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Rheinische Post: Lehman Brothers, Greek Brothers

Geschrieben am 28-04-2010

Düsseldorf (ots) - Geschichte wiederholt sich doch, wenn auch als
Farce. 2008 stufte die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit der
US-Bank Lehman Brothers derart herab, dass jegliches Vertrauen in das
Institut verschwand. Die Lehman-Pleite löste die Finanzkrise aus, die
Weltwirtschaft sucht immer noch ihr Gleichgewicht. Nun folgt auf die
Pleitebank der Pleitestaat Griechenland, die Greek Brothers beerben
sozusagen die Lehman Brothers. In atemberaubender Geschwindigkeit
erhöht sich der Finanzbedarf Griechenlands. 80, 100, 120, gar 135
Milliarden - bei den Griechenland-Beratungen ging es gestern zu wie
auf einem Basar. Nur leider ist es kein Handel, bei dem die
Euroländer die Wahl haben, nein zu sagen. Auch Deutschland wird zum
Entsetzen seiner fassungslosen Steuerbürger zahlen müssen. Derzeit
ist von 25 Milliarden die Rede. Wer fordert mehr? In der
Griechenland-Krise zeigt sich die Problematik der Eurozone. Sie ist
ein Schönwettersystem, ein in erster Linie politisches und nicht
ökonomisches Konstrukt. Um der ohne Zweifel wertvollen europäischen
Einigung willen wurde der Eurovertrag sehenden Auges in der
romantischen Annahme gestaltet, die Mitgliedsstaaten hielten sich an
die Vertragsbedingungen und würden nicht tricksen, täuschen, tarnen.
Griechenland liefert als erster Eurostaat den Beweis des Gegenteils,
aber auch spanische, portugiesische, sogar deutsche Haushalte
missachteten häufig die selbstgezogenen Grenzen. Die Schuldenbremse
etwa, auf die unsere Politiker stolz verweisen, ist noch kein Jahr
alt und greift erst 2011. Könnte oder sollte man gar Griechenland
nicht retten? Die Idee, den Staat aus der Eurozone zu drängen, klingt
plausibel - und verlockend. Der immer flockig formulierende
Wirtschaftsprofessor Sinn etwa meint: "Eine Pleite Griechenlands
werden wir gar nicht merken." Das mag für die deutsche
Exportwirtschaft weitgehend zutreffen, anderweitig würden wir die
Folgen sehr wohl spüren. Erstens: Der deutsche Steuerzahler ist
ohnehin in Haftung. Zahlreiche Banken, allen voran die teilweise oder
gänzlich in Staatsbesitz befindlichen Hypo Real Estate, Commerzbank
oder die Landesbanken müssten bei einer Griechenland-Pleite
Milliarden abschreiben. Eine Welle von Bankenpleiten drohte.
Zweitens: Fällt Griechenland, bricht in Euroland Panik aus. Auch
Portugal, Spanien, vielleicht gar Italien wären bedroht, die
Eurowirtschaft würde den nächsten Absturz erleben. Die konjunkturelle
Erholung, ohnehin schockgefroren, wäre vorbei. Drittens: Der Euro
lebt auch vom zäh gewachsenen Vertrauen in die Stabilität der
Währung. Schwindet das Vertrauen, ist der Euro am Ende. Ein wichtiger
deutscher Banker beschreibt die Gefahr ohne sein gewohnt gewinnendes
Lächeln in der Sprache der Finanzwelt mit "unintended consequences".
Übersetzt: Keiner weiß, was dann auf uns zukäme.

Originaltext: Rheinische Post
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Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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