(Registrieren)

WAZ: Wenn die Überwachung zunimmt: Zwischen Freiheit und Sicherheit - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 27-08-2006

Essen (ots) - Wenn im größten Medium der Welt, auf Myspace.com,
100 Millionen jüngerer Menschen auf diesem globalen Internet-Schulhof
Banales und Intimes dem Rest des Universums in Bild und Text
mitteilen, was ist denen dann noch die Privatsphäre wert?
Desgleichen, wenn immer mehr Menschen in Internet-Kaufhäusern und
Flohmärkten nahezu bedenkenlos ihre Daten dem großen Ganzen verfügbar
machen. Oder Kundenkarten nutzen, weil man dafür Rabatt bekommt oder
das auf persönliche Bedürfnisse zugeschnittene Angebot.

Internet und Konsum haben einen Wertewandel ausgelöst. Vor 20
Jahren gingen tausende von Menschen gegen die Volkszählung auf die
Straße, weil sie fürchteten, wenn sie 30 Fragen nach ihren
Lebensumständen beantworteten, werde der "Überwachungsstaat"
ausbrechen. Das Bundesverfassungsgericht schrieb das Recht des
Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung fest. 20 Jahre danach
machen die Leute von ihrem Recht Gebrauch, allerdings immer mehr
nicht durch Diskretion, sondern durch Indiskretion.

Dann kam der Terror. Inzwischen müssen wir befürchten, dass er
sich in unserer Nachbarschaft abspielt. Wahrscheinlich sind
Wertewandel plus terroristische Bedrohung die Gründe dafür, weshalb
heute kaum noch jemand etwas gegen die Ausweitung der Überwachung
einzuwenden hat. Nach jahrelangem Streit werden die Innenminister nun
eine Anti-Terror-Datei einrichten; sie werden die Ausweitung der
Video-Überwachung auf öffentlichen Plätzen, die ohnehin vielfach
schon Normalität ist, beschließen. Infratest hat für den "Spiegel"
ermittelt, dass 82 Prozent der Bevölkerung dafür sind. Die Menschen
haben sich daran gewöhnt, in irgendeiner Form öffentliche Existenz zu
sein, und nun kommt die Furcht hinzu, Gewaltopfer zu werden.

Leidet unsere Freiheit, wenn Sicherheit jetzt und wohl auch in
den nächsten Jahren Konjunktur hat? Oder ist es vielmehr so, dass der
Zugewinn an Sicherheit die Freiheit vergrößert, ja: erst möglich
macht? Wenn wir am Flughafen länger warten und vielleicht demnächst
ohne Handgepäck fliegen, beschränkt das dann unsere Freiheit? Oder
ist das nicht vielmehr die Bedingung der Möglichkeit von Freiheit?

Was das ist, Freiheit und Sicherheit, steht nicht in Stein
gemeißelt. Was wir darunter verstehen, unterliegt einem Wandel. Im
Volk wächst jedenfalls die Nachfrage nach Sicherheit. Die Politik
wird uns, ihren Kunden, um unserer Freiheit willen ein überzeugendes
Angebot machen müssen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

27307

weitere Artikel:
  • LVZ: Zitat - Leipziger Sozialforumssprecher Winfried Helbig zu Tiefensee/Hartz IV Leipzig (ots) - "Es muss einmal kar gesagt werden: Hartz-IV-Empfänger sind nicht die Müllfahrer der Nation, die Jobs machen müssen, die keiner will." (Winfried Helbig, Sprecher des Leipziger Sozialforums und Mitorganisator der Leipziger Montags-Demos 2004 gegen die Hartz-IV-Reformen, in der "Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) zum Tiefensee-Vorschlag, Hartz-IV-Betroffene als Patrouillen in Busse und Bahnen einzusetzen) Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Die gierige Koalition = Von Friedrich Roeingh Düsseldorf (ots) - Keine politische Konstellation kommt die Bürger so teuer zu stehen wie die Große Koalition. Regierungen sind zwar schon immer der Neigung erlegen, lieber Geld auszugeben als einzusparen. Wenn aber das Korrektiv einer großen Oppositionspartei entfällt, scheint der Millardenhunger grenzenlos zu sein. So plant die Regierung Merkel nicht nur die größte Steuererhöhung in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Jetzt weigert sie sich auch noch, unerwartet hohe Steuerflüsse und Überschüsse aus der Arbeitslosenversicherung den mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Tiefensee und Hartz IV Halle (ots) - Es entbehrt nicht einer gewissen traurigen Ironie: Je weniger echte Beschäftigungschancen es für arbeitslose Hartz-IV-Empfänger gibt, umso phantasievoller werden die Vorschläge unserer Politiker, sie dennoch sinnvoll zu beschäftigen. Für die eine wie die andere Tätigkeit dürften die meisten Betroffenen nicht entferntest qualifiziert sein. Man stelle sich nur den beherzten nächtlichen Einsatz einer arbeitslosen Bürokauffrau gegen randalierende Neonazis oder angetrunkene Jugendliche im öffentlichen Nahverkehr der Städte vor. mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung kommentiert die Debatte über den Überschuss bei der Bundesanstalt für Arbeit: Frankfurt/Oder (ots) - Selbstverständlich sind die Eigentümer der rund neun Milliarden Euro Überschuss die sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Sie mussten das Geld über ihre Arbeitslosenversicherung bezahlen, und Ihnen gehört das Geld in Form von Beitragssenkungen zurück, wenn es nicht sinnvoll für andere Zwecke im Bereich der BA verwendet werden kann. Es mutet kurios an: Obwohl Staat und Sozialkassen neuerdings zusätzliche große Einnahmen vermelden, soll der Bürger Zahlmeister bleiben. So bei der gekürzten Pendlerpauschale oder mehr...

  • Südwest Presse: Kommentar zu Terror, Ausgabe vom 28.August 2006 Ulm (ots) - Polizei und Bundesanwälte tun offenbar erfolgreich ihre Arbeit, ihre Sprecher, allen voran BKA-Präsident Jörg Ziercke, tragen mit besonnener Reaktion dazu bei, das durch die fehlgeschlagenen Bahn-Anschläge aufgeheizte Klima zu normalisieren. Die schlagartige Erkenntnis, wie nah der Terror auch unserem Alltag gerückt ist, war Schock genug und wird ihre Spuren hinterlassen. Verbunden sind solche Ereignisse leider stets mit hässlichen Begleitgeräuschen. Für die, mit Verlaub, idiotischen Zeitgenossen, die mit Bombenattrappen Alarm mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht