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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Einwanderungen

Geschrieben am 23-03-2006

Leipzig (ots) - Die Einwanderungsdebatte zeigt mal wieder
deutlich, dass Integrationspolitik in Deutschland nicht für Ausländer
gemacht wird, sondern für Wähler. Die EU bereitet einen verbindlichen
Integrationsvertrag für alle Einwanderer vor. Doch dies spielt im
Wahlkampfgetöse eine untergeordnete Rolle. Die Tests aus den
CDU-regierten Ländern Baden-Württemberg (Landtagswahl) und Hessen
(Kommunalwahl) reihen sich ein in Polemiken gegen den EU-Beitritt der
Türkei, Unterschriftenaktionen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft.
Initiator Roland Koch gewann unter anderem mit dieser Kampagne die
hessische Landtagswahl 1999. Auch jetzt ist Zustimmung in der
Bevölkerung gewiss.
Zu Recht fordern die Menschen von ihren neuen Mitbürgern, dass sie
sich zur Verfassung bekennen, die deutsche Sprache lernen und
demokratische Werte teilen. Und natürlich ist mehr Eigeninitiative
bei der Integration gefragt, als bislang gefordert wurde. Doch dazu
bedarf es nicht einer Quizshow, deren Beantwortung teils Gegenstand
eines Uni-Seminars sein könnte. Vielmehr ist dringend eine Politik
nötig, die Ausländer nicht ständig zu Wahlkampfzwecken
instrumentalisiert, sondern ein echtes Angebot zur Integration macht
- mit allen Rechten und vor allem Pflichten. Eine Politik, die
glaubhaft zu ihren Werten, Überzeugungen, der Geschichte und den
damit verbundenen Problemen steht, statt von Leitkultur zu schwafeln,
ohne sich selbst auf diese einigen zu können.
Ausgerechnet CSU-Chef Stoiber verweist auf die erfolgreiche
Einbürgerungspraxis in den Vereinigten Staaten. Scheinbar ohne genau
hingeschaut zu haben. Denn in den USA wird nicht nach kulturellem
Basiswissen, religiöser Orientierung oder Toleranz von Homosexuellen
gefragt. Die Amerikaner sind selbstbewusst genug, auch Neubürgern
einen individuellen Lebensstil zuzugestehen - solange sich dieser mit
der Verfassung verträgt. Daran darf sich Deutschland tatsächlich ein
Beispiel nehmen.
Der jetzt in Hessen ausgedachte Test soll hingegen Ausländer mit
falscher Gesinnung entlarven. Er zeigt aber eher, wessen Geistes Kind
die Verfasser sind. Aus den Fragen spricht tiefe Verunsicherung
gegenüber Einwanderungswilligen. Dass der so genannte Kanon aus rein
westdeutscher Sicht geschrieben ist, passt nur ins Bild. Immerhin
kommt Rügen vor. Ob mit Casper David Friedrichs Kreidefelsen
Hasspredigern beizukommen ist, darf bezweifelt werden. Auch wird sich
kein Verfassungsfeind durch die verklemmte Frage nach dem schwulen
Sohn von terroristischen Plänen abhalten lassen. Der Test verhindert
keine Parallel-Gesellschaften. Wer die deutsche Staatsbürgerschaft
beantragt, hat oft Ausbildung und Arbeit - wie der neue Mikrozensus
belegt. Das drängende Problem derjenigen Ausländer, die hier nach
eigenen Regeln leben, bleibt. Erst recht, wenn Innenminister Schäuble
wie angekündigt Gelder für Deutschkurse kürzen will. Mit seiner
Das-Boot-ist-voll-Rhetorik verdrängt er die deutsche Realität: Wegen
dramatischer Überalterung und zunehmender Kinderlosigkeit braucht das
Land nicht weniger, sondern mehr Einbürgerungen.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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