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Lausitzer Rundschau: Auseinandersetzung um das Gedenken an den 9. November 1938 Ein notwendiger Streit

Geschrieben am 24-10-2008

Cottbus (ots) - Es ist auf den ersten Blick beschämend, dass sich
die Fraktionen des Bundestags jetzt nicht einigen können auf einen
gemeinsamen Text, der mit dem 70. Jahrestag des 9. November 1938
angemessen umgeht. Es ist andererseits aber durchaus nachvollziehbar,
dass eine ehrliche Auseinandersetzung mit diesem Kapitel deutscher
Geschichte nicht all die Differenzen ausklammern kann, die es
zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern nach wie vor gibt.
Insofern ist dieser Streit darüber allemal besser als eine plakative
Gemeinsamkeit, die die wirklichen Kontroversen unter den Teppich
kehrt. Der 9. November 1938, der wohl beschämendste Tag der jüngeren
deutschen Geschichte überhaupt, taugt nicht für einen Rückblick, bei
dem alle Kontroversen vergessen werden.
Es war der Tag der Wahrheit im Nazi-Deutschland, an dem der Vorhang
aufging und für jeden, der hinsehen wollte, offenkundig wurde, dass
die herrschende Verbrecherbande vor nichts zurückschreckt. Die kleine
Minderheit im Volke, die des jüdischen Glaubens wegen - übrigens
nicht immer des eigenen, sondern oft dessen der Vorfahren - zu
Rechtlosen erklärt worden war, wurde zum Ziel mörderischer
Ausschreitungen, die erkennen ließen, dass ihr der große Völkermord
folgen würde.
Weil dies so überaus sichtbar war, ist es ein Tag der Schande für
die, die damals nicht ihre Stimme erhoben, und ein Tag der Scham für
ihre Nachfahren. Auch wenn es keine deutsche Kollektivschuld gibt, so
entschied sich an diesem Tag doch die große Mehrheit für das
Wegsehen. Damit aber umzugehen, war in West- wie in Ostdeutschland
ein jahrzehntelanges Problem. Denn wer redet schon ehrlich und offen
über solch eine Schande. Die deutsche Linke, die DDR, die deutsche
Rechte, die Bundesrepublik - alle hatten und haben damit bis heute
ihre Probleme.
Und es gibt tatsächlich auch daraus resultierend so etwas wie einen
linken Antisemitismus, der sich als Israel-Kritik tarnt. Es gab die
Exzesse des Judenhassers Stalin, die auch in der DDR ihren Widerhall
fanden. Es gibt aber auch eine Nachkriegsgeschichte, in der die
Gehilfen der Mörder und manchmal auch die Mörder selbst unter der CDU
in wichtigste Ämter aufstiegen. Über diese Fehler lohnt es sich
durchaus zu streiten. Allerdings wird es dabei keine Sieger geben -
nur die Trauer um all die unbegreifliche, unterschwellige Fortdauer
des Hasses, den die Nazis gesät hatten. Und die Hoffnung, dass die
nachkommenden Generationen der Deutschen sich endlich befreien davon
- in ihrem Verhältnis zu den Juden hier und anderswo und in ihrem
Verhältnis zu Israel.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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