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Berliner Morgenpost: Schluss mit der Kulanz gegenüber Griechenland - Kommentar

Geschrieben am 22-04-2010

Berlin (ots) - Eine Tragödie soll alles darstellen, was Furcht und
Mitleid erregt, so gab es der griechische Philosoph Aristoteles einst
vor. Zumindest das Kriterium hat Griechenland bisher perfekt erfüllt.
Wer schon dachte, schlimmer könne ein europäisches Land seinen
Haushalt und die eigene Glaubwürdigkeit nicht mehr beschädigen, sieht
sich nun eines Besseren belehrt. Erneut sind die Zahlen für das
Etatdefizit des Landes deutlich nach oben korrigiert worden. Doch
selbst das von der EU errechnete Minus von 13,6 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts reicht vermutlich nicht aus, um die wirkliche
Misere abzubilden. Es gibt gute Gründe dafür, alle Zahlen, die Athen
meldet, unter Generalverdacht zu stellen. Das aber ist genau der
entscheidende Punkt. Griechenland steht kurz davor, ein
milliardenschweres Rettungspakt von seinen europäischen Partnern und
dem Internationalen Währungsfonds zu bekommen. Dass Gelder fließen
werden, ist angesichts der angespannten finanziellen Lage womöglich
nur noch eine Frage von Tagen. Der Preis dafür ist hoch. Um den
Griechen zu helfen, hat Europa einen Grundgedanken des Maastrichter
Vertrags geopfert und damit das Fundament des Euro empfindlich
geschwächt. Die Folgen lassen sich am Sinkflug der Währung an den
Finanzmärkten ablesen. Trotzdem sind die Euro-Länder gegenüber dem
Schuldensünder bisher sehr kulant aufgetreten. Damit muss nun Schluss
sein. Wenn Europa einigermaßen glaubwürdig bleiben will, sollte es ab
jetzt härter durchgreifen und Griechenland strenger überwachen. Dazu
gehört auch, dass die Euro-Länder ein noch engmaschigeres
Kontrollnetz spannen und in noch kürzeren Abständen überprüfen, was
ihnen da an Zahlen aus Athen vorgelegt wird. Dazu gehört zudem, dass
sie glaubhafte Strafen androhen und vor allem zügig umsetzen, sollte
sich Griechenland nicht peinlich genau an die getroffenen Absprachen
halten. Denn wie es aussieht, hat das Land aus den Lehren der
vergangenen Monate vor allem einen Schluss gezogen: Dass es sich mit
dem Versprechen auf Hilfe in der Tasche weiterhin trefflich tricksen
lässt. Dabei hat Griechenland noch Glück, dass es klein genug für
eine Rettung durch die europäischen Partner ist. Das allerdings lässt
Böses ahnen für den Moment, wenn große Länder fallen. Denn sollte das
griechische Beispiel von den Zahlentricks Schule machen oder andere
Euro-Mitglieder von den nervös gewordenen Investoren an den
Finanzmärkten unter Generalverdacht gestellt werden, wären die
Rettungsmöglichkeiten der EU schnell erschöpft. Pleitefälle innerhalb
Europas oder gar der Austritt eines oder mehrerer Länder aus dem Euro
wären dann unausweichlich. Das ist die eigentliche Tragödie an dem
Schauspiel, dass Griechenland dieser Tage abliefert. Und je länger es
andauert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die schwerste Krise
seit dem Start des Euro vor bald zehneinhalb Jahren doch noch ein
halbwegs gutes Ende nimmt.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
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Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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