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Westdeutsche Zeitung: Tabus helfen bei der Aufarbeitung der Finanzkrise nicht - Eine ganz pragmatische Enteignung = Von Friedrich Roeingh

Geschrieben am 20-03-2009

Düsseldorf (ots) - Ja, die Enteignung einer Bank ist ein
Tabubruch. Wer mit der Zwangsverstaatlichung der Hypo Real Estate den
Untergang der Marktwirtschaft heraufziehen sieht, ignoriert
allerdings den noch größeren Tabubruch, der diesem Gesetz
vorausgegangen ist: Eine einzige Immobilienbank musste mit 100
Milliarden Euro an Garantien und Kredithilfen vor dem Untergang
bewahrt werden, damit sie nicht das international vernetzte
Finanzsystem mit in die Tiefe reißt.

Der allergrößte Teil dieser unvorstellbaren Summe wurde
notgedrungen vom Staat bereit gestellt. Die HRE sollte also längst
den Steuerzahlern gehören. Mit der erzwungenen Übernahme der Anteile
des US-Finanzinvestors Flowers bringt der Staat nur das in seine
Hand, was ihm bereits zusteht. Und so verhindert er schlicht, dass
Flowers aus der staatlichen Rettungsaktion noch Profit schlägt.

Es scheint eine typisch deutsche Eigenschaft zu sein, dass wir
auch dann noch ideologische Debatten führen, wenn allein nüchterner
Pragmatismus gefragt ist. Amerikaner und Briten - die ehemaligen
Lehrmeister des angelsächsischen Kapitalismus - haben ihre
Problembanken ohne jede Skrupel verstaatlicht. Und wenn nun das
amerikanische Repräsentantenhaus eine Sondersteuer von bis zu 90
Prozent erfindet, um sich die Boni zurückzuholen, die die Manager des
Himmelfahrts-Versicherers AIG kassiert haben, kann man nur noch
staunen.

Der Weckruf der liberalen Ordnungshüter in Deutschland geht auch
insofern ins Leere, als sich der Staat die HRE nicht einverleibt, um
den privaten Banken Konkurrenz zu machen. Es geht in Wahrheit um die
langfristige Abwicklung einer Bank, die alle kaufmännischen
Grundregeln über Bord geworfen hatte. Große Teile der HRE haben keine
Daseinsberechtigung mehr. Skandalös ist an der Bankenpolitik der
Bundesregierung allein eines: dass sie die Schadensfälle bei den
Privatbanken abwickelt und ausgerechnet das Trümmerfeld der
Landesbanken sich selbst überlässt. Die ursprünglich vereinbarte
Arbeitsteilung zwischen Bund und Ländern funktioniert nicht. Auch
diese Risikoinstitute haben ihre Funktion weitgehend verloren und
müssen zurückgeschnitten werden. Ein Prozess, den nur die Kanzlerin
moderieren kann.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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