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Westdeutsche Zeitung: Horst Köhler = von Friedrich Roeingh

Geschrieben am 24-05-2009

Düsseldorf (ots) - Geschichtsvergessenheit ist ein Phänomen, das
in immer kürzeren Abständen zu Tage tritt. Schon einmal - vor genau
fünf Jahren - wurde Horst Köhlers Wahl zum Bundespräsidenten
fälschlicherweise als Fanal für eine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit
gedeutet. Bekommen haben wir bekanntlich die Große Koalition. Wenn
Union und FDP die Wiederwahl Köhlers nun erneut als Zeitzeichen
werten, mag das legitim sein - es ist aber nicht besonders klug.
Natürlich ist die Wiederwahl Köhlers eine willkommene
Selbstvergewisserung für Angela Merkel und Guido Westerwelle. Die
Wahlentscheidungen der Bundesbürger aber koppeln sich bekanntlich
immer stärker von der Eigenwahrnehmung der Parteien ab. Nicht einmal
die Europawahl in zwei Wochen wird schon ernsthafte Hinweise auf den
Wahlausgang am 27. September geben.
So begeistert Union und FDP von Köhlers Wiederwahl sind, so zufrieden
kann die SPD sein. Trotz der Enttäuschung über das frühe Ausscheiden
Gesine Schwans aus dem Rennen - und wegen der peinlichen
protokollarischen Pannen - hat die ungeliebte Kandidatin noch ein
achtbares Ergebnis erhalten. Ihre absehbare Niederlage erspart der
SPD zudem eine Rotfront-Kampagne. Die hätte der Partei bei der
Bundestagswahl strategisch mehr geschadet als ihr eine
Bundespräsidentin Schwan genützt hätte.
Bei allen parteipolitischen Vereinnahmungen hat sich die
Kampfabstimmung um den Bundespräsidenten zum Glück als
Persönlichkeitswahl herausgestellt. Das ist vor allem ein Verdienst
der Grünen, die offenbar mit einer Reihe von Enthaltungen Schwans
kalkulierte Missdeutung der DDR-Geschichte quittiert haben. Und es
ist ein Verdienst der Grünen Abgeordneten Silke Stokar, die den Mut
hat, sich zu ihrer für den ersten Wahlgang wohl entscheidenden Stimme
für Köhler zu bekennen.
Und der Präsident? Er hat mit seiner zweiten Amtszeit die Freiheit
gewonnen, sich noch konsequenter als Bürgerpräsident zu profilieren.
Horst Köhler sollte dabei der Versuchung widerstehen, eine größere
Distanz zur politischen Klasse aufzubauen. Als Präsident der Krise
sollte er den Bürgern ebenso Mut machen wie unpopuläre Wahrheiten
über die Grenzen staatlicher Macht zumuten - die ihnen die Parteien
zur Zeit verweigern.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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