(Registrieren)

Weißrussland: Reporter ohne Grenzen warnt vor Zensur-Offensive im Internet

Geschrieben am 07-01-2010

Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist besorgt über Pläne
der weißrussischen Regierung, Internet-Kontrollen zu verschärfen.
Präsident Alexander Lukaschenko bestätigte am 30. Dezember 2009, dass
seine Regierung letzte Details eines entsprechenden Gesetzentwurfs
ausarbeitet. Eine erste Version wurde den Medien am 14. Dezember
zugespielt. Die Beratungen über den Entwurf finden bisher nur im
Verborgenen statt.

"Wir sind höchst besorgt angesichts der Gesetzesvorlage", so ROG.
In einem Land, in dem freie Meinungsäußerung bereits eingeschränkt
wird, gefährden die Regierungspläne die freie Rede im Internet und
das Recht, Meinungen anonym und ohne Angst vor Repressionen
kundzutun. Nachdem das Regime fast sämtliche traditionellen Medien
unter seine Kontrolle gebracht hat, startet es nun eine Offensive
gegen die Neuen Medien."

Das Gesetz soll sämtliche Online-Publikationen meldepflichtig und
jeden Internet-Nutzer identifizierbar machen - sowohl in
Internet-Cafés als auch in Privathaushalten. Kunden von
Internet-Cafés müssten ihre Ausweise vorzeigen, um online gehen zu
können. Internetdienstanbieter wären verpflichtet, persönliche Daten
aus den Ausweispapieren der Polizei und den Gerichten zugänglich zu
machen sowie speziellen Dienststellen, die in Weißrussland alle
veröffentlichten Nachrichten beobachten. Beinhaltet eine Seite
Material, das von der Regierung als "extremistisch" eingestuft wird,
könnten Provider auch ohne Gerichtsbeschluss gezwungen werden, die
Seite zu blockieren.

Jede Website müsste in einem Verfahren registriert werden, das
noch vom Kabinett und von einer dem Büro des Präsidenten
unterstellten Behörde, der "Zentrale für Operationen und Analysen",
zu bestimmen ist. Die Zentrale wäre zudem für die Überwachung der
Seiteninhalte zuständig.

Präsident Lukaschenko versuchte am 30. Dezember Kritiker des
Gesetzentwurfs zu beschwichtigen: Er erklärte, dass "die Regierung
niemanden davon abhalten wird, irgendetwas zu tun, und nichts
verbieten will". In früheren Äußerungen hatte der Präsident jedoch
bekundet, dass die weißrussische Internetpolitik auf dem chinesischen
Modell basieren solle. "Die Versicherungen des Präsidenten können den
repressiven Kern des Entwurfs nicht verbergen, der Internetnutzer
möglicherweise zur Selbstzensur treibt", kritisiert ROG.

"Das Gesetzesvorhaben sollte aufgegeben werden, sonst wird
Weißrussland bald zusammen mit Ländern wie Nordkorea, China und Iran
auf der ROG-Liste der 'Feinde des Internets' stehen", so ROG weiter.
Weißrussland fällt bereits in die Gruppe der Länder, die bei ROG
"unter Beobachtung" stehen, da es in dem Land nur einen
Internetdienstanbieter gibt ("Beltelekom") und Websites von
Oppositionsgruppen bei großen politischen Anlässen blockiert werden.
Besitzer von Internetcafés sind zudem nach einer Verordnung vom
Februar 2007 dazu verpflichtet, die Polizei über Kunden zu
informieren, die "sensible" Seiten besuchen. Sie müssen außerdem
Aufzeichnungen über sämtliche, in den vergangenen zwölf Monaten von
einzelnen Computern aufgerufene, Websites aufbewahren und auf
Nachfrage der Polizei zugänglich machen.

