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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu rechtsextremer Gewalt

Geschrieben am 21-05-2006

Leipzig (ots) - Gerade noch wird über Angst-Räume in Brandenburg
diskutiert, da gerät einem fremd aussehenden Bundesbürger sein
Berliner Kiez zur Hölle. Keine zwanzig Kilometer vom Olympiastadion
und keine zehn vom Regierungsviertel entfernt. Es nützt nichts, wenn
man Gästen der Fußball-Weltmeisterschaft rät, Kleinstädte zu meiden.
Die Fußballfans kommen in die Hauptstadt. Dort steigen sechs Spiele
samt Finale. Die Gelegenheit, auf dieser Bühne zu prügeln, werden
sich Neonazis und Skinheads nicht nehmen lassen. Gleiches gilt für
ihre Solidarisierung mit dem Holocaust-Leugner Ahmadinedschad beim
Spiel Iran gegen Angola in Leipzig. Je mehr man das herunterspielt,
desto größer werden ihre Chancen.

Uwe-Karsten Heye hatte Recht. Es gibt diese Orte, in denen man
sich seiner dunklen Haut nicht sicher sein kann - vornehmlich hier im
Osten. Hier sind die sozialen Probleme am größten. Der Entvölkerung
ganzer Landstriche folgt die Entsozialisierung - die Verwilderung.
Perspektivlose Jugendliche prügeln ungehemmt drauflos, geschützt
durch den gewöhnlichen Rassismus einiger übriger. Brandenburg führt
die Statistik der Übergriffe an. In Sachsen sind die Ultrarechten
laut letzter Landtagswahl fast genauso beliebt wie die
Sozialdemokraten. Was bisher nur Berliner wussten, wird mit dem
Überfall auf Giyasettin Sayan nun allen klar: Rechte Gewalt ist kein
ländliches Phänomen. Die Nazis sind wieder in der Hauptstadt
angekommen. Und sie haben manches Viertel im Griff.

Schon vor Jahren warnten amerikanische und britische Reiseführer
vor Besuchen der Bundesrepublik. Heute warnen sie immer noch. Das
heißt aber nicht, dass sich nichts getan hat. Hier zu Lande hat man
sich dem Problem nicht völlig verweigert. Erinnert sei an die
Aufklärungskampagnen, Netzwerke, Bürgerbündnisse, Lichterketten,
Aussteigerprogramme, Sozialarbeiterstellen. Aber trotz aller
Anstrengungen nimmt rechte Gewalt weiter zu, wie der jüngste
Verfassungsbericht belegt.

Die Ausreden und das Bagatellisieren des Rechtsextremismus waren
stärker als der Kampf dagegen. Dass Heye seine Warnung verschämt
zurücknahm, ist zwar politisch korrekt, aber vor allem feige und
kontraproduktiv. Denn bisher hat alle Vorsicht vor dem so genannten
Hochspielen des Problems allein den Gewalttätern genutzt. Ihnen Herr
zu werden kann nur mit Offenheit und Ehrlichkeit gelingen. Es nützt
auch nichts, über die angeblich untätige Polizei herzuziehen.
Streifenpolizisten sind tatsächlich überfordert und juristisch ohne
Rückhalt. Man muss sie stärken, auch mit besseren Gesetzen, statt sie
zu demotivieren.

Deutschlands Image ist versaut. Aber es sind noch drei Wochen Zeit
bis zur WM. Genug, um sich so vorzubereiten, dass es im Juni nicht zu
Gewalt gegen Gäste und nicht zu Nazi-Aufmärschen kommt. Das wäre eine
wirkliche Überraschung für jene, die zu Gast bei Freunden sein
wollen. Und es dann auch tatsächlich wären.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/2181 1558


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