(Registrieren)

Südwest Presse: Kommentar zum Thema Bahn

Geschrieben am 14-04-2008

Ulm (ots) - Was für eine Einigkeit! Kaum hat sich die SPD nach
langem Streit auf einen Kompromiss bei der Bahn-Privatisierung
geeinigt, ist die Zustimmung groß. Die meisten Sozialdemokraten sind
froh, dass ihr Parteichef Kurt Beck in letzter Minute doch noch die
Kurve bekommen und die widerstreitenden Flügel unter einen Hut
gebracht hat. Der Union fällt ein Stein vom Herzen. Hatte sie doch
schon befürchtet, das ganze Projekt könnte scheitern und ihr
Koalitionspartner SPD versuchen, ihr die Schuld in die Schuhe zu
schieben. Da die Teilprivatisierung unpopulär ist, hätte das gelingen
können. Zwei Drittel der Bundesbürger lehnen sie ab, wie die Gegner
gern betonen. Was kein Beweis dafür ist, dass sie falsch ist.
Sogar die FDP stimmt dem Kompromiss zu, nur 24,9 Prozent am Personen-
und Gütertransport zu verkaufen. Zumindest als erster Schritt, dem
dann noch weitere folgen könnten. Diesen Vorteil jedenfalls hat die
Lösung: Alle Seiten können Erfahrungen sammeln mit der
"Privatisierung light", wie jetzt schon gespöttelt wird. Damit sind
die Befürworter ebenso in der Pflicht wie die Investoren: Sie können
die Skeptiker in der Praxis überzeugen, dass ihre Einwände und Sorgen
unbegründet sind.
Da gibt es jede Menge. Die Bahn ist ein hoch emotionales Thema. Jeder
hat seine Wünsche und Erfahrungen. Wobei die negativen ganz besonders
im Gedächtnis bleiben. Wie wenig Fakten zählen, zeigt der Nahverkehr.
Becks Überlegungen, ausgerechnet ihn von der Privatisierung
auszunehmen, klangen für viele gut, machten aber keinen Sinn. Denn
gerade da ist die Bahn nicht der einzige Anbieter. Im Gegenteil.
Werden Strecken ausgeschrieben, muss sie sich im harten Wettbewerb
bewähren - zum Vorteil für Kunden und Staat.
Gerade im Nahverkehr ist es auch nicht die Bahn, die Strecken
stilllegt. Es sind die Bundesländer, die das Zugangebot bestellen und
damit festlegen, welche Verbindungen mit welchen Haltepunkten wie
häufig angesteuert werden. Die Mittel dafür stammen vom Bund. Sie
sind zwar immer knapp. Aber die Grundentscheidungen fallen dort, wo
sie hingehören: bei der Politik und nicht bei der Bahn. Das muss auch
so bleiben.
Gewinn und die Ausschüttung an die Aktionäre stehen künftig an erster
Stelle, lautet eines der größten Schreckgespenste der Kritiker. Dabei
muss die Bahn erst einmal ihre Kunden überzeugen. Denn sie sorgen für
den Umsatz, der die Voraussetzung für eine Dividende ist. Ist das
Angebot zu schlecht, suchen sie sich Alternativen. Auto und Flugzeug
bieten da viele Möglichkeiten.
Die Lufthansa ist ein gutes Beispiel dafür, wie segensreich eine
Privatisierung sein kann. Wäre die Fluggesellschaft heute noch unter
dem Dach des Staates, würde sie sich kaum so gut im internationalen
Wettbewerb schlagen. Das zeigt der Blick auf diverse Staatslinien in
Europa sehr deutlich.
Ein Allheilmittel ist die Privatisierung freilich nicht. Alles steht
und fällt damit, was das Management und die Mitarbeiter aus den neuen
Möglichkeiten machen. Gerade bei der Bahn heißt das: Um
internationale Aktivitäten kommt ein Logistikkonzern ihrer Größe
nicht herum. Aber an erster Stelle muss das Angebot in Deutschland
stehen. Das gebietet schon der Mehrheitsaktionär. Das ist auch
künftig der Staat - und damit alle Bürger. Sie zählen und nicht der
Wille des Finanz- oder des Verkehrsministers.
Die Entscheidung für die Privatisierung ist gefallen. Hoffentlich.
Bei der SPD kann man sich gerade beim Thema Bahn nie so ganz sicher
sein. Jetzt ist es an den Befürwortern zu beweisen, dass die
Entscheidung richtig war. Ein Zurück zur reinen Staatsbahn wäre zwar
noch möglich, aber kaum bezahlbar.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

