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WAZ: Der Höhenflug des Kandidaten Gauck beschäftigt die Fantasie - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 07-06-2010

Essen (ots) - Woher kommt der Höhenflug von Joachim Gauck? Und hat
Gabriels Kandidat eine Chance aufs höchste Amt im Staat? Erstens: Die
Bevölkerung ist das Parteiengeschacher leid. Es werden zwar kaum
Stimmen laut gegen Wulff, aber auch kaum solche für ihn. Er wird
allmählich zum Opfer dieser Stimmung. Wulff ist der Partei-Kandidat,
Gauck der Über-Partei-Repräsentant. Zum Anti-Parteienmann lässt Gauck
sich klugerweise nicht machen. Kurz: Wulffs Kandidatur hat etwas
Rückwärtsgewandtes, Gauck erscheint als der Zeitgemäßere. Zweitens:
Auffällig viele Liberale, beileibe nicht nur aus den ostdeutschen
Ländern, gehen auf Distanz zu Wulff. Der ist zwar der schwarz-gelbe,
aber nicht der liberale Kandidat. Das ist nur scheinbar ein
Widerspruch. Wulff repräsentiert eine Koalition, in der die Liberalen
nichts mehr zu sagen haben. Wenn sich nun Liberale für Gauck
aussprechen oder sich kritisch über die Berliner Entscheidung äußern,
dann steht zweierlei dahinter: Kritik an der Quasi-Alleinherrscherin
Merkel, die der FDP den Raum nimmt, und Kritik am eigenen
Vorsitzenden, der sich und seine Partei so offensichtlich der
CDU-Kanzlerin auslieferte. Drittens: der Überraschungs-Faktor. Viele
Menschen hätten SPD und Grünen eine derartige Souveränität in
Personalfragen wohl nicht zugetraut. Eine Souveränität, die sie eher
von der Kanzlerin erwarteten. Das zahlt sich schon jetzt aus für die
SPD und ihren Vorsitzenden. Selbst wenn Gauck die Wahl verliert, wird
er kein Verlierer sein, ebenso wenig wie jene, die ihn nominierten.
Viertens: Die wohlmeinenden Stimmen konservativer Politiker wie
Bayerns Seehofer und konservativer Medien wie der "Welt" sind
keineswegs so überraschend. Gauck ist nicht links, er ist
konservativ. Und liberal. Er ist ein glasklarer Antikommunist, nennt
die Linkspartei reaktionär. Und er ist ein überzeugter Liberaler.
Wenn Gauck über Freiheit spricht, dann vor allem die Freiheit vom
Staat. Wenn überzeugte Linke von Freiheit reden, dann von der zum
Staat. Den Sozialstaat dekliniert Gauck sogar obrigkeitsstaatlich
durch. "Wir stellen uns nicht gern die Frage, ob Solidarität und
Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu
lassen." Oder: ". . . noch bewegt sich Politik in
den Bahnen paternalistischen Verteilens", gegen den Gauck die
Notwendigkeit für einen "eisernen Willen, eine bislang noch
gefürchtete Entschlusskraft" stellt. Es sind sehr konservative, sehr
liberale, kurz: neoliberale Sätze. Sätze, die Merkel auf dem
Leipziger Parteitag aussprach, von denen, inzwischen wieder nach
links in die Mitte gerückt, sie nichts mehr wissen will. Konsequent
ist da nur das Lob für Schröders Agenda-Politik. ("Solche Versuche
mit Mut brauchen wir heute wieder.") Fünftens: Gauck beschäftigt die
Fantasie. Vor allem jene, das Establishment, also hier: Merkel,
scheitern zu sehen. Dazwischen liegen freilich 180 Stimmen auf der
Bundesversammlung. Es wäre ein Wunder. Menschen lieben Wunder.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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