Trotz allem gilt das Internet in Weißrussland bisher noch als ein
Ort dynamischer Meinungsäußerung mit ungefähr drei Millionen
Bloggern. Ein im August 2008 verabschiedetes Pressegesetz zur
Registrierung von Medien gilt nicht für das Internet. Der nun
ausgearbeitete Gesetzentwurf soll diese Lücke schließen und die in
Regierungskreisen als "Online-Anarchie" bezeichnete Freiheit im
Internet beenden.

Originaltext: Reporter ohne Grenzen e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/51548
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_51548.rss2

Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

245287

weitere Artikel:
  • LVZ: Patientenbeauftragter verteidigt "gesunden Mittelweg" bei der Schweinegrippe-Impfaktion Leipzig (ots) - Den eingeschlagenen "gesunden Mittelweg" zwischen Aktionismus und zu wenig Vorsorge bei der Bekämpfung der Schweinegrippe-Pandemie in Deutschland hat der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, der CSU-Politiker Wolfgang Zöller, verteidigt. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag-Ausgabe) mahnte Zöller zugleich organisatorische Verbesserungen bei der Planung von großen Impfaktionen als Konsequenz aus dem Organisationswirrwarr der letzten Monate an. Zur aktuellen Kritik an einer Überversorgung mit bereitgestellten mehr...

  • Kretschmer: Galileo-Navigation hält HighTech in Deutschland Berlin (ots) - Zum Auftrag der EU, 14 Galileo-Satelliten in Deutschland zu bauen, erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer MdB: Die Vergabe dieses wichtigen Auftrags an den Bremer Technologiekonzern OHB ist nicht nur ein ökonomischer Erfolg. Der Bau der ersten 14 Satelliten im Wert von 566 Millionen Euro muss auch dazu genutzt werden, Kompetenzen beim Bau von Satelliten und in der Satellitennavigation in Deutschland zu halten. Für OHB wird es darauf ankommen, eine hohe Fertigungstiefe mehr...

  • Der Tagesspiegel: Nebenkläger im Fall Jalloh erwartet Verurteilung Anwalt: Polizisten müssen ihre Wagenburgmentalität aufgeben Berlin (ots) - Berlin - Im Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh glauben Vertreter der Nebenklage nicht an einen erneuten Freispruch. "Ich erwarte jetzt eine Verurteilung", sagte der Berliner Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff, der im Prozess den Vater von Oury Jalloh vertritt, dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe). "Bereits im ersten Prozess hätten belastende Aussagen und Indizien dafür ausgereicht". Klinggräff kritisierte zudem das Aussageverhalten der beteiligten Polizisten. Es sei zu hoffen, dass die Zeugen im neuen Prozess mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Die Märkische Oderzeitung Frankfurt (Oder) (CSU) kommentiert den Dreiergipfel der Koalitions-Parteichefs: Frankfurt/Oder (ots) - Schon nach nur zehn Wochen des Regierens bietet die bürgerliche Koalition in Berlin ein groteskes Bild. Vom Wähler ... mit viel Vorschusslorbeer ausgestattet, scheint aller Zauber schon dahin. Es ist nicht zu sehen, welche gemeinsamen Ziele und Botschaften das Bündnis aus CDU, CSU und FDP noch fast vier Jahre lang tragen sollen. In der Steuer-, Gesundheits- oder Afghanistanpolitik herrscht Durcheinander zwischen Union und FDP, und der Fall Steinbach ist zum Riesenballon aufgeblasen, mit dem sich Liberale und CSU mehr...

  • Neues Deutschland: zum BGH-Urteil im Fall Oury Jalloh Berlin (ots) - Dem beharrlichen Drängen der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh ist es zu verdanken, dass der Tod des Flüchtlings aus Sierra Leone überhaupt so eine Bekanntheit erlangte. Angehörige und Freunde des in Polizeigewahrsam umgekommenen jungen Mannes fordern seit fünf Jahren Aufklärung und Gerechtigkeit. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ist für sie nun ein erster Hoffnungsschimmer. So kann es tatsächlich zu dem seltenen Fall kommen, dass ein Polizist für sein strafbares Verhalten verurteilt wird. Auch für eine neue mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht