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Südwest Presse: Leitartikel zu Terrorismus, Ausgabe vom 27.09.2008

Geschrieben am 26-09-2008

Ulm (ots) - Kaum vier Wochen ist es her, dass die
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Anfang September Anklage gegen die so
genannte Sauerlandgruppe erhoben hat. Jene drei jungen Männer aus Ulm
und dem Saarland, die im vergangenen Jahr in Deutschland verheerende
Bombenanschläge auf amerikanische Einrichtungen geplant hatten und
nur eines erreichen wollten: möglichst viele Menschen zu töten.
"Die Deutschen kriegen eine auf die Fresse", soll Daniel Schneider
aus dem Trio kurz vor seiner Verhaftung gesagt haben. Jetzt spielt
der Saarländer in den aktuellen Terrorfahndungen wieder eine Rolle.
Am Donnerstag hat das Bundeskriminalamt (BKA) eine öffentliche
Fahndung nach Eric Breininger aus dem direkten Umfeld der
Sauerlandgruppe eingeleitet, der erst vor Tagen per Videobotschaft
einen Selbstmordanschlag in Deutschland angekündigt hat. Zufall? Oder
eine Häufung, die Grund zur Besorgnis gibt?
Weder das eine noch das andere - so martialisch sich die Botschaft
des selbst ernannten Märtyrers im Kampfanzug auch anhören mag. Die
allgemeine Gefahrenlage hat sich nicht verändert. Das BKA bleibt bei
seiner Sprachregelung der abstrakten Gefahr und hat ebenso wie
Innenminister Wolfgang Schäuble "keine Hinweise auf konkrete
Anschlagsvorbereitungen". So abstrakt die Terrorgefahr sein mag, sie
zu leugnen wäre töricht, sie zu einer allfälligen Gefahr
hochzustilisieren unseriös.
Die Vorstellung, dass es irgendwo auf der Welt eine Zentrale des
Bösen gibt, die nur ihren Schlund zu öffnen braucht, um ihre
Kampfmaschinen loszuschicken, ist ebenso naiv wie der Glaube, sie mit
Bomben auslöschen zu können. Es sind vielmehr andere Zusammenhänge,
die Sorgen bereiten und die ganze Aufmerksamkeit erfordern: Deutsche
Konvertiten, die scheinbar willfährig zu allem bereit sind, vor allem
dazu, den Bombenterror in ihr Heimatland zu tragen. Wenn es den einen
islamistischen Terror überhaupt je gegeben hat, so hat er schon lange
sein Gesicht verändert.
Vor einem Jahr waren es Fritz Gelowicz und Daniel Schneider, jetzt
ist es Eric Breininger - es ist kein Zufall, dass die größte
Bedrohung Deutschlands von Deutschen ausgeht. Von jungen Männern
mithin, die vergleichbare Biographien aufweisen, ein schwach
ausgeprägtes Selbstwertgefühl haben, aus schwierigen
Familienverhältnissen kommen und leicht zu beeinflussen sind. Es ist
auch kein Zufall, dass leicht zu manipulierende junge Menschen erst
zum Islam konvertieren, dann in einschlägigen Kreisen radikalisiert
werden und über Ägypten den imaginären Trampelpfad des Dschihad in
die pakistanisch-afghanische Grenzregion antreten. Dahinter steckt
die Idee, den Krieg der "Koalition der Willigen" am Hindukusch zu
internationalisieren und mitten in die deutsche Bevölkerung zu
tragen. Die Frage ist nur, woher kommt der Hass, der junge Männer
dazu bewegt, alles aufzugeben, sogar das eigene Leben?
Die Frage steht im Zentrum der Terrorbekämpfung. Solange es keine
Antwort darauf gibt, wird die Gefahr weiterhin abstrakt bleiben. Dass
sie zumindest in einigen, wie den jetzt bekannt gewordenen Fällen,
konkret wurde, Gesichter und Namen bekam, ist ein Verdienst der
Sicherheitsbehörden. Denen gelingt es seit Jahren, ganz unaufgeregt
mit dem existierenden Instrumentarium jede Gefahr abzuwenden, die
sich bislang aufgetan hat.
Das ist nicht zuletzt ein Beleg dafür, dass die Bundesrepublik im
Kampf gegen den Terrorismus gut aufgestellt ist. Und auch dafür, in
welch krassem Unverhältnis die immer wieder geforderten
Gesetzesverschärfungen und Beschränkungen der Bürgerrechte zur
Gefahrenanalyse stehen. Je mehr Freiheiten der Staat aber aufgibt,
umso mehr geht das infame Konzept der Terroristen auf.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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