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Berliner Morgenpost: Das peinliche Ende einer Phantom-Jagd - Kommentar

Geschrieben am 26-03-2009

Berlin (ots) - Ein Phantom ging um in Deutschland; es schreckte
und faszinierte. Alles begann mit dem kaltblütigen Kopfschuss auf
eine junge Polizistin in Heilbronn. Spuren wurden gesammelt, darunter
auch die Gene einer Frau - offenkundig der Täterin. Jetzt stellt sich
heraus, dass wohl verunreinigte Wattestäbchen die kriminalistische
Suche über lange Jahre in die Ergebnislosigkeit führten. Seitdem
bemühen sich Innenminister und Polizeipräsidenten zu versichern, dass
diese Erfahrung weder die Gentechnologie und die darauf aufbauende
DNS-Analyse - die Buchstabenfolge steht für Desoxyribonukleinsäure -
als Beweismittel in Frage stellt, noch dürfen überführte Täter darauf
hoffen, in einem neu aufgerollten Verfahren doch noch weißgewaschen
zu werden. Denn die DNS-Analyse steht als Beweismittel selten allein.
Die Lehren aus der Selbsttäuschung können nicht dahin gehen, die
Biotechnologie, auf der die DNS- Analyse basiert, in Frage zu
stellen. Natürlich gilt es für die polizeilichen Fahnder,
Konsequenzen aus dem Phantom-Fall, der keiner war, zu ziehen. Sie
müssen noch sorgfältiger als ohnehin arbeiten. Andere aber gehen an
uns alle, die wir Teil einer technik-gläubigen und technik-abhängigen
Zivilisation sind.
Der Untat von Heilbronn waren immer wieder andere Verbrechen gefolgt.
Wieder und wieder bewiesen die DNS-Spuren angeblich, dass die
grausige Rächerin zugeschlagen hatte; insgesamt an die vierzigmal.
Was jedoch auffallend fehlte, war die logische und psychologische
Verknüpfung der Untaten. Es gab kein erkennbares Handlungsmuster. Und
selbst die minderen Begleitumstände wiesen in verschiedene
Richtungen. Außer den Ergebnissen der DNS-Prüfung wollte nichts
zusammenpassen. Hohe kriminelle Energie wurde daher der
vermeintlichen Täterin bescheinigt, wenn nicht gar die Fähigkeit,
sich unsichtbar zu machen. Scheinbar wahllos, einmal in Österreich,
ein anderes Mal an der Saar und im Rheinland, quer durch die Republik
schien das Phantom sein böses Werk zu verrichten. Und immer wieder
schienen die DNS-Analysen, die selbst geringste Spuren - ob Blut,
Schweiß, Haut oder Haar - einer einzigen Person zuordnen können
(einzige Ausnahme bei eineiigen Zwillingen wie jüngst beim Einbruch
ins Berliner KaDeWe), zu bestätigen, dass dieselbe Täterin am Werk
war. Während das Phantom gesucht wurde, lachten sich die wirklichen
Täter ins Fäustchen. Bei allen positiven technischen Neuerungen -
Allheilmittel sind sie alle nicht. Blindes Vertrauen schließt
Fehlschlüsse ein. Aus ihnen ist immer wieder neu zu lernen.
Die Glaubwürdigkeit der Polizei und die Verlässlichkeit der Gerichte
sind ein kostbares Gut. Groß ist denn auch die Zahl der Verbrechen,
die dank DNS unstrittig aufgeklärt werden. DNS kann umgekehrt aber
auch unschuldig Verurteilte rehabilitieren. In den USA hat das
bereits eine neue Diskussion um die Todesstrafe ausgelöst.
Technologie fasziniert und verführt. Das Phantom mahnt, dass der
menschliche Geist Herr des Verfahrens bleiben muss.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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