Rundschau: Bericht des Datenschutzbeauftragten: Maß und Mitte

Geschrieben am 24-04-2007

Cottbus (ots) - Stellen wir uns für einen Moment vor, in
Deutschland hätte es einen massiven Terroranschlag gegeben: Wolfgang
Schäuble wäre plötzlich der Mann der Stunde, die SPD könnte sich gar
nicht genug von ihren rüden Attacken gegen den Bundesinnenminister
distanzieren, und die jüngsten dramatischen Warnungen des
Bundesdatenschutzbeauftragten vor dem "gläsernen Bürger" würden als
eine an Weltfremdheit kaum noch zu überbietende Verirrung
wahrgenommen. Dabei scheint Peter Schaar auch in Zeiten der nur
abstrakten Bedrohungslage schon ein einsamer Rufer in der Wüste zu
sein. Nach seiner aktuellen Bilanz zum Datenschutz gab es in den
vergangenen beiden Jahren 5516 Eingaben besorgter Bürger. Angesichts
des enormen technologischen Fortschritts in unserer
Informationsgesellschaft sowie zahlreicher Gesetzesverschärfungen im
Anti-Terrorkampf ist das eine geradezu lächerliche Größenordnung.
Die Sorglosigkeit hat mehrere Gründe. Zum einen - und darüber darf
sich die Politik durchaus freuen - ist das Vertrauen in den
demokratischen Rechtsstaat offenbar stark ausgeprägt. Die
allermeisten Bürger gehen von einem sorgsamen Umgang der Behörden mit
ihren persönlichen Daten aus. Zum anderen stellen abstrakte
Bedrohungen für viele Menschen durchaus eine reale Gefahr dar. Ihre
Überzeugung speist sich aus kriminellen Vorkommnissen im Heimatort,
aber auch aus Gewaltfilmen im Fernsehen. So gesehen verkörpert
Schäuble mitnichten den blindwütigen Sicherheitsfanatiker, wie der
rote Koalitionspartner kritisiert. Der Minister trifft schlicht die
Seelenlage der Bevölkerung. Dabei wirkt der Aufschrei der Genossen
ohnehin wenig überzeugend. Als der Innenminister noch Otto Schily
hieß, konnte es der SPD gar nicht forsch genug zugehen - schon um der
Union das sicherheitspolitische Wasser abzugraben. Nun läuft das
Spiel unter umgekehrten Parteivorzeichen. Und es bleibt die Frage, ob
sich die Genossen wirklich einen Gefallen tun, wenn sie sich als
radikale Datenschützer profilieren.
Das entbindet die große Koalition freilich nicht davon, über die
Balance zwischen Sicherheit und Freiheit notfalls auch zu streiten.
Gerade weil die Datenflut scheinbar unaufhörlich steigt, wächst auch
die Gefahr, dass Unschuldige für Behörden zu Schwerverbrechern werden
können. Wenn Passfotos und Fingerabdrücke auf einem Chip gespeichert
werden, um Fälschungen zu vermeiden, dann geht das in Ordnung. Wenn
sich die Fingerabdrücke auch in einer zentralen Datei wieder finden
würden, dann ginge das eindeutig zu weit. Denn dann wäre jeder von
vornherein verdächtig. Es liegt in der Verantwortung der politischen
Akteure, bei der Sicherheit Maß und Mitte zu finden. Bedacht werden
muss dabei allerdings auch, dass der Schutz des Lebens absoluten
Vorrang hat.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=47069
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
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Fax: 0355/481247
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