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Südwest Presse: Thema Hessen

Geschrieben am 14-08-2008

Ulm (ots) - Andrea Ypsilanti wird es wagen. Soviel steht nach der
Sitzung des hessischen SPD-Landesvorstandes fest. Zwar soll der
Beschluss über eine Tolerierung durch die Linkspartei erst Anfang
Oktober fallen, doch an der Entschlossenheit der Genossin ist nicht
zu deuteln. Ypsilanti will den Ministerpräsidenten Roland Koch
ablösen. Aus Sicht der hessischen SPD hat Ypsilanti keine
Alternative. Tritt sie an und scheitert, ist sie weg. Tritt sie nicht
an, so wird sie das gleiche politische Schicksal vermutlich auch
ereilen. Bleibt nur ein Ausweg: der Erfolg. Doch der ist mehr als
ungewiss.
Der Weg der hessischen SPD führt über ein Minenfeld. Eine Detonation
würde nicht nur die in einen starken linken und einen deutlich
schwächeren rechten Flügel gespaltene Landespartei sprengen, sie
fügte auch der Bundespartei äußerst schweren Schaden zu. Schon jetzt
schaukelt die einstige große Volkspartei im Kielwasser hessischer
Manöver, ohne Einfluss auf den Kurs zu nehmen. Die Chance zur
Mitbestimmung hat der SPD-Bundesvorstand im Februar leichtfertig aus
der Hand gegeben. Was jetzt für die SPD in Hessen unvermeidbar
erscheint, nämlich eine Einbindung der Linkspartei, schadet der
Bundes-SPD auf jeden Fall. Dazu liegen die Interessen in Hessen und
im Bund zu weit auseinander. Doch beide Ebenen haben jetzt ein
Glaubwürdigkeitsproblem.
Die hessischen Parteien haben im Wahlkampf die Hürden so hoch
geschraubt, dass jetzt mit der neuen fünf-Parteien-Konstellation
vernünftig nicht zu regieren ist. Mit der CDU kann die SPD nicht, die
FDP will mit den Sozis nicht, und bei einer Jamaika-Koalition ist den
Grünen bange. Da keiner sich bewegen will, bleibt als Ausweg aus dem
Patt nur die Einbindung der Linken. Ypsilanti hat das vor der Wahl
stets ausgeschlossen. Das vollmundige Versprechen holt sie jetzt ein.
Doch will die hessische SPD -wie ebenfalls versprochen - einen
"Politikwechsel" herbeiführen, bleibt ihr keine andere Wahl. Das
Vor-sich-her-Treiben der Regierung ohne Mehrheit aus der Opposition
heraus taugt zur politischen Gestaltung nicht, sieht man von wenigen
Einzelfällen wie der geglückten Abschaffung der Studiengebühren
einmal ab. Vorgezogene Neuwahlen führen auch nicht mehr ans Ziel.
Dazu sind die Umfragewerte für die hessische SPD zu schlecht. Auch
Aussitzen hilft nicht weiter, weil die momentane Geschlossenheit der
hessischen SPD nicht ewig halten wird und die Grünen im Land eine
verlässliche Perspektive fordern.
Bleibt die Flucht nach vorn, und die führt ins Lager der Linkspartei,
dem Neuling auf dem parlamentarischen Parkett in den westlichen
Bundesländern. Die Belastbarkeit in den Niederungen des politischen
Alltags ist bei der Truppe aus Altlinken, enttäuschten
Sozialdemokraten, Friedensbewegten und linken Christen nicht
erwiesen. Doch wird sich die Partei nicht wegreden lassen, nur weil
sie das westliche Parteiengefüge stört. Sie trifft den Nerv zu vieler
Ausgegrenzter. Das mag man beklagen, ist jedoch das Ergebnis jüngster
Politik der "alten" Volksparteien. Allerdings agiert die hessische
Linke nicht für sich. Den Einstieg in westliche Landtage werden
Lafontaine und Maurer von Berlin aus mit zu steuern versuchen.
Damit unternähme die Linkspartei im Bund etwas, was Beck und Co.
unterließen. Die SPD-Spitze gab der Hessen-SPD freie Hand - trudelt
jetzt doch mit. War es fehlende Führungsstärke oder Kalkül? Vieles
spricht für das erste, doch das zweite ist nicht ganz ausgeschlossen.
Gelingt Ypsilanti in Hessen das rot-rot-grüne Experiment, würde über
kurz oder lang auch auf Bundesebene die jetzigen Koalitionsmuster
aufgebrochen. Ypsilanti ist zum Erfolg verdammt. Die Chancen dafür
sind denkbar schlecht.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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