(Registrieren)

Neue Westfälische: KOMMENTAR Blutbad an Schule Passt auf euch auf CARSTEN HEIL

Geschrieben am 11-03-2009

Bielefeld (ots) - Fast jeden Morgen verabschiede ich meine
elfjährige Tochter mit den Worten: "Pass auf dich auf, das ist
wichtiger, als dass du in der Schule aufpasst." Natürlich sind mit
dieser väterlichen Ermahnung eher die alltäglichen Gefahren
beispielsweise im Straßenverkehr gemeint. Niemand rechnet ernsthaft
mit einem solch schrecklichen Ereignis, wie es sich gestern in
Winnenden zugetragen hat. Ernst meine ich diesen Satz dennoch immer,
wohlwissend, dass ich meine Tochter nicht vor allen Gefahren schützen
kann.
Welcher Vater lässt sein, welche Mutter lässt ihr Kind ganz ohne
Sorge morgens aus dem Haus? Und dennoch muss man sein Kind gehen
lassen und darf es die elterliche Sorge nicht zu sehr spüren lassen.
Nur dann kann es sich frei und selbstbewusst entwickeln, kann es
seinen eigenen Weg ins Leben finden. Aus demselben Grund sind extrem
erhöhte Sicherungs- und Kontrolleinrichtungen in den Schulen, wie sie
jetzt von einigen gefordert werden, nicht zielführend.
Wollen wir wirklich, dass unsere Kinder beim Betreten ihrer Schule
auf Waffen durchsucht werden? Jedem Kind schlägt dann jeden Morgen
unausgesprochenes Misstrauen entgegen. Wollen wir wirklich, dass
Kameras jede Bewegung der Kinder auf dem Schulgelände verfolgen? Dann
fühlen sie sich auf Schritt und Tritt beobachtet. Wollen wir
wirklich, dass Klassenräume während des Unterrichts zugesperrt
werden? Das schafft eine Atmosphäre der Unfreiheit und ein
Bewusstsein ständiger Gefahr.
Wollen wir den wenigen Verrückten so viel Einfluss auf die
Entwicklung unserer Kinder zubilligen? Außerdem bieten auch noch so
viele Sicherungsmechanismen keinen absoluten Schutz. Das ist eine
bittere Erkenntnis für einen Ort der Hoffnung, der die Schule
eigentlich sein sollte.
Ich gebe zu, dass ich wahrscheinlich anders darüber denken würde,
wenn meiner Tochter in der Schule schon einmal etwas zugestoßen wäre.
Die Angehörigen und Freunde der Opfer von Winnenden, denen mein
ganzes Mitgefühl gilt, wären sicher froh, wenn ihr Kind zum Beispiel
in einem abgesperrten Klassenzimmer unterrichtet worden wäre, so dass
der Mörder keinen Zugang gehabt hätte. Betroffenheit ist aber nicht
der richtige Ratgeber.
Bevor das Leben und die Freiheit unserer Kinder eingeschränkt wird,
muss die Frage erlaubt sein, warum so viele Waffen in Deutschland im
Umlauf sind. Grobe Schätzungen der Polizei gehen von zehn Millionen
registrierten und weiteren zehn Millionen illegalen Waffen aus. Im
Hause der Eltern des Täters gab es 15 (!) Schusswaffen. Eine war
nicht sicher genug verwahrt. Trotz eines verschärften Waffenrechts
ist der Zugang zu den potenziellen Mordinstrumenten immer noch zu
leicht.
Solche Einschränkungen geben jedoch genauso wenig eine Garantie, dass
es keine Amokläufe mehr geben wird, wie mehr Psychologen und
Sozialexperten an den Schulen, die derzeit ebenfalls gefordert
werden. Die Tat steht den Tätern nicht auf der Stirn geschrieben. Es
bleibt uns Eltern, die Kinder zu informieren; den Schulen, diese
Situationen zu üben; den Lehrern, wachsam zu sein und gemeinsam den
Kindern zu sagen: "Passt auf euch auf."

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
Jörg Rinne
Telefon: 0521 555 276
joerg.rinne@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

191323

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Amoklauf in Winnenden (KORRIGIERTE FASSUNG): Bielefeld (ots) - Der Albtraum ist wieder da. Neben Erfurt und Emsdetten steht nun Winnenden auf der Landkarte des Entsetzlichen, des Unbegreiflichen. 15 Menschen hat der 17-Jährige getötet, weitere schwer verletzt. Doch nicht nur jene, die körperlich getroffen wurden, sind Opfer. Wer mag ermessen, wie tief die seelischen Wunden sind, die der Täter bei den Überlebenden geschlagen hat? Das Leid ist unermesslich. Wir werden Tim K. nicht mehr fragen können, was ihn getrieben hat. Auch sein Leben ist ausgelöscht - ebenso wie das der mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: zum Amoklauf von Winnenden Stuttgart (ots) - Der 17-Jährige liebte Waffen, und das Werkzeug für das Massaker lag für ihn in Reichweite - im elterlichen Haus. Die Einstellung zu Waffen, der Zugang dazu, überhaupt die Aufmerksamkeit von Eltern gegenüber dem Thema Gewalt - dem müssen wir uns dringend stellen. Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39937.rss2 Pressekontakt: Stuttgarter Nachrichten Chef vom Dienst Joachim Volk Telefon: 0711 / 7205 - mehr...

  • Der neue Tag: Kommentarauszug zum Amoklauf in Baden-Württemberg Weiden (ots) - "(...) Massaker, skrupellose Überfälle hat es schon immer gegeben. Die seit Jahren andauernde Serie von Amokläufen an Schulen erreicht aber eine neue Qualität. Offenbar geht es den Tätern um mediale Selbstdarstellung, um die Wirkung ihrer Aktionen in der Öffentlichkeit. Die Aussicht, wenigstens einmal im vielleicht als verpfuscht empfundenen Leben von Australien bis Grönland wahrgenommen zu werden, war auch dem 17-jährigen Tim K. sicher. Das Internet quoll geradezu über vor angeblichen Augenzeugenberichten. Nachrichtensender mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Merkel und das Profil der Union / Zu selten klare Kante Cottbus (ots) - So einfach ist es nicht: Ein großes Interview in der Haus-und-Hof-Boulevardzeitung wird nicht ausreichen, um zurück in die Offensive zu kommen und um die vielen Kritiker zu besänftigen. Angela Merkels (CDU) Botschaft lautet: Zu mir und meinem Kurs gibt es keine Alternative. Sie fordert Königinnentreue ein. Das ist legitim, gerade sechs Monate vor der Bundestagswahl. Doch welchen Kurs meint die Kanzlerin überhaupt? Alles wird nach der Krise wie früher und noch besser, sagt sie. Schöne, neue Welt. Eine politische Richtung, mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Kabinett beschließt schärfere Regeln für Managergehälter / Vom Wert eines Menschen Cottbus (ots) - Fünf Jahre ist es her, dass sich mit Josef Ackermann das Wort "Manager-Gehalt" ins öffentliche Bewusstsein fräste. Der Chef der Deutschen Bank stand mit fünf weiteren Angeklagten vor Gericht: Es ging um einen Schaden von 58 Millionen Euro. Zunächst wurde Ackermann freigesprochen, dann musste er 3,2 Millionen Euro Strafe zahlen. Eine Summe, bei der Normalarbeitern schlecht würde vor Angst - Ackermann verdient jährlich drei- bis viermal so viel. Trotz dieses vergleichsweise milden Urteils empörte sich damals ein Banker mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht