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LVZ: Hornberger Schießen

Geschrieben am 31-03-2008

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
So ist das fast immer mit parlamentarischen Untersuchungsausschüssen:
Sie sind das fröhliche Tontaubenschießen der Opposition. Von den
umherfliegenden Trümmerteilchen wird die Regierung aber praktisch nie
entscheidend getroffen. Untersuchungsausschüsse sind mitunter
wichtige politische Reinigungsrituale, Sternstunden der Demokratie
aber sind sie äußerst selten, und der Wahrheitsfindung über
parteitaktisches Getöse hinaus dienen sie in aller Regel schon gar
nicht. Da macht der Dresdner Untersuchungsausschuss um die
Fast-Pleite und den Not-Verkauf der im Milliarden-Meer von faulen
Hypothekenkrediten versenkten einst stolzen sächsischen Landesbank
keine Ausnahme. Der erste Tag der Vernehmung von Ministerpräsident
Georg Milbradt verlief in der Dramaturgie eines längst geschriebenen
Drehbuches: Der Linken sowie den Grünen und Liberalen gelang es
nicht, dem von den Ereignissen politisch gerupften Finanzexperten
Milbradt eine handfeste Mitschuld am Untergang seiner Lieblingsbank
nachzuweisen. Trotzdem behaupteten sie mit Blick auf die allmählich
herannahende Landtagswahl hinterher genau das - und forderten
unverdrossen Konsequenzen von Milbradt, also seinen Rücktritt. Wohl
wissend, dass der so schnell nicht kommen wird. Endstation Hornberger
Schießen.
Milbradt seinerseits beharrt mit westfälischer Klar- und/oder
Sturheit auf seiner Unschuld am Desaster, wo vielleicht ein paar
bedauernde und brückenbauende Worte über den Verlust vieler
Steuermillionen erfrischend demütig wirken würden. Dennoch geht der
erste Ausschuss-Tag als Punktsieg an Milbradt. Kann die Opposition
nicht noch nachlegen und beweisen, dass nicht abenteuerlich
überforderte Bankvorstände oder fachlich blinde Aufsichtsräte,
sondern das Handeln Milbradts ursächlich für den Untergang der
SachsenLB waren, könnte es sogar ein Befreiungsschlag werden. Dass
die maßgeblich von Milbradt als damaligem Finanzminister initiierte
Bankgründung Anfang der Neunzigerjahre der Grund für den Kollaps war,
kann nicht ernsthaft behauptet werden. Seit 2001 saß Milbradt, anders
als viele andere Politiker, nicht mehr in den Aufsichtsgremien.
Soweit die Fakten, die der Ministerpräsident für seine Verteidigung
nutzen kann. Der Notverkauf in letzter Sekunde ist ihm zudem als
Husarenstück gut gelungen. Dass Milbradt das jetzt selbst nach einer
ganzen Reihe von Skandalen bei der SachsenLB als Geniestreich
anpreist, wirkt jedoch herausfordernd keck.
Denn politisch völlig überstanden hat Milbradt das Banken-Desaster
noch nicht. Dabei droht die größte Gefahr nicht von der eigenen, in
Teilen frustrierten CDU oder der kreischenden Opposition. Sein
Hauptfeind ist der Koalitionspartner SPD, der dem Ministerpräsidenten
weiter mit einem ungetarnten Doppelspiel auf offener Bühne zusetzt.
Auf der einen Seite klammert sich die SPD aus Mangel an Optionen
postenbewusst als Juniorpartner an die Union, auf der anderen Seite
attackieren ihre Spitzenvertreter Milbradt ungeniert deutlich. Wer
einen solchen Koalitionspartner hat, braucht keine Opposition mehr.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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