(Registrieren)

Ein Robert-Koch-Moment/taz-Kommentar von Ingo Arzt zum Covid-19-Impfstoff

Geschrieben am 09-11-2020

Berlin (ots) - Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit erweist sich ein Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie als wirksam in der breiten klinischen Anwendung. Ist das ein historischer Moment, so wie Robert Kochs Entdeckung des Tuberkulose-Erregers, oder nur der Versuch, einen herbeizuschreiben?

Immerhin ist sicher, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Coronapandemie zwei Unternehmen sehr gute Daten aus der entscheidenden dritten Stufe einer klinischen Studie veröffentlichen, die zeigen: Da wirkt ein Impfstoff gegen Sars-CoV-2. Die deutsche Biontech hält die Patente und hat es gemeinsam mit dem amerikanischen Partner Pfizer als Erste geschafft. Der ironische Nebeneffekt der Geschichte: Just in der Woche, in der Donald Trump, der Zerstörer des Multilateralismus, abgewählt ist, zeigen zwei Unternehmen, wie ­segensreich internationale Zusammenarbeit ist.

Es ist praktisch auszuschließen, dass die Angaben zur Wirksamkeit nur ein PR-Gag der Unternehmen sind, das würde sofort auffallen und wäre kapitaler Selbstmord: Zulassungsbehörden aus aller Welt werten die Ergebnisse der Impfstudien parallel aus, sie erhalten sämtliche Rohdaten aus den Kliniken weltweit, die über 30.000 Proband*innen geimpft haben, direkt und ungefiltert. Dennoch sind entscheidende Fragen offen, vor allem zur Sicherheit des Impfstoffs. Daran könnte er noch scheitern.

Doch sollte er Erfolg haben, ist der 9. November 2020 eben der Tag, der zum Symbol des Durchbruchs einer Technologie wird. Nach fast 30 Jahren Forschung und Entwicklung könnten individuell angepasste Impfstoffe auf Basis der mRNA-Technologie bald auch gegen verschiedene Formen von Krebs wirken. Doch zwei nicht unerhebliche Einschränkungen sind zu beachten: Es gibt derzeit zwar keinen Grund anzunehmen, dass Impfstoffe auf mRNA-Basis unerwartete Nebenwirkungen haben. Es gibt aber auch keinen Vergleichsfall. Dass ausgerechnet ein Impfstoff auf Basis einer neuen Technologie bald vorläufig zugelassen und millionenfach verabreicht wird: da braucht es sehr viel und verständliche Aufklärung zur Sicherheit und strenges Monitoring.

Der zweite Punkt: Massen von Impfstoff müssen bei minus 70 Grad gelagert werden. Selbst ein Industrieland wie Deutschland kann ihn nicht einfach ins bestehende System kippen. Das macht eine globale Verteilung umso komplizierter. In Ländern des Globalen Südens drohen Hunderte Millionen Menschen in extreme Armut zu fallen, wenn dort die Pandemie nicht schnell gestoppt wird. Doch ausgerechnet sie werden von dem Hightech-Impfstoff zunächst am wenigsten profitieren.

Pressekontakt:

taz - die tageszeitung
Nina Apin
Telefon: +49 30 25902 255
meinung@taz.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/42630/4757859
OTS: taz - die tageszeitung

Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

755792

weitere Artikel:
  • Jörg Meuthen: Mutmaßliche Wahl Bidens nicht zum Anlass nehmen, auf Nord Stream 2 zu verzichten Berlin (ots) - Nach dem mutmaßlichen Sieg Bidens drängen deutsche Politiker auf den Verzicht von Nord Stream 2. So meinte der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, dass Nord Stream 2 als deutsches Projekt viel Vertrauen ,,für eine europäische Handlungsfähigkeit'' zerstört habe. Prof. Dr. Jörg Meuthen, Leiter der AfD-Delegation im EU-Parlament und Bundessprecher der AfD, zeigt hierfür keinerlei Verständnis: ,,Noch ist Joe Biden nicht zum US-Präsidenten gewählt worden. Die Indizien, dass es Wahlmanipulationen gab, häufen sich. Deshalb sollte mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu Strafzöllen Halle (ots) - Dass eine Handelspolitik nach dem Motto "Mein Wein wird teurer, also mach ich deinen auch teurer" reichlich wenig mit Partnerschaft zu hat, liegt auf der Hand. Boshaft formuliert: Das hat der scheidende US-Präsident nun davon, dass er von Europa mehr Selbstbewusstsein haben wollte. Tatsächlich beschädigt diese Art von gegenseitigem Behindern beide Seiten. Umso größer sind die Hoffnungen in Brüssel und den anderen Regierungshauptstädten der Union, dass mit Joe Biden nicht nur ein neuer Ton, sondern auch der Abbau des Protektionismus mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu USA - Deutschland Halle (ots) - Freundschaft gibt es unter Nationen ohnehin nicht. Es gibt Interessen und Werte, die übereinstimmen können. Zu diesen Gemeinsamkeiten kann das deutsch-amerikanische Verhältnis zurückkehren. Die Zukunft liegt in einer transatlantischen Partnerschaft, die diesen Namen verdient. Amerika und Europa brauchen einander - dringend. In einer Welt, in der immer mehr Menschen vor Armut, Krieg und den Folgen des Klimawandels flüchten, bedarf es einer transatlantischen Allianz der Vernunft, die dafür sorgt, dass globale Institutionen wie Welthandelsorganisation, mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu Corona und Impfen Halle (ots) - So weit, so gut. Doch es ist absehbar, dass der Impfstoff am Anfang noch nicht einmal ausreichen wird, die ausgewählten Personengruppen vollständig zu impfen. Es bedarf also einer weiteren Priorisierung innerhalb der Gruppen, und das birgt Sprengstoff: Kranken- oder die Altenpfleger zuerst? Polizisten oder Lehrer? Eine 95-jährige, bettlägerige Frau oder ein junger Mann mit einer transplantierten Niere? Darauf gibt es noch keine Antworten. Sie sind aber dringend erforderlich, um Transparenz und Vertrauen zu schaffen. Dazu gehört, mehr...

  • "nd.DerTag": Zwischen Medizin und Moral - Kommentar zu den Vorschlägen zu einer Covid-19-Impfstrategie Berlin (ots) - Gutes Timing oder einfach nur Zufall? Der Pharmariese Pfizer informiert per Pressemitteilung, dass der von Biontech entwickelte neuartige Covid-19-Impfstoff in einer laufenden Zulassungsstudie einen 90-prozentigen Impfschutz aufgebaut habe. Und zur gleichen Zeit gibt es eine gemeinsame Empfehlung der hiesigen Impfkommission, des Ethikrates und der Nationalakademie Leopoldina, wie man den Zugang zu den Impfstoffen regeln soll. Das Vorgehen hierzulande ist in gewisser Weise ein Novum. Denn seit dem Ende der Pocken und der Kinderlähmung mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht