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WAZ: Konflikt um Ärzte-Honorare - Eine kranke Reform - Leitartikel von Petra Koruhn

Geschrieben am 10-03-2009

Essen (ots) - Eigentlich hätte das der Durchbruch sein sollen:
Hurra, die Honorarreform! Endlich Schluss mit dem viel beschimpften
Punktesystem, nach dem die niedergelassenen Ärzte noch bis Ende 2008
abzurechnen hatten. Doch noch ist das erste Quartal nicht herum,
schon haben unsere Doktoren die Diagnose ausgerufen: vom Regen in die
Traufe. Schlimmer noch: eine Art Todesurteil für viele
Facharztpraxen. 40 Prozent Gehaltseinbußen - wenn das keine bittere
Pille ist.

Ärzte, die sich über schlechte Bezahlung beschweren, das kommt
nicht wirklich gut an. Und es stimmt auch: Da war lange Zeit viel
Hypochondrie im Spiel, da wurde auf hohem Niveau gejammert. Doch klar
ist: Dass der Arzt 30 Euro erhält, um einen Patienten zu betreuen,
ist aberwitzig. 30 Euro in drei Monaten - wer zum Frisör geht, lässt
in einer Stunde mehr Geld.

Natürlich geht es ums Geld. Geld für die Gesundheit, von dem bei
einer immer älter werdenden Gesellschaft immer mehr gebraucht wird.
Doch, auch das sei erwähnt: Die gesetzlichen Krankenkassen haben 2008
Überschüsse in dreistelliger Millionenhöhe erzielt. Den Schulden in
Höhe von 8,3 Milliarden Euro Ende 2003 stand Ende 2008 ein Vermögen
von mehr als vier Milliarden Euro gegenüber. So gejubelt wurde
zuletzt Anfang der 90er Jahre.

Drei Milliarden Euro mehr haben die Kassen an die Ärzteschaft
ausgeschüttet. Ein dicker Batzen. Doch wo ist das Geld hin, fragen
sich die Niedergelassenen. Ein großer Teil ist in die neuen Länder
geflossen. Diese zu stützen, damit a) das Gehalt angeglichen wird, b)
damit dort nicht noch mehr Praxen schließen, war das erklärte Ziel.
Doch dass ein Hautarzt in Mecklenburg-Vorpommern 23 Euro pro Kopf,
sein Kollege in Witten aber 18,30 Euro erhält, daran haben die Ärzte
zu schlucken.

Die Ärzte im Osten zeigen jedoch, dass es auch Gewinner der
Reform gibt. Vordergründig gewinnen sogar die Patienten. Für
spezielle Erkrankungen fließen zusätzliche Gelder in die Praxen
(Chroniker-Programme). Doch Vorsicht: Ärzte werden dafür bezahlt,
dass ihre Patienten krank bleiben. Wer heilt, bekommt das Geld
gestrichen - wenn das nicht krank ist.

Das Schlimmste aber ist, dass der Patient zutiefst verunsichert
wird. Ist das, was der Doktor mir rät, wirklich nötig (oder will er
mir nur etwas aufschwatzen)? Ein Arzt, der zugleich Verkäufer ist,
wird als Mediziner unglaubwürdig. Das kann nicht gewollt sein.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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