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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Köhlers Rede

Geschrieben am 21-09-2006

Leipzig (ots) - Ohne Ruck
Von André Böhmer
Der Ort, gezielt ausgewählt. Das Thema, spannend genug, um die
Erwartungshaltung im Vorfeld am köcheln zu halten. Im Zeitalter der
Pisa-Tests und der Aufregung um fernseh-kompatible Super-Nannys
gehört es mittlerweile zum guten Ton, konsequente Erziehung und ein
neues Bildungsideal zu fordern. Deshalb stellt sich nach der Rede
Horst Köhlers auch kein Überraschungseffekt ein.
Der Bundespräsident, der seinen Platz im politischen Getriebe der
großen Koalition weiter sucht, betrieb eine Art Standortanalyse in
Sachen Bildung. Ein öffentlicher Appell in einem Land, das die
Ressourcen der Ware Bildung erst sehr spät für sich entdeckt hat. Und
wie das mit Aufrufen zu bekannten Themen wie Erziehung und Schule nun
mal so ist:Wirklich nachhaltig wird sich das im öffentlichen
Langzeitgedächtnis nicht festkrallen.
Der Ruck, den sein Vorvorgänger Roman Herzog einst für das Land
beschwor, wird auch diesmal ausbleiben. Vielleicht werden ihn die
Lehrer ein bisschen spüren. Schließlich mussten Pädagogen jahrelang
als Watschenmann für die Bildungsmisere herhalten. Mit seinem Lob für
die "Helden des Alltags" adelt der Bundespräsident einen Berufsstand,
der oft zu Unrecht die öffentliche Prügel für das Pisa-Desaster und
andere Erziehungskatastrophen einstecken musste.
In der Rolle des Mahners und Aufrüttlers legte Köhler den Finger in
viele Wunden. Mehr kann er beim Thema Bildung nicht leisten. Das ist
zugleich sein Problem. Schließlich ist es nicht der Bundespräsident,
sondern es sind die Kultusminister der Länder, die den Schlüssel für
eine Verbesserung des Schulsystems in der Hand halten. Mit einem
deutlichen Seitenhieb auf das föderale Bildungsprinzip hat Köhler die
Verantwortlichkeiten zumindest hinterfragt.
In seiner Auflistung pädagogischer Brennpunkte hat er einiges
angesprochen und angeregt, was für viele Eltern, Lehrer und Politiker
nachvollziehbar und bekannt ist. Bildung beginnt in der Familie und
nicht erst in der Schule - die Erkenntnis dürfte sich herumgesprochen
haben. Integration von Zuwanderern fordert beide Seiten - seit dem
Hilferuf der Berliner Rütli-Lehrer nach den Gewaltexzessen von
Ausländer-Kindern an ihrer Schule auch keine überraschende
Feststellung.
Und Köhlers konservatives Erziehungsmodell? Das ist zwar konsequent
und folgerichtig. Doch wirklich neu sind die Rufe nach der Rückkehr
von Respekt, Rücksichtnahme und Manieren natürlich nicht. Verpackt
als Ratgeber-Bücher verkaufen sich Thesen dieser Art schon seit
geraumer Zeit blendend. Auch Ganztagsschulen und kostenlose
Vorschuljahre zu fordern wirkt wenig originell. Seit dem Pisa-Schock
wird versucht, diese Vorgaben umzusetzen. So wird von Köhlers Rede
nicht mehr bleiben als die Einschätzung, die auch viele Schüler
kennen:Bemüht, aber ohne nennenswerten Erfolg.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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