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WAZ: Proteste gegen Nokia - Solidarität an der Ruhr - Leitartikel von Thomas Wels

Geschrieben am 16-01-2008

Essen (ots) - Solidarität hat eine Heimat, aller
Internationalisierung zum Trotz: Wo sonst als im Ruhrgebiet ist es
denkbar, dass sich Opelaner (Autobau), Mitarbeiter von Thyssen-Krupp
(Stahl), Steilmann (Textil) oder Hoesch Spundwand mit Macht an die
Seite der von Entlassung bedrohten Handybauer stellen? Nokia bläst
der Wind mächtig ins Gesicht, und man muss kein Prophet sein, um
vorherzusagen: Das ist erst der Anfang.

Für die betroffenen Nokianer ist der Beistand Trost, ob
ernsthafte Hoffnungen an den Erhalt des Standorts zu knüpfen sind,
scheint eher unwahrscheinlich. Die Konzernstrategen haben ihre
Entscheidung im Weltmaßstab getroffen, kalt kalkulierend, ohne
kurzfristige Not angesichts eines operativen Gewinns, der allein im
dritten Quartal des vergangenen Jahres um 78 Prozent auf 1,4
Milliarden Euro gestiegen ist; noch dazu haben die Finnen mit
scheinheiligen Argumenten auf Kostenbelastungen in Bochum verwiesen,
die es so nicht gibt. Und sie haben bereits in Rumänien verhandelt,
als das Verbot zur Verlagerung noch galt: Anfang 2006. Ende 2006 erst
lief die Bindung aus, die an die Gewährung von 60 Millionen Euro
Subventionen geknüpft war.
Nun darf man von einem Rechenschieber keine Dankbarkeit erwarten,
selbst wenn der Staat Geld verschenkt. Umgekehrt darf ein
Unternehmen, das sich derart daneben benimmt, nicht wundern, wenn ihm
das Fehlverhalten in der Öffentlichkeit und vor den Werkstoren
lautstark vorgehalten wird. Und zwar zu Recht. Nokia erleidet einen
enormen Imageschaden, den der Konzern auch nur mit vielen Millionen
Euro wird heilen können, Geld, das den Betroffenen über
Auffanggesellschaften hoffentlich Chancen auf eine neue Stelle
eröffnet.

Ob alles klug und durchdacht ist, was manche nun in der ersten
Empörung über die finnische Verlagerungsaktion sagen und ankündigen,
ist freilich fraglich. Sollten die Opelaner in Bochum tatsächlich aus
Solidarität die Bänder stoppen, entstehen Kollateralschäden, die
wiederum Arbeitsplätze bedrohen. Auch die Politiker, die mehr oder
weniger deutlich zum Boykott von Nokia aufrufen, wandeln auf einem
schmalen Grat. Solche Aufrufe, zumal in Zeiten des Wahlkampfs, sind
nicht gerade ein Ausweis für die Stabilität und Zuverlässigkeit des
Standorts D. Der Kunde ist König. Als solcher hat er sich in
Deutschland bisher weniger von ethischen Grundsätzen, mehr vom Preis
leiten lassen. Das dürfte sich auch im Falle Nokia nicht ändern. Der
selbstverschuldete Image-Schaden trifft die Finnen hart genug. Das
Verhalten richtet sich selbst.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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