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LVZ: Führungsschwäche

Geschrieben am 16-08-2006

Leipzig (ots) - Von Maja Zehrt
Nach Tagen des Schweigens gibt es endlich eine Ansage der
Bundesregierung - wenn auch eine halbgare. Ja, wir machen mit. Nein,
wir sagen noch nicht wie. Während die Uno mit Hochdruck daran
arbeitet, ihre Eingreiftruppe in zehn bis 15 Tagen vor Ort zu haben,
Israel der Hisbollah mit einer Fortsetzung des Krieges droht, lädt
Merkel zum Geheimtreffen nach Bayreuth: Zu den Eingeweihten gehören
SPD-Chef Kurt Beck, Vizekanzler Franz Müntefering und der
CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber. Zu den Rätselnden gehören weiterhin
die deutsche Öffentlichkeit und der Bundestag - der ultimativ über
den Einsatz zu entscheiden hat.
Bei aller Rücksicht auf den Spielraum, den sich die Regierung bei der
heutigen Truppensteller-Konferenz in New York offen halten will:
Merkels Informationspolitik ist ein Desaster. Seit zwei Wochen weiß
die Regierung, dass Israels Premier den Einsatz deutscher Soldaten im
Libanon wünscht. Eine UN-Resolution für die Schutztruppe liegt längst
auf dem Tisch. Fast jeder Hinterbänkler hat sich aus der Provinz zur
Debatte geäußert. Nur die Kanzlerin drückt sich konsequent um eine
Position. Sie versteckt sich hinter dem - zum Glück - souveräner
auftretenden Außenminister Steinmeier, betreibt hinter den Kulissen
Telefondiplomatie. Sie lässt Verteidigungsminister Jung den Einsatz
öffentlich befürworten, ist aber unfähig, CSU-Chef Stoiber auf Linie
zu bringen.
Regieren bedeutet mehr als moderieren. Dass sie Machtpolitik aus dem
Eff-Eff beherrscht, hat Merkel hinlänglich bewiesen. Jetzt ist
Führungsstärke gefragt, sie aber zeigt Führungsschwäche. Historische
Entscheidungen sind immer mit Risiko und Gegenwind verbunden. Eine
Erfahrung, die Ex-Kanzler Schröder und sein Außenminister Fischer
beim Kosovo-Krieg gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit machen
mussten - dabei aber deutlich mehr Standfestigkeit zeigten. Kanzlerin
Merkel scheut das Risiko und setzt sich außerhalb der Tiroler Berge
ungern Gegenwind aus. Die erste Quittung gibt es bereits: Laut
Umfrage würden sich aktuell nur 37 Prozent der Bürger für die
Regierungschefin entscheiden.
Merkels Schweigen in dem von NRW-Ministerpräsident Rüttgers
angezettelten Richtungsstreit der Union war ärgerlich. Ihr Schweigen
zur Ausgestaltung der Libanon-Truppe ist katastrophal: Diese Mission
wird ein politischer und militärischer Kraftakt, der nicht zuletzt
aufgrund der deutschen Vergangenheit ein absolut tragfähiges
Fundament benötigt. Soldaten, die möglicherweise ihr Leben aufs Spiel
setzen, haben klare Aussagen verdient.
Ein Einsatz deutscher Kampftruppen kommt nicht in Frage, so viel ist
sicher. Merkel muss nun Parlament und Bevölkerung davon überzeugen,
dass ein Engagement der Bundeswehr außerhalb der Pufferzone im
deutschen Interesse liegt - und mit Blick auf eine stabile Lage im
Nahen Osten Sinn macht. Kaum ein Land genießt eine so hohe
Wertschätzung in Israel und der arabischen Welt. Außerdem betrachtet
sich die Koalition als Kandidat für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Dieser Führungsstil ist keine Empfehlung für den Posten.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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