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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Papst

Geschrieben am 04-02-2009

Leipzig (ots) - Er wolle ein einfacher Arbeiter im Weinberg des
Herrn sein. Es klang wie ein versöhnliches Versprechen, als der neue
Papst 2005 zu den Gläubigen auf dem Petersplatz sprach. Im Rückblick
klingt es mehr nach einem verhängnisvollen Versprecher. Im Weinberg
herrscht eisiger Dauerfrost und der einfache Arbeiter wird mehr denn
je als einsamer Autokrat wahrgenommen.
Das ist verständlich und ungerecht zugleich. Es bleibt ein
unglaubliches Desaster, dass die überforderte Kurie den Eindruck
entstehen ließ, der Papst rehabilitiere einen Holocaust-Leugner. Dies
ist eben nicht der Fall, als Benedikt den entlaufenen Pius-Brüdern
mit seiner Geste eine Brücke zurück nach Rom bauen wollte. Der
deutsche Pontifex steht über jeden Antisemitismus-Verdacht. Doch als
der Williamson-Eklat perfekt war, wollte der zuständige Kardinal
Hoyos glaubhaft machen, die Auschwitz-Ausfälle des Briten seien wie
die unbefleckte Empfängnis über Rom gekommen. Atemberaubend schnell,
nach zwei Wochen öffentlichen Bebens, verlangt der Vatikan nun von
Williamson den Widerruf und sucht den Befreiungsschlag. Das ist kein
Krisenmanagement, das Management ist Teil der Krise.
Benedikt XVI. also nur ein Kommunikationsopfer? So einfach liegt der
Fall leider auch nicht. Es war von Anfang an ein Missverständnis, den
gelehrten Oberbayern am charismatischen Öffentlichkeitsarbeiter
Johannes Paul II. zu messen. Zudem überdeckte der Eilige Vater aus
Polen mit seinen vielen Reisen und Aufbruchsgesten, dass mancher
Denker und Lenker im Kirchenstaat in früheren Jahrhunderten stecken
geblieben ist. Dazu hat auch Johannes Pauls früherer Glaubenswächter
Joseph Ratzinger beigetragen, der sich vom theologischen
Elfenbeinturm aus gegen Beliebigkeit und Zeitgeist stemmte. Das kann
man als Klarheit und Standfestigkeit loben. Aber wer für gar nichts
mehr offen ist, der macht auch dicht für die Menschen und ihre
Entwicklungen. So entstehen Störungen zwischen Sender und Empfängern,
zwischen Stuhl Petri und Kirchenbänken. Wer kennt noch die letzte
päpstliche Enzyklika? An die Affäre Williamson wird sich jeder noch
in einem Jahr erinnern.
Zurück bleibt Ohnmacht. Christen, die dem "Papa Ratzi" zujubelten,
verzweifeln am Papa Ratlos. Dass er gestern bei der Generalaudienz
kein offenes Wort der Erklärung fand, war nach der höchst
ungewöhnlichen und undiplomatischen Merkel-Schelte zu erwarten.
Einfacher hat auch die Kanzlerin die Sache nicht gemacht.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben, heißt es im
Johannes-Evangelium. Es braucht aber auch einen Arbeiter, der Glauben
und Gläubige mit Augenmaß hegt und pflegt.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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