(Registrieren)

Südwest Presse: Wahl in Bayern

Geschrieben am 29-09-2008

Ulm (ots) - Als die Bundeskanzlerin gestern vor die Presse trat,
da konnte man der ernsten Miene durchaus entnehmen, dass sie sich
große Sorgen macht. Das Wahldesaster der Schwesterpartei in Bayern
war bundesweit die zehnte Landtagswahl in Folge mit Verlusten für die
Union. Hessen könnte noch dieses Jahr an Rot-Rot-Grün verloren gehen.
In Thüringen und im Saarland sind Schlappen im nächsten Jahr nicht
auszuschließen. Gut möglich also, dass nur ein Jahr vor der
Bundestagswahl die wirklich schwierigen Zeiten für Angela Merkel erst
noch kommen. Gut möglich auch, dass es ausgerechnet die angeschlagene
CSU sein könnte, die es ihrer großen Schwester besonders schwer
macht.
Wenn die CSU nach der historischen Demütigung vom Sonntag nicht noch
weiter sinken will, dann muss sie sich wohl radikal erneuern. Für das
Führungsduo Erwin Huber und Günther Beckstein sind die Tage gezählt.
Für den einen früher, für den anderen später. Zwar mag das ungerecht
erscheinen. Denn Bayern blüht wie kaum ein anderes Bundesland. Bei
Wachstum, Arbeitsmarkt und Zukunftsfähigkeit erzielt der Freistaat
die mit Abstand besten Werte. Auch stimmt es, dass die beiden zum
Teil nur auszubaden haben, was Vorgänger Edmund Stoiber hinterließ.
Vom Transrapid, über das Chaos beim achtjährigen Gymnasium, die
Risikokredite der Landesbank bis hin zum radikalen Sparkurs reicht
die Palette. Doch Huber und Beckstein haben alles mitgetragen. Sie
haben das Raucherchaos draufgesattelt und nach Stoibers Flucht aus
dem Superministerium in Berlin das Ansehen Bayerns im Bund nicht
gerade erhöht.
Horst Seehofer, auf den sich jetzt die Augen richten, ist von einem
anderen Kaliber. Gerade weil die CSU ihren Nimbus als Unbesiegbare so
dramatisch verloren hat, wird eine neue Führung alles daransetzen,
die Schmach zu tilgen. Was immer es koste. Die CDU darf dabei nicht
auf große Rücksichtnahme hoffen.
Angela Merkel trifft das im Wahljahr 2009 an genau der falschen
Stelle. Einerseits braucht sie zum Überleben eine starke Schwester
CSU. Ohne die guten Zahlen aus Bayern hätte es schon 2005 eine
Kanzlerin Merkel nicht gegeben. Etwa ein Fünftel der Unionsstimmen
kam aus dem Freistaat. Merkel muss also alles tun, um nach dem
Erdrutsch vom Sonntag eine weitere Schwächung der CSU 2009 zu
vermeiden. Andererseits führt zu viel Nachgeben geradewegs in eine
Zerreißprobe mit dem Koalitionspartner SPD.
Und die ist programmiert. Denn während die SPD gerade unter der neuen
Führung aufpassen muss, nicht selbst zerrissen zu werden, weil die
Linke an ihrer linken Seite zerrt, wird die CSU von der Gegenseite
angreifen. Die Christsozialen hatten zuletzt in den Kerngruppen des
Bürgertums am meisten Sympathie verloren: bei den freien Berufen, im
Mittelstand, bei den 45- bis 59Jährigen in der erwerbstätigen Mitte
des Lebens. Hier wird die CSU zur Offensive blasen.
Ob Merkel den Balanceakt schafft? Die Kanzlerin hatte zuletzt bei der
Pendlerpauschale ihre bayerischen Freunde im Regen stehen lassen. Das
haben die ihr übel genommen. Denn Bayernland ist Flächenland mit
Millionen berufstätigen Pendlern. Jetzt ist mit der
Erbschaftsteuerreform die Lunte an das nächste Pulverfass gelegt. In
der CSU gärt es seit langem, man habe vor allem deshalb an Einfluss
in Mittelstand und Wirtschaft verloren, weil Beckstein und Huber
einer konturlosen Wirtschaftspolitik der Kanzlerin zu wenig
entgegengesetzt hätten. Da könnte sich die Erbschaftsteuer zum ersten
Symbolthema eignen, bei dem die CSU die CDU zu Nachbesserungen
drängt. Die Erbschaftsteuer als ideologisch vermintes
Wahlkampfgelände? Das dürfte ziemlich spannend werden.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

