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Rechtswidrige Vernichtung der Kormoranbrut am Bodensee: Landwirtschaftsminister Peter Hauk missachtet Naturschutz

Geschrieben am 09-04-2008

Stuttgart/Berlin (ots) - Gemeinsame Pressemitteilung von DUH und
NABU

NABU und Deutsche Umwelthilfe sind entsetzt über die rechtswidrige
Vertreibung von brütenden Kormoranen aus dem Naturschutzgebiet
Radolfzeller Aachried am Bodensee - Landesregierung verstößt gegen
das Naturschutzrecht - Schädigung von unter Artenschutz stehenden
Tieren billigend in Kauf genommen

9. April 2008: Der Naturschutzbund NABU und die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) sind erschüttert über die Vernichtung der
Kormoranbrut im Naturschutzgebiet Radolfzeller Aachried. Dort nistet
die einzige Kormorankolonie am deutschen Bodensee. Die vom
Regierungspräsidium Freiburg als "Kormoranmanagement" bezeichnete
und genehmigte Aktion ist nach Auffassung von NABU und DUH eindeutig
rechtswidrig. "Wir haben Minister Hauk im Vorfeld dringend
aufgefordert, diese Aktion zu stoppen. Dass er es nicht getan hat und
damit das Naturschutzrecht missachtet, macht uns fassungslos", sagt
der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann. "Minister Hauk stellt
damit ohne Not seinen eigenen Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
in Frage und erweist Naturschutz und Tourismus einen Bärendienst. Die
mehr als 3.600 Protest-E-Mails, die bislang beim Regierungspräsidium
eingegangen sind, zeigen deutlich: Die Menschen am Bodensee und in
ganz Europa haben für diesen Vernichtungszug kein Verständnis."

Der NABU hatte im Vorfeld der Aktion eine Petition an den Landtag
gerichtet, um die Aktion zu stoppen. Dass der Vorsitzende des
Petitionsausschusses, MdL Jörg Döpper, die Petition des NABU einfach
abgelehnt hat und so einer ausgewogenen Diskussion ausweicht,
bezeichnet der NABU als alarmierend und einmalig. "Das ist eine
Verhöhnung des Petitionsausschusses und zeigt, dass hier nicht nur
die Regeln des Rechts, sondern auch die Regeln der Demokratie
missachtet wurden", sagt Baumann.

Das Vorgehen des Regierungspräsidiums Freiburgs bei der Zulassung
der Vernichtungsaktion bezeichnete DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer
Baake als "eines Rechtsstaates unwürdig". Das Regierungspräsidium
habe nach über zwei Jahren Prüfung eines Antrags von vier
Fischereivereinen am Dienstagnachmittag (8. April) einen
Verwaltungsakt erlassen. "Dieser ist in rechtswidriger Weise für
sofort vollziehbar erklärt worden, damit Widersprüche keine
aufschiebende Wirkung entfalten können", sagte Baake. Der NABU hat
mit Unterstützung der DUH binnen weniger Stunden beim
Verwaltungsgericht Freiburg einen Eilantrag gestellt und darüber auch
das Regierungspräsidium informiert. Um vor einer Entscheidung des
Gerichts Fakten zu schaffen, sei die Vernichtungsaktion noch in
derselben Nacht exekutiert worden. "Mit einem solchen Vorgehen von
staatlichen Behörden muss man wahrscheinlich in Russland oder China
rechnen, aber in einem Rechtsstaat darf das nicht passieren", sagte
Baake. Er bezeichnete dieses Vorgehen als eine beispiellose
Missachtung der gesetzlich garantierten Rechte der
Naturschutzverbände durch die Baden-Württembergische Landesregierung.
Der Regierungspräsident Freiburg beruft sich in seinem Bescheid auf
die ausdrückliche Zustimmung des vorgesetzten Ministeriums für
Ernährung und Ländliche Entwicklung. "Minister Peter Hauk trägt für
das rechtswidrige Handeln seiner Behörde die volle politische
Verantwortung und muss für dieses Vorgehen zur Rechenschaft gezogen
werden", forderte Baake.

"Die Vernichtungsaktion verstößt gegen geltendes Naturschutzrecht.
In dem Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg wird weder
nachgewiesen, dass der Fischereiwirtschaft erhebliche Schäden drohen,
noch sind die zum Schutz der Vögel in den Regelungen des
Naturschutzrechts vorgesehenen Kontrollmaßnahmen festgelegt", sagte
Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht der DUH. In dem Bescheid
schreibt das Regierungspräsidium ausdrücklich, dass ein Tag vor der
Vertreibungsaktion im Naturschutzgebiet geprüft werden müsse, ob die
Bruten anderer geschützter Arten betroffen seien. Da der Bescheid
erst am Dienstagmittag erlassen worden ist, konnte die ordentliche
Überprüfung jedoch gar nicht stattfinden und die Störaktion hätte
frühestens in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag durchgeführt
werden dürfen.

In der Nacht zum Mittwoch (9.4.) haben Mitarbeiter des
Regierungspräsidiums die Elternvögel mit grellem Scheinwerferlicht so
sehr unter Druck gesetzt, dass sie ihre Eier sowie die bereits
geschlüpften Jungvögel im Stich gelassen und dem Kältetod
preisgegeben haben. Die Aktion fand mit dem Segen des
Regierungspräsidiums und des Ministeriums für Ernährung und
Ländlichen Raum statt - in einem Naturschutz- und
EU-Vogelschutzgebiet! "Es war traurig, ohnmächtig zu verfolgen, wie
Mitarbeiter des RP durch das Schilf im Naturschutzgebiet gestapft
sind und dabei Kormorane und andere geschützte Vogelarten
aufgeschreckt haben", berichtet Baumann, der selbst vor Ort war.
"Insbesondere für unsere Aktiven vor Ort, die das Naturschutzgebiet
Aachried seit Jahren im Auftrag des Regierungspräsidiums pflegen, war
es ein Schlag ins Gesicht, dass dieselbe Behörde das
Naturschutzgebiet jetzt selbst entwertet." Das RP hatte zudem die
Beobachtung anerkannte Vogelexperten ignoriert, nach denen bereits
Jungvögel geschlüpft sind und der Schwarzmilan auf den Koloniebäumen
mit dem Brutgeschäft begonnen hat. Diese Tötung von Jungvögeln war
nach Auffassung von NABU und DUH illegal.

Der Kormoran - Kurzportrait
Kormorane haben ein schwarz glänzendes Federkleid mit weißem Kinn.
Sie werden rund 90 Zentimeter groß. Charakteristisch ist die
Hakenspitze am Schnabel, mit der sie Fische besser ergreifen können.
Sie sind in der Lage bei entsprechend guter Sicht bis zu 40 Meter
tief zu tauchen und dabei Fische mit dem Schnabel zu fangen. Im
Gegensatz zum Gefieder der meisten Wasservögel ist das der Kormorane
nicht wasserabweisend. Daher sitzen sie oft zum Trocknen aufgerichtet
mit halb ausgespannten Flügeln am Ufer, auf Bäumen oder Felsen.

Kormorane ernähren sich überwiegend von Fisch. Der tägliche
Nahrungsbedarf liegt bei rund 500 Gramm. Kormorane sind Zugvögel und
brüten einmal im Jahr in Kolonien. Ein Gelege besteht aus bis zu vier
länglich ovalen Eiern von weißer bis hellblauer Farbe. Diese werden
23 bis 30 Tage lang von Männchen und Weibchen bebrütet. Die Jungvögel
sind zunächst nackt und auf den Witterungsschutz durch die Alttiere
angewiesen. Erst nach zwei Monaten sind die Jungen flugfähig.
Insgesamt sind die Vögel von April bis August mit Brut und
Jungenaufzucht beschäftigt. In diesem Jahr haben die Kormorane
aufgrund des Klimawandels bereits Anfang/Mitte März mit der Brut
begonnen. Kormorane können bis zu 20 Jahre alt werden.

Der Kormoran ist nach EU- und Bundesrecht geschützt und unterliegt
nicht dem Jagdrecht.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Dr. Andre Baumann, NABU-Landesvorsitzender, Tübinger Str. 15, 70178
Stuttgart, Tel.: 0711 966 72-0, Mobil: 01520 984 70 11,
Andre.Baumann@NABU-BW.de

Rainer Baake, Bundesgeschäftführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-15, Mobil:0151
55 01 69 43, baake@duh.de

Ulrike Fokken , Politik&Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-22, Mobil:0151 55 01 70
09, fokken@duh.de

Hannes Huber, NABU-Pressesprecher, Tübinger Straße 15, 70178
Stuttgart, Tel.: 0711 966 72-16, Hannes.Huber@NABU-BW.de


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