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Rheinische Post: Die Un-Ordnung der Wirtschaft Kommentar Von Martin Kessler

Geschrieben am 13-01-2009

Düsseldorf (ots) - Die Deutschen verdanken ihren fabelhaften
Aufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg der mutigen Grundentscheidung für
die Marktwirtschaft. Sie war eine der wenigen Beispiele in der
Weltgeschichte, dass ein Land sich eine Wirtschaftsordnung in einem
politischen Willensakt gab. Durch alle Krisen und
Jahrhundertereignisse hindurch Zusammenbruch des Währungssystems von
Bretton Woods, Ölpreisschock, Fall der Mauer hielt die
Bundesrepublik trotz vieler Sündenfälle an diesem System eisern fest.
Auch SPD und Grüne machten ihren Frieden mit der freiheitlichen
Ordnung der Wirtschaft. In der jetzigen Finanz- und Konjunkturkrise
scheint der Bundesregierung dieser Kompass abhanden zu kommen. Das
ist kein willkürlicher Akt, keine Entscheidung für eine andere
Wirtschaftsordnung. Die Verantwortlichen in Berlin schlittern
gleichsam in die Orientierungslosigkeit und reagieren nur noch auf
ständig neue Horrormeldungen aus der Wirtschaft. Der mutigen und
beherzten Art, eine Garantie für Spar-, Termin- und Giroeinlagen
auszusprechen, folgte der notwendige Rettungsschirm für die Banken.
Dann brach die Phase ab, in der die Wirtschaftspolitik ihre
Entscheidungen im marktwirtschaftlichen Kontext fällte. Es ging nur
noch darum, Katastrophen zu vermeiden, Löcher zu stopfen und
untergehende Firmen zu retten. Die Regierung erwies sich dabei mehr
als Erfüllungsgehilfe von Unternehmensforderungen denn als Hüter
marktwirtschaftlicher Regeln. Und sie musste nach dem klassischen
Muster jeder Intervention dem ersten falschen Schritt weitere
falsche folgen lassen. Weil der im Grundsatz richtige
Rettungsschirm nicht funktioniert. beteiligt sich der Bund an
Deutschlands zweitgrößtem Kreditinstitut, der Commerzbank, und
finanziert deren Fusion mit der angeschlagenen Dresdner Bank. Der
Staat als besserer Banker? Die CDU als Erfinderin der sozialen
Marktwirtschaft nimmt einen Deutschlandfonds in ihr Programm auf, der
auch staatliche Beteiligung an Industrieunternehmen nicht
ausschließt. Das ist der dritte Schritt. Der vierte folgt, wenn der
Bund die Trennung von Opel vom US-Mutterkonzern General Motors
finanziert. Die Berliner Fachministerien für Finanzen, Wirtschaft und
Arbeit sind längst zu heimlichen Steuerzentralen der Ökonomie
geworden. Dort verhandeln die Finanz- und Personalchefs der großen
Konzerne mit den Fachleuten der Ressorts. Wenn es hakt, rufen die
Konzernlenker im Kanzleramt an. Aber es wäre falsch, daraus eine
Staatswirtschaft zu konstruieren. Es ist noch fataler: Die
Arbeitsteilung ist nicht mehr klar. Es ist ein Kuddelmuddel. Die
Krise ist nicht von der Regierung verursacht. Wenn die aber nicht zum
marktwirtschaftlichen Kurs zurückfindet, wird die Krise sie
fortreißen.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
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Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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