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WAZ: Merkel pfeift den Minister zurück: Die kurze Karriere des Steuersenkers Glos - Leitartikel von Ulf Meinke

Geschrieben am 11-04-2007

Essen (ots) - Der verlängerte österliche Ausflug von
Wirtschaftsminister Michael Glos auf finanzpolitisches Gebiet ist
vorerst beendet. Bundeskanzlerin Merkel hat den selbst erklärten
Steuersenker zurückgepfiffen. Die Sanierung des Haushalts, ließ die
Kanzlerin über ihren Regierungssprecher verkünden, habe eindeutig
Priorität.

Nach dem munteren Boulevardtheater der vergangenen Tage könnte
man nun eigentlich zur Tagesordnung übergehen oder, um einmal
Politjargon zu bemühen, vom Sonnendeck in den Maschinenraum
zurückkehren. Allerdings gibt die angestoßene Steuerdebatte - auch
wenn sie jederzeit ohne aktuelle realpolitische Relevanz war -
durchaus Aufschluss über die Befindlichkeiten führender
Repräsentanten des Berliner Regierungsbetriebes. Insofern erscheint
eine genaue Analyse durchaus lohnenswert.

Immerhin hat Glos in der Manier eines Wahlkämpfers dafür gesorgt,
dass die nach wie vor gravierenden programmatischen Unterschiede der
großkoalitionären Partner offen zu Tage getreten sind. Auf der einen
Seite befindet sich eine SPD, die - grob skizziert - vom Grundsatz
her den starken Staat anstrebt, der die Bürger gegen die großen
Lebensrisiken absichert. Und auf der anderen Seite steht die Union,
die den Bürgern mehr Freiheit und zugleich größere Eigenverantwortung
geben will. Weil es die Wähler bei der vergangenen Bundestagswahl
nicht anders wollten, kann keines der beiden Lager sein Programm
lupenrein in die Tat umsetzen. Die Große Koalition bleibt ein
Zweckbündnis auf Zeit.

Ausgerechnet diese Regierung war es übrigens, die vor gerade
einmal vier Monaten die größte Steuererhöhung der
Nachkriegsgeschichte umgesetzt hat - und zwar unter Verweis auf die
nachhaltige Haushaltskrise des Staates, der noch immer mit einem
Schuldenberg von 1500 Milliarden Euro zu kämpfen hat. Auch Minister
Glos unterstützte diese Politik. Von den vielen offenen Finanzfragen
der Bundesregierung - Beispiel Kinderkrippen - ganz zu schweigen.

Den Haushalt in Ordnung zu halten, ist mehr als nur ein
ehrenwertes Ziel. Jeder gute Bankberater würde seinem Kunden raten,
zunächst einmal die Schulden abzutragen, um nicht dauerhaft
Kreditzinsen zu verschwenden. Nichts anderes ist auf Bundesebene
unter finanzieller Konsolidierung zu verstehen. Auch wenn Minister
Glos etwas anderes im Sinn gehabt haben dürfte: Dass sein Ruf nach
einem spendablen Staat den Sparkurs der Regierung letztlich geradezu
zementiert hat, ist die - durchaus positive - Ironie der Geschichte.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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