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"Vorratsdatenspeicherung ist ein willkürlicher Akt staatlicher Regulierung"

Geschrieben am 08-11-2007

Berlin (ots) -

Diskrepanz zwischen hoheitlichem Eingriff und Praxiswirkung
offensichtlich

Der Bundestag entscheidet am morgigen Freitag über das heftig
umstrittene Gesetzesvorhaben zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung.
Nachdem der Bundesrat keine Einwände gegen die geplanten gesetzlichen
Regelungen erhoben hat, steht damit zu befürchten, dass auch der
Bundestag den Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJ)
trotz zahlreicher Proteste von Datenschützern, Journalisten und der
Wirtschaft unverändert passieren lässt. Bereits im Jahre 2004 hat der
Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. angemahnt, dass die
angestrebte Speicherung von Vorratsdaten nicht nur die Grundrechte
von unschuldigen Bürgern einschränken, sondern darüber hinaus die
dadurch entstehende gigantische Datenmenge auch die Provider mit bis
zu dreistelligen Millionenbeträgen belasten würde. Schon damals
drängte sich der Eindruck auf, dass dem hektischen politischen
Aktionismus mit sachlichen Argumenten nicht beizukommen ist. Dieser
Eindruck wird sich aller Voraussicht nach morgen bestätigen. Die
Verabschiedung kommt einer Zäsur gleich

In seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vom 19. Januar 2007 (h
ttp://www.bvdw.org/fileadmin/medien/interessenvertretung/medienpoliti
sche_positionen/Stellungnahme_Vorratsdatenspeicherung_BVDW.pdf) hatte
der BVDW noch einmal eindringlich auf die Missstände der vorgelegten
gesetzlichen Regelungen sowie deren Unvereinbarkeit mit dem deutschen
und europäischen Recht hingewiesen. So verstößt die vorgesehene
verdachtsunabhängige Erhebung und Speicherung sensibler Verbindungs-
und Standortdaten bei der elektronischen Kommunikation gegen das
Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, Art.
1 GG ) und gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG). Das hat
unweigerlich zur Folge, dass der Bürger faktisch unter einen
Generalverdacht gestellt und zugleich die europarechtlich und
grundgesetzlich verbürgte Unschuldsvermutung zwangsläufig ad absurdum
geführt wird. Mit dieser Zäsur einher geht auch eine offensichtliche
Verletzung des verfassungsmäßig garantierten Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit zwischen hoheitlichem Eingriff und
Grundrechtsgarantie.

Verfahren vor dem EuGH könnte Vorratsdatenspeicherung schon 2008
kippen

Die praktische Umsetzung des Gesetzes wird mit enormen Kosten für
Unternehmen und Staat verbunden sein. Ersten Schätzungen zufolge wird
die Wirtschaft durch die angestrebte staatliche Datensammelwut mit
Kosten in zweistelliger Millionenhöhe sowohl für die Einrichtung der
technischen Infrastruktur als auch den jährlichen
Betriebskostenaufwand belastet. Angesichts des derzeitig noch
anhängigen Normennichtigkeitsverfahren gegen die EG Richtlinie
2006/24/EG vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), durch das das vom
Bundestag verabschiedete Gesetz schon im Jahr 2008 aller Voraussicht
nach wieder gekippt werden könnte, kann die erwartete Entscheidung
des Bundestags rational nicht mehr nachvollzogen werden.

"Ein Abwarten der Entscheidung des EuGH durch den Gesetzgeber wäre
sowohl hinsichtlich der offensichtlichen Verfassungswidrigkeit des
Gesetzesentwurfs als auch der Verletzung der Bürgerrechte sowie der
damit einhergehenden enormen finanziellen Belastung der Wirtschaft
sinnvoll und notwendig gewesen", urteilt Gerd M. Fuchs, Referent
Medienpolitik im BVDW.

Verbrechensbekämpfer sehen kaum Nutzen

Zudem sind die Effekte der geplanten Vorratsdatenspeicherung für
die Reduzierung der Kriminalitätsrate sowie den Schutz der Bürger vor
Rechtsverletzungen im Internet äußerst zweifelhaft. Das hat
ausgerechnet eine Studie des Bundeskriminalamts (BKA) nachgewiesen.
Demnach kann die Vorratsdatenspeicherung die durchschnittliche
Aufklärungsquote "von derzeit 55 Prozent im besten Fall auf 55,006
Prozent" erhöhen. "Das verdeutlicht die Unverhältnismäßigkeit, mit
der hier zu Werke gegangen werden soll. Die Diskrepanz zwischen der
Schwere des geplanten staatlichen Eingriffs und dem zweifelhaften
Nutzen einerseits sowie den damit verbundenen lassen die Einführung
der Vorratsdatenspeicherung zu einem willkürlichen Akt staatlicher
Regulierung bar jeder Vernunft", so BVDW-Präsident Arndt Groth.

Heute in Deutschland morgen in der ganzen Welt

Ein Akt mit weitreichenden Folgen allerdings. Denn wenn die
Bundesregierung wie geplant der Cybercrime-Convention
("Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität") beitritt,
würden die in Deutschland erhobenen Daten grundsätzlich auch weiteren
52 Staaten in Europa und weltweit zur Verfügung stehen, da
Deutschland dazu verpflichtet wäre, unverzüglich jeder Anforderung
von Kommunikationsdaten durch ausländische Ermittlungsbehörden Folge
zu leisten. Damit wäre zugleich jedwede rechtsstaatliche Sicherung
der Datenhoheit ausgehebelt. "Es ist nicht verwunderlich, dass
Verbände, Initiativen und auch die breite Öffentlichkeit gegen diesen
hoheitlichen und nicht nachzuvollziehenden Schnellschuss zu Felde
ziehen", konstatiert Arndt Groth. "Angesichts der enormen Tragweite
des geplanten Gesetzes wäre eine Verabschiedung grob fahrlässig."

Über den BVDW:

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ist die
Interessenvertretung aller am digitalen Wertschöpfungsprozess
beteiligten Unternehmen.

Der BVDW steht im ständigen Dialog mit Politik, Öffentlichkeit und
anderen Interessengruppen (Verbraucherorganisationen, andere
Branchenverbände etc.), um ergebnisorientiert, praxisnah und effektiv
die dynamische Entwicklung der Branche zu unterstützen.

Zudem bietet der BVDW ein Expertennetzwerk, das Unternehmen und
Interessierten innerhalb wie außerhalb der Branche schnell und
gezielt Antworten auf konkrete Fragestellungen rund um die Lösungen
der Digitalen Wirtschaft liefert.

Der BVDW bietet ein umfangreiches Service- und
Informationsportfolio für seine Mitgliedsunternehmen. Er hat sich zur
Aufgabe gemacht, Effizienz und Nutzen digitaler Technologien
transparent zu machen und so den Einsatz in der Gesamtwirtschaft,
Gesellschaft und Administration zu fördern.

Originaltext: BVDW Bundesverband Digitale Wirtschaft
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6862
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6862.rss2

Pressekontakt:
Christoph Salzig, Pressesprecher
Tel. 0211 60 04 56 -26, Fax: -33
Mobil 0177 8 52 86 16
mailto: salzig@bvdw.org

Gerd M. Fuchs, Referent Medienpolitik
Tel. 030 88 00 78 -37, Fax: -33
mailto: fuchs@bvdw.org


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