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Westdeutsche Zeitung: Sicherungsverwahrung und Fußfessel = von Peter Kurz

Geschrieben am 23-06-2010

Düsseldorf (ots) - Ein gefährlicher Sexualstraftäter kommt in
Freiheit. Die an seiner Wade befestigte elektronische Fußfessel soll
Alarm auslösen, wenn er sich einer Schule oder einem Spielplatz
nähert. Dieser Gesetzesplan klingt nach gefährlichem Spiel mit der
Sicherheit möglicher Opfer. Denn Fußfessel heißt auch: "auf freiem
Fuß". Keine Fußfessel und auch kein GPS-Ortungssystem kann
registrieren, wenn sich der Überwachte in der Nähe einer Frau oder
eines Kindes befindet. Schnell kann es dann zu spät sein. Zwar nicht
zu spät, den Täter zu überführen, weil ihm nachgewiesen werden kann,
dass er am Tatort war. Wohl aber vielleicht für eine Verhinderung der
Tat. Mit dieser Argumentation ließe sich der Gesetzesvorschlag der
Bundesjustizministerin leicht verdammen. Allerdings blendet dies das
hinter der Sache stehende Problem aus. Der Gesetzgeber steht unter
Handlungsdruck, seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
eine Reform der deutschen Sicherungsverwahrung angemahnt hat. Mit
deutlichen Worten verwarf das Straßburger Gericht die rückwirkende
Anwendung der Gesetzesregeln auf Altfälle und prangerte auch generell
die deutsche Sicherungsverwahrung an. Man kann den Richterspruch
kritisieren - aber das hilft nicht weiter. Bundesweit 70 potenziell
gefährliche Täter können sich darauf berufen. Will der deutsche Staat
nicht einfach die Europäische Menschenrechtskonvention und das über
sie wachende Gericht ignorieren, muss er reagieren. Unvereinbar
kollidieren hier elementare Rechte miteinander. Zum einen das
Freiheitsrecht eines Verurteilten, der seine Strafe abgesessen hat
und weiter festgehalten werden soll. Und zwar für Taten, die er noch
gar nicht begangen hat, aber begehen könnte. Auf der anderen Seite
steht unser aller Schutzbedürfnis gegenüber Tätern, die sich als
gefährlich erwiesen haben. Bisher gibt es die elektronische Fußfessel
nur in Hessen und Baden-Württemberg. Kleine Ganoven, die man für
wenig gefährlich hält, werden so überwacht. Hier aber geht es um
tickende Zeitbomben. Eine elektronische Fußfessel allein reicht da
nicht aus. Je nach Einzelfall bedarf es weiterer Maßnahmen. Von der
Therapie bis zur Observation. Das ist teuer, gewiss. Aber jedes
weitere Verbrechen "kostet" unendlich viel mehr.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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