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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Afghanistan

Geschrieben am 06-09-2009

Bielefeld (ots) - In Afghanistan ist Krieg. Im Feldlager Kundus
mit festen, aber nicht verbunkerten Unterkünften für 500
Bundeswehrsoldaten und Zivilisten sind derzeit mehr als 1100 Soldaten
stationiert. In der benachbarten Distrikthauptstadt von der Größe
Paderborns und einer riesigen dünn besiedelten Umgebung versteckten
sich bis vor einem Jahr höchstens 40 Untergrundkämpfer. Inzwischen
ist ihre Zahl um ein Vielfaches gestiegen, auch weil der
Verfolgungsdruck in anderen paschtunischen Siedlungsgebieten extrem
zugenommen hat.
Seit Wochen reißen Schießereien, Selbstmordanschläge und Gefechte in
Hör-, manchmal sogar in Sichtweite des ummauerten und schwer
bewachten Bundeswehrgeländes nicht ab. Das ist die Ausgangslage für
das Geschehen von Donnerstag auf Freitag, bei dem um 21 Uhr zwei
Tanklastzüge gestohlen werden und morgens um 2.30 Uhr - nach
Nato-Schätzungen - 100 Aufständische sowie gut zwei Dutzend
Zivilisten auf einer Sandbank im Kundus-Fluss entweder zerrissen
werden oder verbrennen.
Zwischen Militärs und Militanten leben Menschen, die seit 1980 Krieg
erleben, mal entfernt, mal ganz nah. Auf dem Gelände des heutigen
deutschen Feldlagers waren einst mehr als 10 000 russische Soldaten
stationiert. Die Nordafghanen kennen Tod und Verderben, Risiken und
Lebensgefahr. Dennoch zünden sie ihren Ofen mit kleinen Mengen
Dynamit an, sie lagern scharfe Geschosse in ihren Häusern und sie
zapfen Benzin ab, wenn ein Tankwagen feststeckt. Manche nehmen dabei
sogar ihre Kinder mit.
Vor diesem Hintergrund ist es zur Katastrophe gekommen. Furchtbar,
schrecklich, kaum zu ertragen.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verlangt: kein Angriff, wenn
auch nur ein Zivilist in der Nähe ist. Der deutsche Kommandeur
befürchtete dagegen den großen, lange erwarteten Angriff auf sein
Lager und die ihm schutzbefohlenen Soldaten hinter Kieskisten und
Zeltplanen.
Wer sich hier und auf die Schnelle von Europa aus ein Urteil erlauben
möchte, muss die Fakten zur Kenntnis nehmen und er muss entscheiden,
welchen Angaben er traut. Er muss sich frei machen von dem Glauben,
die Taliban richteten ihr Handeln nach deutschen Wahlkämpfen,
europäischen Geberforderungen oder gar an der vom Koran verlangten
Friedensliebe aus. Wer über den deutschen Oberst, der die Bomber
anforderte, richtet, sollte nicht von vornherein unterstellen,
Isaf-Truppen seien Mordbrenner, die man nur durch Missionare der
Nächstenliebe ersetzen muss, und das Feldlager Kundus würde zur
Universität, wie vor Ort geplant und erhofft.
Zunächst müssen die Details des Geschehens in der Nacht geklärt
werden. Die Grundsatzfrage, warum wir in Afghanistan sind, sollte
solange zurückstehen. Seit 2002 diskutieren Bundestag und
Öffentlichkeit darüber, weshalb 100 000 ausländische Soldaten in
Afghanistan kämpfen und inzwischen 1347 gefallen sind. Diese Frage
bleibt bleischwer erhalten.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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