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Westdeutsche Zeitung: Krankenstand auf historischem Tief: Vorsicht - Milchmädchenrechnung! Von Wolfgang Radau

Geschrieben am 13-07-2009

Düsseldorf (ots) - Statistiken haben ihre Tücken. So zum Beispiel
die Statistik, der zufolge der Krankenstand in deutschen Unternehmen
auf dem niedrigsten Stand seit fast vier Jahrzehnten angelangt ist.
Wer über diesen Halbjahres-Vergleich jubelt, jubelt zu früh. Denn was
in der Statistik fehlt, sind Erkenntnisse über die Fälle, in denen
Arbeitnehmer nur "aus Angst gesund" sind. Menschen, die buchstäblich
die Wirtschaftskrise im Nacken spüren. Die sich in Sorge um ihren
Arbeitsplatz ins Büro, ins Kaufhaus oder an die Werkbank schleppen,
dort ihre Kollegen anstecken, die eigene Gesundheit dauerhaft
schädigen und zu allem Überfluss auch noch Murks produzieren, weil
ihnen die Konzentration fehlt.

Unterm Strich sind ein, zwei Tage unter der warmen Bettdecke
preiswerter für die Volkswirtschaft als eine verschleppte Krankheit.
Was vielen von uns fehlt, ist die Souveränität, diese Erkenntnis auch
umzusetzen. Wir haben ein Recht, krank zu sein und müssen uns nicht,
wie die Japaner, Urlaubstage reservieren, um gegebenenfalls
Krankheiten auskurieren zu können.

Die Sorge um den sicheren Arbeitsplatz ist sicherlich ein
gewichtiger Grund für den gesunkenen Krankenstand. Einfluss auf die
Entwicklung hat aber auch die Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen
in unserer Gesellschaft humaner geworden sind. Schwere körperliche
Arbeit wird durch Maschinen erleichtert, die Gesundheitsvorsorge ist
erheblich erweitert worden, die Medizin macht Fortschritte mit
steigend hohen Drehzahlen.

Allerdings sollten wir nicht ausblenden, dass im Laufe der Jahre
immer öfter häufig oder gar chronisch Kranke aus dem Arbeitsprozess
ausgeschieden sind oder ausscheiden. Ihre Zahl findet sich in der
Aufzählung der verloren gegangenen Arbeitsplätze wieder - Statistiken
sind eben letztlich Mathematik.

Bleibt das wachsende Phänomen der Angst. Angst um das geregelte
Einkommen, Angst vor steigenden Anforderungen im Beruf, Angst vor
Versagen. Für fast alles ist in unserem Gesundheitssystem besser
gesorgt als sonstwo auf der Welt - nur für Krankheiten der Psyche
gibt es noch kein Vorsorge-System. Eine Aufgabe, der sich zukünftige
Gesundheitspolitik stellen muss. Vorsorgen ist besser als Heilen. Wer
hier spart, macht eine Milchmädchenrechnung auf.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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