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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Steuerhinterziehung/Razzia -

Geschrieben am 18-02-2008

Leipzig (ots) - Von Thilo Boss. Lange hat es nicht gedauert, bis
sich die Parteien in Berlin mit Vorschlägen wieder gegenseitig
überbieten. SPD-Chef Kurt Beck fordert härtere Strafen, mehr Fahnder
und obligatorische Gerichtsverfahren. CDU-Generalsekretär Ronald
Pofalla will die Steueroasen austrocknen, und die Linke ruft per
General-Appell in gewohnter Weise nach noch mehr Staat. Fünf Tage
nach den Durchsuchungen bei Ex-Postchef Klaus Zumwinkel und einen Tag
nach der Großrazzia steht die politische Republik Kopf.
Doch die Berliner Vorschläge entpuppen sich - frei nach Altkanzler
Gerhard Schröder - wieder mal als eine regelrechte Quakophonie. Als
ob zehn Jahre Freiheitsentzug für einen überführten
Steuerhinterzieher nicht abschreckend genug sind, sich souveräne
Staaten von Deutschland einfach in ihre Steuerpolitik reinreden oder
sich Gerichte bei der Rechtssprechung etwas vorschreiben ließen ...
Solche Vorschläge sind obskur und dienen lediglich dem Zweck, bei der
eigenen Klientel zu punkten. Sie werden nur noch von politischen
Stammtischparolen nach dem Motto überboten: Die Reichen sind die
Bösen und die Armen die Guten. Stimmt aber beides nicht. Denn eine
solche Schwarz-Weiß-Malerei heizt unnötig eine Neid-Debatte an, die
die Gesellschaft spaltet und inzwischen sogar das gesamte
Wirtschaftssystem in Frage stellt. Und das, obwohl die deutschen
Steuerfahnder hart durchgreifen.
Natürlich geht es angesichts des wahrscheinlich größten
Steuerskandals in der Geschichte der Bundesrepublik nun darum, über
Moral und Ethik zu diskutieren. Denn im Kern dreht es sich um das
Verhältnis - und Verständnis - zwischen dem Staat und seinen Bürgern.
Jahrzehntelang ist es Volkssport gewesen, dem Fiskus ein Schnippchen
zu schlagen, unabhängig von den Einkommensverhältnissen. Ist es etwa
legitim, wenn die Lebensgefährtin eines Marketingberaters als
Hartz-IV-Empfängerin nebenbei schwarz kellnert und Geschäftsreisen zu
zweit noch steuerlich geltend gemacht werden? Wenn ein Dachdecker mit
Wissen des Meisters nach Feierabend Pfannen verlegt und sich das Geld
in die Tasche steckt? Oder ein Bauzeichner ganz nebenbei Entwürfe
fertigt, die nicht in seinen Büchern auftauchen?
Nein, Steuerhinterziehung und Sozialbetrug sind keine
Kavaliersdelikte. Schon, weil der brave Steuerzahler dabei stets der
Dumme ist. Aber es gibt ehrliche Marketingberater, ehrliche
Hartz-IV-Empfänger und ehrliche Bauzeichner. Genauso wie es ehrliche
Unternehmer, Promis und Manager gibt. Jeden aber gleich wegen ein
paar schwarzen Schafen unter Generalverdacht und obendrein das ganze
System in Frage zu stellen, das ist Populismus und damit
kontraproduktiv.
Eine Wurzel des Übels liegt nämlich woanders. Unser Steuersystem ist
mittlerweile so undurchsichtig, dass es viele Grauzonen gibt. Die
Politik hatte das Problem schon im letzten Wahlkampf erkannt. Doch
Reformpläne wie die eines Paul Kirchhof, der einfache, transparente
und vor allem wettbewerbsfähige Regelungen umsetzen wollte, sind in
der Schublade verschwunden - leider.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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