(Registrieren)

WAZ: Ärzte weisen Patienten ab - Instrumentalisierung von Kranken - Leitartikel von Stefan Schulte

Geschrieben am 27-04-2009

Essen (ots) - Der Streit zwischen Ärzten, Kassen und Politikern
ist längst dort angekommen, wo er nie hätte ankommen dürfen: im
Behandlungszimmer. Mediziner erklären ihren Patienten, warum sie
dieses und jenes nicht mehr bezahlt bekommen. Verständnisvoll nicken
die Kranken und stimmen in die Klage über die unfähige Regierung ein.
Schon das ist zu viel der Instrumentalisierung, denn kein Patient
kann die Honorierung auch nur ansatzweise verstehen, vom
Interessengeflecht, das dahinter steckt, ganz zu schweigen. Die
allermeisten Ärzten behandeln ihre Patienten aber wie
selbstverständlich weiter. Wer dagegen Menschen mit Schmerzen vor die
Praxistür setzt oder Vorkasse verlangt, verstößt gegen alle
Prinzipien seines Berufsstandes.

Kranke werden in Mithaftung genommen für einen Streit, mit dem
sie nun wirklich nichts zu tun haben. Es ist ja nicht einmal klar,
wer hier gegen wen kämpft. Die Politik bestimmt, wieviel Geld zur
Verfügung steht. Die Verteilung selbst ist eine Sache zwischen Kassen
und Ärztevereinigungen. Doch diesmal geht der tiefste Riss durch die
Ärzteschaft, durch Fach- und Hausärzte, durch Nord, Süd, Ost und
West. Die Ärzte haben große Teile der Reform selbst gefordert und
mitgestaltet. Die Abrechnung in Euro und Cent etwa, und die regionale
Angleichung der Honorare. Der Doktor in Mecklenburg-Vorpommern sollte
für die gleiche Untersuchung auch das gleiche Geld erhalten wie sein
Kollege in Bayern. Doch davor standen die Lobbyisten, die aus dem
Freistaat zumal. Deshalb ist die Abrechnung in Euro und Cent in
manchen Regionen, allen voran am Nordrhein, bitter.

Weil auch die Leistungen der Arztgruppen neu gewichtet wurden,
waren Neid und Proteste programmiert. Deshalb sieht sich die
Kassenärztliche Bundesvereinigung derzeit unter Dauerbeschuss aus den
eigenen Reihen. Es feuern jene Fachärzte, die am schlechtesten
weggekommen sind, die Orthopäden etwa, die Augen- und die Hautärzte.
Das ist ihr gutes Recht. Nur sollten sie dabei ihre Patienten außen
vor lassen.

Doch gilt auch für den einzelnen Arzt, dass seine Praxis nicht
durch eine misslungene Reform in die Pleite getrieben werden darf.
Die Verwerfungen sind größer als erwartet. Bisher werden sie von den
Kassenärztlichen Vereinigungen aufgefangen. Das geht nicht lange gut,
und die Politik kann nicht ewig unbeteiligt spielen. Erweist sich das
- auch von der Politik gesetzte - Ziel der gleichen Bezahlung für
gleiche Leistung als Utopie, unter der am Ende die Patienten leiden,
muss sie die Reißleine ziehen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

199553

weitere Artikel:
  • LVZ: Ueberschär: Ethik kann keine Auskunftsfähigkeit über Glauben leisten Leipzig (ots) - Leipzig. Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages, reagierte enttäuscht auf die Pro-Reli-Abstimmung. "Es ist bedauerlich, dass das Volksbegehren in dieser Weise gescheitert ist", sagte Ueberschär der Leipziger Volkszeitung (Dienstag-Ausgabe).   "Kinder und Jugendliche müssen auskunftsfähig über ihren Glauben sein." Ein allgemeiner Ethik-Unterricht  könne dies nicht leisten. Positiv sei jedoch, dass Pro Reli eine Debatte über Religion in Berlin angestoßen habe. "Trotz des Abstimmungsergebnisses mehr...

  • WAZ: Linkspartei ruft zu Unruhen auf - Verantwortungslos - Leitartikel von Peter Szymaniak Essen (ots) - Wer zu sozialen Unruhen aufruft, spielt mit dem Feuer. Die brisanten Sätze aus dem Vorstand der Linkspartei zeigen: Statt froh zu sein, dass die meisten Deutschen noch besonnen auf die tiefste Wirtschaftskrise seit dem Krieg reagieren, setzt die Linke auf den Druck von der Straße, auf Massendemos und Ausschreitungen - sprich: auf Chaos. Die Begriffskombination "Soziale Unruhen" bedeutet bei allen wortreichen Umdeutungsversuchen der Linkspartei-Spitze nichts anderes als brennende Reifen, umgekippte Autos, Steine auf Polizisten, mehr...

  • Rheinische Post: Gefahr durch Schweinegrippe Düsseldorf (ots) - von Rainer Kurlemann Gefahr durch Schweinegruppe Das Schweinegrippe-Virus wird seinen Weg rund um den Globus machen, das ist der negative Aspekt der Globalisierung. Es wird auch Deutschland nicht verschonen. Wenn es für uns Menschen einfach geworden ist, schnell um die Welt zu reisen, profitieren auch die Viren von diesem Komfort - quasi als blinde Passagiere. Das gibt aber keinen Anlass zur Panik. Das Schweinegrippe-Virus bedroht uns gleich stark wie andere Grippe-Viren. Auch erste Erfahrungen aus Mexiko belegen mehr...

  • Rheinische Post: Neue Töne aus Iran Düsseldorf (ots) - von Godehard Uhlemann Irans Präsident Mahmud Achmadinedschad gibt sich wenige Tage nach seinen antiisraelischen Hasstiraden auf der Genfer Konferenz gegen Rassismus erstaunlich moderat. Hatte Iran bislang eine Zwei-Staatenlösung im palästinensisch-israelischen Konflikt abgelehnt, so gewinnt er diesem Zukunftsmodell offenbar nun einige Reize ab. Wer aber von zwei Staaten spricht, akzeptiert dann auch zwei Staaten in ihrer territorialen Existenz. Es bedeutet in letzter Konsequenz die Anerkennung Israels. Das liefe mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Klinsmann Halle (ots) - Klinsmanns größtes Problem war, sein Konzept eigentlich nie wirklich fassbar machen zu können. Abseits des Platzes legte er Wert auf scheinbare Nebensächlichkeiten. Das neue Trainingszentrum, die kleinen Buddha-Figuren auf dem Dach - das alles stand unter dem Motto: Wer exzellente Fußball-Profis besser machen will, kann dies nur über den Wohlfühlfaktor erreichen. Das entspricht zwar durchaus einem modernen Ansatz. Nur: Solange sich das ganze Brimborium nicht in guten Leistungen auf dem Platz widerspiegelt, ist es ganz schnell mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht