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Dieselfilter-Skandal: Kulanzregelung der Regierung verstößt gegen geltendes Recht

Geschrieben am 20-12-2007

Berlin (ots) - Deutsche Umwelthilfe fordert Landesfinanzbehörden
auf, Steuervorteile für Betrugsfilter zu kassieren - Werkstattketten
A.T.U., PitStop und Vergölst verweigern insbesondere seit Vorstellung
der "Kulanzregelung" den Sofortaustausch - DUH unterstützt betroffene
Autohalter bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche und richtet
Internet-Schmuddelliste ein

20. Dezember 2007: Mit der heutigen Übermittlung der amtlichen
Nachprüfergebnisse für die Betrugs-Partikelfilter der Firmen GAT und
Bosal an die 16 Landesfinanzminister und der Androhung rechtlicher
Schritte für den Fall der weiteren Duldung eines rechtswidrigen
Zustandes will die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) erreichen, dass
die derzeit ca. 60.000 unwirksamen Dieselpartikelfilter zügig und für
die betroffenen Autofahrer kostenfrei von deutschen Straßen
verschwinden. Nur so könne das Vertrauen in die Nachrüsttechnik
wieder hergestellt und zu dem für die Feinstaubbekämpfung unbedingt
notwendigen Masseneinbau seriöser und technisch ausgereifter
Partikelfiltersysteme genutzt werden, erklärte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in Berlin.

Im gleich lautenden Schreiben an die 16 Landesfinanzminister
erläuterte die DUH, warum die mit dem Einbau eines Nachrüstfilters
verbundene Steuerersparnis in Höhe von 330 Euro nun zwingend
zurückzunehmen ist, sofern die Filter nicht ordnungsgemäß filtern.
Dem Schreiben beigefügt sind die amtlichen Prüfergebnisse der vom
Kraftfahrtbundesamt veranlassten Nachuntersuchungen, die Filter der
Firmen GAT und Bosal zweifelsfrei als nicht ausreichend wirksam
ausweisen. Die Behörde hatte die Unterlagen der DUH auf Basis des
Umweltinformationsgesetzes (UIG) überlassen. Die Prüfergebnisse
belegen die von der DUH zuvor bereits öffentlich gemachte
Nichteinhaltung der gesetzlich notwendigen Filterleistung und
widerlegen die Behauptung der Betrugsfilter-Hersteller, ihre Filter
seien technisch einwandfrei und sie hätten die KBA-Genehmigungen
"freiwillig" zurückgegeben.

Nach Rechtsauffassung der DUH erfüllt nach Vorliegen der
Prüfprotokolle die weitere Gewährung der Steuernachlässe den
Straftatbestand der so genannten "Haushaltsuntreue". Resch kündigte
deshalb rechtliche Schritte gegen die Finanzbehörden an, sollten
diese nun nicht schnell auf die eindeutige Gesetzeslage reagieren.
Auch will die DUH in jedem Bundesland betroffene Autohalter dafür
gewinnen, ihre bereits erhaltene Steuerersparnis freiwillig
zurückzuzahlen und damit faktisch "Selbstanzeige" zu erstatten. So
sollen die Finanzbehörden gezwungen werden, die Unrechtmäßigkeit des
gegenwärtigen Verfahrens am schnellsten einzugestehen.

"Mit der so genannten Kulanzregelung fällt die Bundesregierung
60.000 Autofahrern in den Rücken. Insbesondere die rechtswidrige
Zusage des Fortbestandes von Steuervorteil und Feinstaubplakette
durch Sigmar Gabriel haben bei den Betrugsfilterherstellern die
Sektkorken knallen lassen. Mit dem heutigen Schreiben an die
Landesfinanzminister will die DUH den betroffenen Autohaltern zu
Ihrem Recht auf einen sofortigen und kostenfreien Austausch der
Betrugsfilter verhelfen", sagte Resch. Dieses unbestrittene Recht
werde von Werkstätten, Teilehändlern und Betrugsfilterherstellern
seit dem 28.11.2007 massiv hintertrieben, an dem Bundesumweltminister
Sigmar Gabriel in der Bundespressekonferenz erklärte, Steuerersparnis
und Feinstaubplakette sollen im Rahmen der "Kulanzregelung" auch dann
fortbestehen, wenn die Betrugsfilter nicht ausgetauscht werden. Resch
betonte, die von den Bundesministern Gabriel (Umwelt) und Tiefensee
(Verkehr) mit dem Teilehandel und dem Kraftfahrzeughandwerk
ausgehandelte "Kulanzlösung" habe nicht nur den Filteraustausch
flächendeckend gestoppt, sondern verstoße auch gegen Recht und
Gesetz. "Die Kulanzregelung hat den zuvor stattgefundenen Austausch
von Betrugsfiltern durch funktionierende Systeme zum Stillstand
gebracht. Die verantwortlichen Minister wollen ihr Scheitern nicht
zur Kenntnis nehmen. Gabriel und Tiefensee fallen damit den
betroffenen Autofahrern in den Rücken und verschlechtern ihren
Rechtsanspruch. In der Folge erwarten wir nun tausende einzelner
Rechtsverfahren, da nun der betroffene Autofahrer nachweisen muss,
dass ein individuell verbauter Filter mangelhaft ist. Der Fortbestand
dieser fatalen Regelung erzeugt jeden Tag neuen Unmut und
diskreditieren die Filternachrüstung insgesamt. So kann man die hohe
Feinstaubbelastung in unseren Städten nicht bekämpfen", sagte Resch.

In einem Schreiben an nachfragende "liebe Kunden" bezieht sich der
Hersteller GAT seit dem 28. November ausdrücklich und geradezu
lustvoll auf die an diesem Tag von Minister Gabriel verkündete
Entscheidung. Wörtlich schreibt GAT: "Wir freuen uns, Ihnen
mitzuteilen, dass die Bundesregierung ...dem Vorschlag verschiedener
Partikelfilterhersteller entsprochen hat. Damit wurde endlich für
alle Betroffenen Rechtssicherheit geschaffen. Fahrzeuge, bei denen
ein GAT EuroFilter nachgerüstet wurde, genießen weiterhin sämtliche
Steuervorteile und behalten die Umweltplakette. Auf die
Betriebserlaubnis der Fahrzeuge hat die erfolgte Nachrüstung
selbstverständlich keinen Einfluss." Resch: "Also alles gut, nur
filtern tut er nicht."

Insbesondere die großen freien Werkstattketten Vergölst, PitStop
und A.T.U. missbrauchen die Kulanzregelung, um sich aus der
Verantwortung zu stehlen. Weil Steuerförderung und Umweltplakette
nach dem Gabriel-Modell auch bei nicht funktionierenden Filtern
erhalten bleiben, verweist etwa das "Beschwerdemanagement" von A.T.U.
(Auto Teile Unger) bereits am Tage der Bekanntmachung der
rechtswidrigen "Kulanzregelung" (28.11.2007) schriftlich seine Kunden
darauf, dass ein Austausch nicht notwendig sei - jedenfalls solange
die Politik nicht anders entscheide. Zynisch interpretiert der
Marktführer unter den Werkstattketten die Regelung wie folgt:
"Derzeit ist davon auszugehen, dass für alle bereits verbauten
Filtersysteme sowohl die Steuerförderungen als auch die
Umweltplaketten erhalten bleiben." Auch von der Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustands (auf die jeder Betroffene ein Anrecht hat)
rät A.T.U. ab, weil dann "auch der steuerliche Vorteil und die
Umweltplakette verloren gehen." Resch: "Im Klartext heißt das,
solange die Kulanzregelung gilt und die Regierung rechtswidrig den
betroffenen Bürgern ihren Schutz verweigert, findet der Austausch
nicht oder nur im Ausnahmefall statt". Der eigentliche Grund der
Nachrüstförderung, die Entlastung der Ballungszentren von tödlichem
Feinstaub, gerate so vollkommen aus dem Blickfeld.

Nach Recherchen der DUH sind die von den betroffenen
Betrugsfilterherstellern für Anfang 2008 angekündigten
"Neuentwicklung funktionsuntüchtiger Filtersysteme" eine Fata
Morgana. Offensichtlich kennen weder die durch das KBA zertifizierten
Prüflabors noch das Kraftfahrtbundesamt selbst diese angeblichen
neuen Systeme. Allein das Prüf- und Zulassungsverfahren dauert aber
vier bis sechs Monate. Es werde offensichtlich "mit neuerlichen
Lügen und Falschaussagen weiter auf Zeit gespielt", so Resch. "Und
die Bundesregierung vertraut lieber den nicht gelebten Zusagen, als
dass sie die Realität in den Werkstätten und die rechtliche Lage zur
Kenntnis nimmt."

Die DUH rät betroffenen Autohaltern, in Absprache mit ihren
Anwälten, ihre Ansprüche gegenüber der Einbauwerkstätte rechtlich
einzufordern, um die Verjährungsfrist zu stoppen und einen Austausch
gegen ein lieferbares Alternativsystem kostenfrei zu erzwingen. Die
DUH rät den 70% der Betroffenen, für die ein Ersatzsystem eines
anderen, seriösen Herstellers lieferbar ist, auf den sofortigen
Austausch zu bestehen. Den ca. 30% der Autohalter, für die es derzeit
kein Ersatzsystem gibt, rät die DUH die Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustandes zu verlangen, da die eingebauten
Betrugsfilter in vielen Fällen nicht nur nicht filtern sondern den
Wiederverkaufswert des Fahrzeugs mindern und folgende negative Folgen
verursachen können: Erhöhter Spritverbrauch, massive Gefährdung des
Motors (durch den erhöhten Gegendruck), zum Teil extreme Erhöhung der
gasförmigen Luftschadstoffemissionen (insbes. CO und HC) die im
Einzelfall dazu führen kann, dass die Fahrzeug-ABE erlischt.

Auf Anfrage stellt die DUH die amtlichen Prüfprotokolle des
Kraftfahrtbundesamts zur Verfügung, mit denen die Autohalter vor
Gericht den Nachweis führen können, dass die eingebauten
Betrugssysteme nicht funktionieren (E-Mail: info@duh.de).

Außerdem wird die DUH ab sofort Werkstätten, die den Austausch
verweigern, auf einer "DUH-Schmuddelliste" im Internet unter
www.duh.de veröffentlichen.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0171 / 3649170, Fax: 030 / 258986-19, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 / 258986 -0, Mobil: 0171 / 5660577, Fax: 030 /
258986-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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