161400

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: KfW: Dritte Entlassung / Auch Bereichsleiter Risikocontrolling muss gehen Düsseldorf (ots) - Nach der Überweisungspanne der KfW im Fall Lehman Brothers muss nun auch der Bereichsleiter Risikomangement und -controlling, Rainer Hartje, die bundeseigene Förderbank verlassen. Das bestätigte ein Sprecher der KfW-Bankengruppe der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Hartjes Arbeitsvertrag werde mit Wirkung zum 30. September aufgelöst. Mit Hartje, der bereits suspendiert ist, sei eine Vorruhestandsregelung vereinbart worden. Zur Begründung hieß es aus KfW-nahen Kreisen, Hartje habe sich zum Zeitpunkt der Überweisung mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Hypo Real Estate Halle (ots) - Das Epizentrum des Bebens liegt mit der Tochter ^Depfa nicht in Frankfurt, sondern in Dublin. Doch unfassbar ist gleichwohl, mit welcher Ausdauer die Hypo-Real-Manager in den letzten Monaten behauptet haben, ihr Haus sei von der Finanzkrise nicht mehr ernsthaft bedroht. Entweder sie wussten es wirklich nicht besser, oder aber sie haben nicht die Wahrheit gesagt. Beides ist beunruhigend. Was, wenn bei anderen deutschen Banken ähnliche Vorfälle auftreten? Wie will eine Branche beschädigtes Vertrauen zurückgewinnen, wenn die mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Krise der CSU: Bielefeld (ots) - »Das ist nicht eine Watsch´n oder ein Denkzettel, sondern das ist eine Zäsur in der Geschichte der CSU.« Wer wollte dieser Einschätzung des früheren CSU-Chefs und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber widersprechen? In Bayern haben die Wähler am Sonntag eine Zeitenwende eingeleitet. Während in den anderen Bundesländern die Zeiten längst vorbei sind, in denen eine einzige Partei die Geschicke des Landes bestimmen konnte, müssen jetzt auch die Christsozialen von der jahrzehntelangen Formel »CSU ist gleich Bayern« Abschied mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur Österreich-Wahl: Bielefeld (ots) - Dass die Sozialdemokraten (SPÖ) als stärkste Partei nach den Parlamentswahlen in Österreich auch den Bundeskanzler stellen werden, ist noch längst keine ausgemachte Sache. Ihr Spitzenkandidat Werner Faymann hätte zwar die Möglichkeit, erneut mit der ÖVP eine große Koalition bilden, es wäre jedoch ein Bündnis der Wahlverlierer. Die Volkspartei (ÖVP) ihrerseits war vor der Wahl mit dem Ziel angetreten, wieder den Kanzler zu stellen. Nach ihren großen Stimmenverlusten würde sie dies mit der SPÖ nicht erreichen. Somit bliebe mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Zwischen Pest und Cholera (Kommentar zu Österreich) Mainz (ots) - Als Österreich gestern früh erwachte und sich die Augen rieb, war schnell klar, dass der Wahlabend kein böser Traum gewesen ist. Die Alpenrepublik steht vor einem Trümmerhaufen und der Wahl zwischen Pest und Cholera - daran ändert auch der Rücktritt von ÖVP-Chef Molterer nichts: Entweder nimmt die stark geschwächte konservative Volkspartei die Wahlsieger von Freiheitlicher Partei und Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) mit in eine Mitte-Rechtsaußen-Koalition oder man wurschtelt weiter in der Großen Koalition. Es sind die einzigen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht