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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Streik/Öffentlicher Dienst -

Geschrieben am 05-03-2008

Leipzig (ots) - Von Ulrich Langer. Flüge gestrichen, Straßenbahnen
ausgefallen, Busse abgestellt - wenn die Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes streiken, stehen viele Räder still. Für
Kindertagesstätten gibt es nur einen Notdienst, ebenso in
Krankenhäusern. Mülltonnen quellen über. Gerät Deutschland auf den
Pfad neapolitanischer Verhältnisse?
Keineswegs, wenngleich die Einschnitte durch die zeitweiligen
Arbeitskämpfe ziemlich schmerzhaft sind. Noch schlimmer wird es, wenn
- wie angekündigt - ab Montag die Lokführer erneut die Züge in den
Depots stehen lassen. Das öffentliche Leben droht, komplett
lahmgelegt zu werden. Das gefällt keinem. Nur, ohne weh zu tun,
verpufft die bezweckte Wirkung jeglichen Ausstandes. Aber gehen die
Gewerkschaften nicht zu weit?
Auf den ersten Blick nicht. Sonst könnte ja das Streikrecht gleich
abgeschafft werden. Auch auf den zweiten und dritten Blick siegt eher
das Verständnis für die Aktionen über den Unmut angesichts der damit
verbundenen Erschwernisse. Gerade die Staatsdiener in den neuen
Ländern liegen meist bei 92,5 Prozent des Einkommens ihrer
West-Kollegen und schaffen pro Woche 40 Stunden - das sind anderthalb
Stunden mehr als in Westdeutschland. Zudem stößt das Argument von der
Unkündbarkeit öffentlich Bediensteter ins Leere. Mit dieser
Jobgarantie werde das geringere Gehalt - vor allem im Vergleich zur
Privatwirtschaft - abgegolten, so die gängige Lesart. Aber im Osten
ist kaum jemand verbeamtet, von Einzelfällen etwa bei Polizei und
Strafvollzug abgesehen. Seit 1991 wurden zwischen Ostsee und
Erzgebirge in den Ländern und Gemeinden über ein Viertel
beziehungsweise fast zwei Drittel der Jobs gestrichen. Von sicheren
Stellen kann also keine Rede sein.
Für die öffentlich Bediensteten, von Einmalzahlungen abgesehen, gab
es vor vier Jahren die letzte Zulage beim monatlichen Salär. Die
Lebenshaltungskosten kletterten seitdem um acht Prozent. Ein Lohnplus
ist also für die Betroffenen mehr als recht und billig. Dies ist mit
Sorgfalt auszuhandeln - angesichts nach wie vor klammer öffentlicher
Kassen. Trotz stärker sprudelnder Steuerquellen haben die Kommunen
Riesenberge an Schulden zu schultern. Allerdings sind die von den
Arbeitgebern angebotenen fünf Prozent wohl eher ein Tropfen auf den
heißen Stein. Denn sie sollen über zwei Jahre gestreckt werden.
Besser dran sind dagegen die Lokführer. Ihnen hat die Bahn elf
Prozent mehr im Portmonee versprochen. Aber in der Tasche haben sie
diese noch längst nicht. Der Streit mit dem Konzern ist neu
entflammt, der Vertrag, der die Kooperation der drei
Bahn-Gewerkschaften regeln soll, nicht unterschrieben. So lange tritt
der ausgehandelte Tarif nicht in Kraft. Weiteres Ungemach zieht
herauf. Denn das Management versucht, die Zugeständnisse bei frisch
eingestellten Zeitarbeiter-Lokleuten zu umgehen, integriert sie in
neue Gesellschaften und zahlt dort außer Tarif. Zu Recht fühlt sich
die Lokführergewerkschaft GDL verschaukelt, sie plant erneut Staus
auf der Schiene. Dennoch: Ungeklärtes ist zügig aus dem Weg zu
räumen. Hier wie da, bei Bahn und öffentlichem Dienst, ist dabei mit
großem Augenmaß zu agieren.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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