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Lausitzer Rundschau: Fehler und Affären versanden in Brandenburg / Verlassenes Land

Geschrieben am 24-04-2009

Cottbus (ots) - Verkehrte Welt, kafkaeskes Brandenburg: 100 000
Hausbesitzer sollen jetzt für Abwasseranschlüsse zahlen, obwohl ihre
Grundstücke schon seit Jahrzehnten an die Kanalisation angeschlossen
sind. Sie sollen nachträglich an den Millionen-Kosten der nach 1990
in die Mark geklotzten Großkläranlagen beteiligt werden, was damals
versäumt worden war. Zahlungsbescheide über Tausende Euro -
eineinhalb Jahrzehnte zu spät? Und das alles für längst finanzierte,
vom Land einst mit Millionen und Abermillionen geförderte Anlagen?
Merkwürdig, dass solch abenteuerliche Geschichten immer in
Brandenburg passieren: Da war die Trennungsgeldaffäre, bei der
höchste Richter, Staatsanwälte und Justizbeamte zu Unrecht Tausende
Euro kassierten. Oder der Bodenreform-Skandal, bei dem sich das Land
"sittenwidrig" Zehntausend fremde Grundstücke einverleibte. Da ist
die Unsicherheit von 7500 Lehrern, die das Land rechtlich fragwürdig
zu "Teilzeit-Beamten" ernannte. Und das noch nicht korrigierte,
obwohl alle längst volle Stunden lehren und ein Fiasko vor dem
Bundesverwaltungsgericht unausweichlich ist. Das hat nichts
miteinander zu tun? Das Grundmuster ist gleich. Stets geht es um
Altlasten aus der Stolpe-Ära, die das Land wohl noch ewig einholen
werden. Wenn sie bekannt werden, ist der Umgang klassisch: Als
Ouvertüre gibt es eine kurze Phase der Betroffenheit, des
Aktionismus, der allgemeinen Aufregung, begleitet von vollmundigen
Ankündigungen der Politik - ab einem bestimmten Grad der Empörung ist
eine Regierungserklärung des Minister- und Stimmungspräsidenten
Matthias Platzeck (SPD) garantiert. Man verspricht, das Haus
aufzuräumen, bis ziemlich schnell Ruhe einkehrt, alles im Klein-Klein
und im Sande versickert. Man merke: Schuldige, persönliche
Konsequenzen gibt es im märkischen Kollektivstaat nie. Vielleicht ist
das der Brandenburger Weg, der in der Stolpe-Ära beschworen wurde:
Keiner will's gewesen sein, und weil es keiner war, waren es eben
alle. Zurücktreten kann ja niemand, weil die Kandidaten lange in
Pension sind. Wohin diese Dauer-Affäre, das Prinzip
Verantwortungslosigkeit, führt? Zu einem Verlust an Vertrauen in den
Rechtsstaat, in die Gewalten, ja in Demokratie. Dass man jetzt etwa
die "Altanschließer" zur Kasse bitten kann, basiert auf einem sehr,
sehr spitzfindigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts, wonach
Satzungen, die in Brandenburg selbst nach 19 Jahren nicht gültig
sind, auch nicht verjähren konnten. Juristisch mag das korrekt sein,
vielleicht. Die Logik ist perfide. Kein Finanzamt kann noch
Uralt-Steuern kassieren, nach fünf Jahren sind selbst die meisten
Straftaten verjährt. Aber bei Abwasser-Beiträgen soll das möglich
sein? Wenn der Landtag das nicht verhindert, wenn er sich
opportunistisch hinter vermeintlichem Recht versteckt, nur versucht,
Folgen zu mildern, Härtefälle zu entschärfen, dann geschieht in
Wirklichkeit eins: Politik gibt ihren Gestaltungs- und
Führungsanspruch auf. Dann ist Brandenburg ein Land, in dem man sich
auf nichts mehr verlassen kann.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_47069.rss2

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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