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Berliner Morgenpost: Obamas kluger Verzicht auf den Raketenschirm - Leitartikel

Geschrieben am 17-09-2009

Berlin (ots) - Amerika ist dabei, sein durch George W. Bush arg
ramponiertes Ansehen wieder aufzupolieren. Das ist, überfällig und
nicht ganz überraschend zugleich, Nachfolger Barack Obama zu
verdanken. Jetzt hat der Präsident die meisten Europäer mit der
Ankündigung erfreut, auf das umstrittene Raketenabwehrsystem mit den
zwei Stützpfeilern in Tschechien und Polen zu verzichten, das Amerika
vor atomaren Überraschungsangriffen des Iran und Nordkoreas schützen
sollte. Eine richtige Entscheidung.
Natürlich hat Obama die zumindest mittelfristige Kehrtwende gegenüber
den Plänen seines Vorgängers weniger zur Imagepflege seines Landes,
sondern vorrangig aus rüstungstechnischen, geostrategischen und
politischen Gründen vollzogen. Ähnlich wie einst die kühnen
Star-Wars-Pläne des Präsidenten Ronald Reagan zur Abwehr sowjetischer
Raketen während des Kalten Kriegs ist auch der Schutzschirm gegen die
potenzielle atomare Bedrohung durch die Atomzwerge Iran und Nordkorea
technisch noch längst nicht ausgereift. Sündhaft teuer und umstritten
auch in Amerika selbst ist er dazu. Fraglich bleibt allerdings, ob
die iranische Rüstung wirklich doch noch so rückständig ist, wie es
der US-Geheimdienst jetzt - anders als noch vor Monaten - behauptet.
Der Verdacht, dass die CIA die Lageberichte den Wünschen des
jeweiligen Präsidenten angepasst hat, liegt nicht ganz fern.
Wie auch immer - Obama hat sich neuen Verhandlungsspielraum
verschafft. Gegenüber dem Iran hat er guten Willen gezeigt, bevor am
1.Oktober bei den UN in New York mit Teherans
Chefunterhändler über das Nuklearprogramm des Ayatollah-Regimes
verhandelt werden soll. Außerdem hat der US-Präsident das wieder arg
verkrampfte Verhältnis zu Moskau wirksam entspannt. Putin und
Medwedjew können nicht länger wider besseres Wissen behaupten, der
Raketenschild sei in Wahrheit nicht gegen die nah- und fernöstlichen
Bösewichte gerichtet, sondern gegen Russland. Das eröffnet gleich
zwei neue Perspektiven: stärkere Unterstützung Moskaus gegen die
atomare Aufrüstung des Iran, von der Russland übrigens stärker
bedroht wäre als etwa die USA, und zweitens neue Hoffnung, dass
Washington und Moskau endlich wieder konkret über gegenseitige
Abrüstung verhandeln. Schließlich hat sich Obama auch innenpolitisch
den Rücken freier gemacht. Er hat genug an der Gesundheitsfront zu
kämpfen. Mit dem Verzicht auf den Raketenschild werden zumindest die
Kritiker seiner immens teuren Rüstungspolitik weniger.
Also nur Gewinner? Nicht ganz. Die Regierungen in Warschau und Prag,
die gegen starken Widerstand in ihren Ländern die Stationierung des
Schildzubehörs auf ihren Territorien durchsetzen wollten, sind von
Obama düpiert worden. Ihr Vertrauen in Amerikas Verlässlichkeit ist
dadurch nicht gerade gestärkt worden. Das könnte sich rächen, wenn
Amerika, wie angekündigt, ab 2015 tatsächlich ein ganz neues
Raketensystem in Polen und Tschechien platzieren will. Dennoch bleibt
es dabei: Barack Obama hat eine kluge Entscheidung getroffen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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