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Berliner Morgenpost: Nur eine noble Geste der Versöhnung kann helfen

Geschrieben am 24-02-2009

Berlin (ots) - Eine gute Absicht droht in ihr Gegenteil verkehrt
zu werden. Mit dem Dokumentationszentrum über Flucht und Vertreibung
soll "im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen"
gesetzt werden, "um an das Unrecht von Vertreibung zu erinnern und
Vertreibung für immer zu ächten". So hat es die Bundesregierung im
März 2008 beschlossen. Nach einem Jahr hat sich der erhoffte Geist
der Versöhnung verflüchtigt. Er ist dem vor allem von polnischer
Seite verbittert geführten Streit gewichen, ob die Präsidentin des
Bundes der Vertriebenen (BdV) und CDU- Bundestagsabgeordnete Erika
Steinbach Mitglied im Stiftungsbeirat der Gedenkstätte werden dürfe.
Die Regierung in Warschau und viele polnische Intellektuelle lehnen
das strikt ab. Begründung: Steinbach verkörpere das revanchistische
Deutschland, außerdem sei sie gar keine wirklich Vertriebene, weil
ihre Vater erst als Besatzungssoldat ins heutige Polen gekommen, die
Familie Steinbach also vor der Roten Armee geflohen sei. Mit der
Präsidentin des BdV sei Versöhnung nicht möglich, behauptet der um
die Verständigung zwischen beiden Ländern auch hierzulande so
respektierte Beauftragte Polens für die Konsultationen mit
Deutschland, Wladyslaw Bartoszewski. Er verstieg sich gar zu dem
Vergleich, Frau Steinbach in den Stiftungsrat zu schicken, sei, als
wenn der Vatikan den Holocaust- Leugner Bischof Williamson zum
Israel- Beauftragten ernennen würde. Der Herr Professor, während des
kommunistischen Regimes in seinem Lande Gastprofessor im freien Teil
Deutschlands, hat sich verrannt. Er müsste über die
Vertriebenenverbände eigentlich besser informiert sein. Auch darüber,
dass Frau Steinbach immer wieder Signale der Versöhnung ausgesendet
und die Entschädigungsforderungen der Vertriebenenorganisation
"Preußische Treuhand" strikt abgelehnt hat.
Als sei das Klima nicht schon vergiftet genug, streitet nun auch noch
die große Koalition parteipolitisch über die CDU- Frau. Dabei ist
längst klar, dass sie kaum eine Chance hat, am Kabinettstisch die
erforderliche Einstimmigkeit für ihre Berufung zu bekommen. Die SPD
hat Frau Steinbach wie eigentlich auch das Dokumentationszentrum
schon immer abgelehnt, und Frau Merkels erhoffter künftiger Partner
in Person von Guido Westerwelle hat Frau Steinbach just den
freiwilligen Rückzug zum Wohle der Beziehungen zwischen beiden
Ländern nahegelegt. Angesichts dieser aussichtslosen Lage, für die
Frau Steinbach die geringste Verantwortung trägt, macht es wenig
Sinn, weiteres politisches Porzellan zu zerschlagen. In einer noblen
Geste, als wahren Versöhnungsbeitrag, sollte Frau Steinbach nach
Abstimmung mit ihrem Präsidium verzichten.
Der Fall Steinbach zeigt, die fragil das deutsch- polnische
Verhältnis noch immer ist. Das verwundert angesichts dessen, welchen
Beitrag Polen dank der Solidarnosz auch für das Ende der DDR-Diktatur
geleistet, welche Unterstützung das Land andererseits durch
Deutschland bei der Aufnahme in EU und Nato erfahren hat. Richtig ist
aber auch, dass Versöhnung und Freundschaft zwischen den Menschen in
beiden Ländern viel weiter gediehen sind, als es die Politiker in
Warschau wahrhaben wollen.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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