130943

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Kommentar zu SPD-Bahnkompromiss Mainz (ots) - Das war eine gute Nacht für alle: die Bahn, die Koalition, die SPD und natürlich für deren Vorsitzenden Kurt Beck. Der hatte das Thema Bahnreform innerhalb seiner Partei etwas leichtsinnig zur Chefsache erklärt, damit eine Niederlage riskiert und wenn es ganz schlecht gelaufen wäre, Krach mit Steinbrück, Steinmeier und Tiefensee oder der Parteilinken und am Ende auch noch einen Sonderparteitag, an dem es dann nicht nur um die Privatisierung der Bahn gegangen wäre, sondern auch um Fragen, die den Pfälzer höchst persönlich mehr...

  • WAZ: Der Präsident entscheidet selbst - Köhler, die Menschen und die Macht - Leitartikel vVon Ulrich Reitz Essen (ots) - Die meisten Menschen mögen Horst Köhler. Wo der Bundespräsident auftaucht, wird er schnell von vielen Bürgern umringt, die ihn loben, um Rat fragen oder einfach mal nur anfassen wollen. Man kann darüber hochnäsig spötteln oder solche Begebenheiten für unpolitisch halten, aber: Sie sind zutiefst menschlich. Köhlers Beliebtheit gründet gerade nicht auf dem politischen, sondern dem menschlichen Faktor. Er wird gemocht, weil er anders spricht als das Polit-Establishment, viel bodenständiger, bisweilen sein Herz auf der Zunge mehr...

  • WAZ: Starke Opposition - Kommentar von Christa Langen-Peduto Essen (ots) - Vorbei ist es mit dem Viel-Parteien-Chaos in Italien. Höchstens sechs oder sieben Parteien - gut 25 waren es beim letzten Mal - werden ins Parlament einziehen. Darauf kann sich ganz Italien freuen. Mit ziemlicher Sicherheit wird zum dritten Mal Berlusconi Ministerpräsident. Darauf freuen sich längst nicht alle Italiener. Gut daher, dass Walter Veltroni einen so hohen Stimmenanteil bekam, dass er eine starke Opposition machen kann. Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Geißler wirft Altbundespräsident Herzog Beleidigung der Rentner vor Köln (ots) - Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat vor dem Hintergrund des jüngsten Rentenstreits vor weiteren Konfrontationen zwischen Jungen und Alten gewarnt und Altbundespräsident Roman Herzog Beleidigung der Rentner vorgeworfen. "Eine Lösung des Problems Alterssicherung kann man nicht erreichen, indem man die Jungen gegen die Alten aufhetzt, sondern nur durch einen Austausch von Argumenten und die Bereitschaft von Jungen und Alten, einen Beitrag zu leisten", sagte Geißler dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe). mehr...

  • Westfalenpost: Notbremse Abschied Hagen (ots) - Mit Milbradt geht der letzte West-Import Von Bodo Zapp Erst hatte er kein Glück bei den Landtagswahlen, dann kam noch das öffentliche Unbehagen dazu: Georg Milbradt hatte als Ministerpräsident und CDU-Spitzenmann in Sachsen keine Zukunft mehr. Mit der Rücktrittsankündigung behielt der Sauerländer wenigstens das Gesetz des Abschiedshandelns in seiner Hand. Der Partei, die sich vom wahrscheinlichen Nachfolger Stanislaw Tillich Aufschwung in frühere Stimmenhöhen verspricht, tat er damit einen Gefallen. Sich selbst auch. Der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht