(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Eine kommunale S-Bahn bietet Berlin Chancen - Leitartikel

Geschrieben am 22-12-2009

Berlin (ots) - Die Sturzfahrt der Berliner S-Bahn ist zum Ende
eines schlimmen Jahres am Tiefpunkt angekommen. Die Aufseher vom
Eisenbahnbundesamt verlängern die Betriebsgenehmigung der größten
Nahverkehrstochter der Deutschen Bahn gerade einmal für zwölf Monate.
Richtig so. Wer riesige Summen, die das Land für
Nahverkehrsleistungen überwiesen hat, in die Konzernkassen lenkt und
dafür auf Kosten der Sicherheit Wartungsarbeiten unterlässt, hat auch
kein Vertrauen verdient.
Für Berlin stellt sich jetzt die Frage, wie die Stadt und die
genervten S-Bahn-Kunden aus dem Schlamassel herauskommen. Im Senat
wird ernsthaft daran gearbeitet, die S-Bahn in die kommunale Hand zu
bekommen. Das favorisieren SPD, Linke, aber auch Teile der CDU und
der Grünen. Die andere Seite möchte das S-Bahn-Netz lieber
ausschreiben und eventuell mehrere Betreiber für die 332
Streckenkilometer einsetzen. Dieses Modell bevorzugen die Mehrheit
der CDU, einige Grüne und die FDP.
Das Misstrauensvotum der Aufsichtsbehörde spielt den Befürwortern
einer Übernahme in die Hände. Die S-Bahn wird dadurch immer weniger
attraktiv für den Bahn-Konzern. Wenn der Senat obendrein droht, ab
2017 die lukrativsten Teile des Netzes auszuschreiben, könnten die
Herren im Bahn-Tower die Lust am Berliner Nahverkehr verlieren und
den Sanierungsfall S-Bahn günstig ans Land abgeben.
Für Berlin wäre das eine Chance, den Nahverkehr effizienter zu
gestalten. Dass es nicht optimal ist, in einem Ballungsraum zwei
Verkehrssysteme zu haben, liegt auf der Hand. Man muss nur an den
parallel zur S-Bahn-Strecke in Mitte geplanten Bau der sündteuren
U5 denken, um zu erkennen, dass ein besser abgestimmtes
Vorgehen möglich wäre. Der Fahrgast will günstig und zuverlässig von
A nach B - wer ihn befördert, ist ihm völlig egal.
Der Ruf nach privaten Betreibern, die einen Großteil ihrer
Wettbewerbsvorteile über schlechtere Bezahlung ihres Personals
erzielen, speist sich aus dem Misstrauen gegen die Berliner Politik
und die BVG als möglichem Monopolanbieter. Aber anders als bei der
von der Bundesregierung verantworteten S-Bahn, rollen die Räder bei
der vom Senat geführten BVG zuverlässig, abgesehen von einigen
Streiktagen. Die strukturellen finanziellen Schwierigkeiten der BVG
rühren, von fatalen Fehlspekulationen auf dem Finanzmarkt mal
abgesehen, aus politischen Entscheidungen, die jährlichen Zuschüsse
zu kürzen, die Fahrpreise nicht anzuheben und die Mitarbeiter besser
zu bezahlen.
Öffentlicher Nahverkehr kostet Steuergeld, egal, ob ihn die BVG, die
S-Bahn oder ein Privater betreibt. Die demokratischen Instanzen einer
Metropole sollten den Anspruch haben, über ein für das städtische
Leben so wichtiges Thema auch selbst zu bestimmen. Die Erfahrungen
mit einer auf Privatisierung getrimmten S-Bahn liefern gute
Argumente, ein isoliertes Nahverkehrssystem nicht dem privaten
Gewinnstreben zu überlassen. Die Berliner Politik sollte sich
zutrauen, ein Verkehrsunternehmen so gut zu managen wie ein Privater.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

243914

weitere Artikel:
  • WAZ: Notfall Zukunft - Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Notärzte fehlen. Einsatzzeiten werden länger. Patienten werden warten müssen. Was Experten zu unserer Beunruhigung für die nahe Zukunft voraussagen, ist nicht nur eine Folge mickriger Bezahlung, miserabler Arbeitszeiten und verfehlter Nachwuchswerbung. Es ist blanke Strukturschwäche. Denn die Gleichung der nächsten Generation heißt: Wenige Junge, viele Ältere. Heute gibt es 500 000 über 90-Jährige in Deutschland. 2020 sind es eine Million, 2050 werden es über zwei Millionen sein. Herz- und Kreislaufprobleme werden alltäglicher. mehr...

  • WAZ: Baustellen in Land und Bund - Rüttgers zwischen den Fronten - Leitartikel von Walter Bau Essen (ots) - Als CDU und FDP im Frühjahr 2005 die Regierungsmacht in NRW übernahmen, gaben sie sich selbst ein klares Ziel vor: Schwarz-Gelb am Rhein sollte die "Blaupause" für eine gleichfarbige Koalition an der Spree liefern. Dies ist seit der Bundestagswahl am 27. September erreicht. Doch so richtig glücklich dürften Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und sein Regierungsteam damit trotzdem nicht sein. Die Regierung Merkel-Westerwelle droht für Rüttgers, der sich im nächsten Mai dem Wähler stellen muss, zu einer Belastung zu mehr...

  • WAZ: Die Afghanistan-Debatte - Grundsätzliche Fragen - Leitartikel von Dirk Hautkapp Essen (ots) - Noch mehr Soldaten und wirkungsvollere Waffen? Oder mehr Hilfe beim Aufbau einer Zivilgesellschaft plus schrittweiser Abzug des Militärs? Die Debatte über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan geht in eine neue, grundsätzlichere Runde. Sie verdrängt vorübergehend den heftigen innenpolitischen Stellungskampf nach dem Bombenangriff von Kundus. Ein Segen. Sämtliche Hintergründe und Verantwortlichkeiten der Affäre, bei der unschuldige Menschen ums Leben gekommen sind, zu klären, ist unabdingbar - aber ein Nebenkriegsschauplatz. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Sozialabgaben Halle (ots) - Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise treffen Deutschland 2010 vermutlich härter als im ablaufenden Jahr. Was Ausgaben betrifft, ist der Spielraum begrenzt. Der Löwenanteil des Bundesetats ist fest verplant. Zur Disposition stehen Sonderregelungen in Form von Subventionen, deren Abschaffung sich regelmäßig auf den "Giftlisten" des Bundesfinanzministeriums findet - etwa die Pendlerpauschale. Bleiben Mehreinnahmen. Die Bundesregierung denkt darüber nach, den Arbeitslosenversicherungsbeitragvon derzeit 2,8 Prozent auf 4,5 Prozent mehr...

  • Kölnische Rundschau: Kommentar zu Berliner Sparforderungen Köln (ots) - Ehrlich werden NORBERT WALLET, Berlin, zur Spardiskussion Lachen möchte man, wenn es nicht so bitter ernst wäre. Zehn Milliarden Euro muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ab 2011 jährlich einsparen, wenn die Vorgaben der EU und die Richtlinien der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse erfüllt werden sollen. Zehn Milliarden ist nicht wenig, könnte man meinen. Offenbar sind sie aber doch so wenig, dass die Bundesregierung noch rasch 8,5 Milliarden Euro für Wahlgeschenke ausgeben konnte. Nun aber müsse wirklich mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht