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Das Klimakiller-Förderprogramm

Geschrieben am 17-04-2007

Berlin (ots) -

- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Der Klimapass von Minister Tiefensee setzt einer absurden
Förderpolitik für Sprit schluckende Geländewagen die Krone auf - Nur
jeder vierte Luxus-Offroader wird privat gekauft - Wie Autobauer ohne
großes Risiko gegen geltende Verbraucherschutzgesetze verstoßen
dürfen - Deutsche Umwelthilfe schlägt "ehrliche,
verbraucherfreundliche und aussagekräftige Energiekennzeichnung" vor.

Der von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lancierte
Vorschlag einer an der Nutzlast orientierten Energiekennzeichnung von
Pkw fügt sich nahtlos ein in ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die
sämtlich zu enormen Zuwachsraten bei den spritdurstigsten Fahrzeugen
auf deutschen Straßen beitragen. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe
e. V. (DUH) in Berlin hingewiesen und in diesem Zusammenhang massive
Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben.

"Die von Minister Tiefensee vorangetriebene ökologische
Reinwaschung schwerer Geländewagen erfüllt den Tatbestand der
Verbrauchertäuschung", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Im Fall der Realisierung des so genannten Klimapasses würde "ein
bizarres und weltweit einzigartiges Förderprogramm für schwere
Klimakiller propagandistisch abgerundet." Dieses Programm umfasse
neben opulenten Finanzhilfen für die Halter von Fahrzeugen wie VW
Touareg, BMW X5, Audi Q7 oder Porsche Cayenne auch laschere
Schadstoffgrenzwerte im Vergleich zu normalen Limousinen. Darüber
hinaus profitierten die spritdurstigen Geländewagen von der
großzügigen Abstinenz des Staates bei der Kontrolle und Verfolgung
von Verstößen gegen EU-weit geltende Pflichten zur
Energieverbrauchskennzeichnung.

Entgegen allen bisher im In- und Ausland diskutierten Modellen für
eine ehrliche und aussagekräftige Kennzeichnung der
Spritverbrauchs-Effizienz von Fahrzeugen will Bundesverkehrsminister
Tiefensee die CO2-Emissionen im Verhältnis zur Nutzlast kennzeichnen.
Eine solche in keinem Land der Erde praktizierte Methode würde
ausgerechnet die schweren Edel-Geländewagen begünstigen und ihnen das
Siegel der Klimaverträglichkeit verleihen. Stattdessen schlägt die
DUH eine an der Größe (genauer: der Grundfläche) der Fahrzeuge und
ihrem Kohlendioxid-Ausstoß pro Kilometer orientierte Kennzeichnung
aller Pkw in Form von Effizienzklassen vor. Optisch solle sie den bei
Haushaltsgroßgeräten (Kühlschränke, Waschmaschinen etc.) seit langem
eingeführten verbraucherfreundlichen Farbstreifen ähneln (Muster der
Kennzeichnung unter www.duh.de).

Der Vorschlag ist in den Niederlanden bereits seit Jahren
realisiert und geht zurück auf ein vom Umweltbundesamt, dem
Verkehrsclub Deutschland (VCD), der DUH und anderen Umweltverbänden
seit langem favorisiertes Modell. Er wurde seinerzeit vor allem vom
früheren Bundeswirtschaftsminister Werner Müller bekämpft und
letztlich verhindert. Konkret würden Fahrzeuge, die den
größenabhängigen Mittelwert aller neu zugelassenen Pkw um mehr als 25
Prozent übersteigen in der schlechtesten Effizienzklasse G, alle Pkw,
die ihn um mehr als 25 Prozent unterbieten, in der besten
Effizienzklasse A landen. Die Effizienzklassen B bis F würden
entsprechend in 10-Prozent-Schritten einsortiert. Eine
Dynamisierungsklausel soll nach dem Vorschlag dafür sorgen, dass sich
im Zuge der erhofften Effizienzfortschritte nicht immer mehr
Fahrzeuge in den besten Effizienzklassen wieder finden.

Als Hauptauslöser für den unter Klimagesichtspunkten fatalen
Absatzerfolg schwerer Geländewagen in Deutschland nannte Resch die
enormen Finanzhilfen beim Kauf von Dienst- und Firmenwagen in Höhe
von bis zu 49 Prozent des Kaufpreises sowie die steuerliche
Abzugsfähigkeit aller Betriebskosten. Diese würden unabhängig von der
Frage gewährt, ob ein solches Fahrzeug als Firmenwagen Sinn macht
oder nicht. So subventioniere der Finanzminister den Erwerb eines
Audi Q7 mit bis zu 34.500 Euro, den eines VW Touareg mit bis zu
37.500 Euro und den eines voll ausgestatteten Porsche Cayenne mit
53.200 Euro. Es sei folglich "kein Wunder, dass die so geköderten
Firmenoberen gerne zugreifen". Nach den Zulassungsdaten des
Kraftfahrtbundesamtes hat nur noch jeder vierte Edel-Geländewagen
einen privaten Halter. Bei den besonders PS-starken und damit
spritdurstigen Modelle ist der Privatanteil zum Teil noch ungleich
geringer: Porsche Cayenne Turbo (500 PS): private Halter 28%, BMW X5
(355 PS) 17%, VW Touareg W12 (450 PS) 17% und Mercedes-Benz G55 AMG
(476PS) ganze 3% private Halter.

"Revierförster in den alpinen Randregionen Südbayerns mögen zu den
wenigen Nutzern von Geländewagen gehören, die solche Fahrzeuge und
ihre zulässigen Nutzlasten tatsächlich zumindest gelegentlich
betrieblich einsetzen können", meinte Resch. Die übergroße Mehrheit
der derzeit 1,2 Millionen Sport Utility Vehicles (SUVs) verursachten
jedoch im Großstadtverkehr vollkommen unnötig hohe CO2-Emissionen bei
Verbräuchen von um die 20 Liter pro hundert Kilometer. Bei Vollgas
auf der Autobahn lande der Benzinverbrauch bei absurden Werten von
bis zu 67 l/100 km (Porsche Cayenne Turbo).

Resch wies auch auf die nahezu unbekannte Tatsache hin, dass
ausgerechnet den schwersten Geländewagen mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von mehr als 2,5 Tonnen staatlicherseits "Kosten
mindernde Verschmutzungsprivilegien" gewährt würden. So müssten diese
Fahrzeuge gegenüber normalen Pkw erst mit einem Jahr Verspätung die
jeweils aktuellen (derzeit Euro 4) EU-Abgasgrenzwerte einhalten. Die
meist dieselbetriebenen SUVs sorgten wegen ihrer mangelhaften
Abgasreinigung darüber hinaus für eine überproportionale
Stickoxidbelastung in den Ballungszentren, die auch die bodennahe
Ozonbelastung nach oben trieben.

Indirekt unterstützt der Staat den Schneller-Schwerer-Größer-Wahn
der Autohersteller nach Beobachtung der DUH auch, indem er auf eine
Kontrolle oder Verfolgung von Verstößen gegen die seit 2004 geltende
Verbrauchskennzeichnung in Autohäusern und Werbeanzeigen praktisch
vollständig verzichtet. "Die DUH nimmt als eine Art Vollzugshelferin
geborene Aufgaben des Staates wahr", sagte Cornelia Ziehm, die
Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. "Das ist kaum der
Sinn europaweit verbindlicher Regelungen". Seit mehr als zwei Jahren
macht die Umweltorganisation auf Verstöße von Herstellern und
Händlern gegen die Kennzeichnungspflichten aufmerksam. Zeigen sich
Hersteller oder Händler als besonders uneinsichtig, wird die
Einhaltung der Gesetze im Einzelfall auch vor Gericht erstritten.
"Wir übernehmen nicht nur Aufgaben, die eigentlich der Staat
erledigen müsste", erläuterte Ziehm. Vielmehr hätten einige
Bundesländer sogar bis zum heutigen Tag darauf verzichtet, eine für
die Überwachung zuständige Behörde überhaupt zu benennen. Und der
Bund seinerseits unterlasse es, auf die Länder einzuwirken, damit
diese die zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Regeln, in diesem Fall
der Pkw-Kennzeichnungsverordnung, notwendigen Strukturen schaffen.
Der Rückzug des Staates aus dem Vollzug klimaschutzrelevanter
Regelungen zeige erneut, dass es beim Klimaschutz in Deutschland
einen eklatanten Mangel an Umsetzung gebe.

"Das staatliche Handeln und Nicht-Handeln nimmt vor dem
Hintergrund der aktuellen Klimaschutzdebatte immer groteskere Züge
an", erklärte Ziehm mit Blick auf die jüngste Initiative Tiefensees.
Der nicht-zuständige Verkehrsminister presche alle paar Wochen "via
Interview mit Vorschlägen vor, die niemals ausformuliert werden, die
die Autohersteller und ihre Lobby erfreuen und gleichzeitig die
Fachleute ratlos machen." Der für Klimaschutz zuständige
Umweltminister verfalle in peinlich berührtes Schweigen und der laut
Geschäftsverteilungsplan der Regierung zuständige Wirtschaftsminister
tue so als hätte er mit all dem nicht das Geringste zu tun. Ziehm:
"So wünschen wir uns eine Regierung, die immerhin für sich in
Anspruch nimmt, weltweit den Klimaschutz voranbringen zu wollen."

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19,
E-Mail: resch@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Mobil: 0160 5337376,
E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Öffentlichkeitsarbeit,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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