(Registrieren)

50 Jahre halbleere Versprechungen / 0,7 Prozent-Ziel zur Finanzierung globaler Armutsbekämpfung immer noch nicht erreicht

Geschrieben am 22-10-2020

Berlin (ots) - Weltweit starben im Jahr 2019 annähernd 700.000 Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion. Das sind immer noch viel zu viele, aber ohne die seit 2000 vereinbarten und realisierten Gegenmaßnahmen wären es nach epidemiologischen Projektionen über drei Millionen! Derzeit können 70 Prozent der Neugeborenen in den Niedrigeinkommensländern damit rechnen, das 60. Lebensjahr zu erreichen, während es vor der Vereinbarung der Millenniums-Entwicklungsziele im September 2000 kaum mehr als 50 Prozent waren.

Beispiele wie diese belegen die Auswirkungen globaler Armut und lassen sich schier endlos fortsetzen. Sie verdeutlichen aber auch wie wichtig globale Anstrengungen zur Armutsbekämpfung sind und was sie bewirken können. Sie sind heute, auch durch die von der COVID-19-Pandemie ausgelöste Situation, wichtiger denn je.

Mit der Resolution 2626 der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1970 haben sich die Staaten mit hohen Prokopfeinkommen dazu verpflichtet, mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzubringen. Das zur globalen Armutsbekämpfung festgesetzte Ziel sollte im Jahre 1975, spätestens 1980 erreicht sein. Doch verfehlen die meisten wirtschaftlich privilegierten Staaten die 0,7 Ziele.

Die Verpflichtungserklärung wird in wenigen Tagen 50 Jahre alt. Nur wenige Länder, darunter Großbritannien, Schweden und Norwegen, haben den UN-Richtwert von 0,7 Prozent erreicht. Gerade viele Hocheinkommensländer mit großen Volkswirtschaften wie die USA, Japan und leider auch Deutschland sind nicht darunter.

So bleibt der deutsche Beitrag im Vergleich zur Wirtschaftskraft erheblich hinter den durchschnittlichen Leistungen anderer europäischer Geberstaaten zurück. Zwar hat Deutschland seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Zuge der Nachtragshaushalte des Bundes substanzielle Erhöhungen vorgenommen, wodurch ungefähr 77 % des internationalen Zielniveaus für die Entwicklungszusammenarbeit erreicht werden konnten. Das reicht jedoch nicht, um den derzeitigen globalen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Erreichbarkeit der nachhaltigen Entwicklungsziele stand bereits vor Corona in weiter Ferne und benötigt zwingend eine zeitnahe Erfüllung der Zielmarke von 0,7 Prozent - insbesondere von den ökonomisch reichsten Nationen wie zum Beispiel Deutschland.

Nach den Angaben der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt die Höhe des deutschen Finanzierungsbeitrags im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit derzeit bei 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Problematisch an den Berechnungen der OECD ist jedoch, dass im Inland anfallende Kosten für Geflüchtete, Studienplätze und Verwaltung sowie vom Kapitalmarkt aufgenommene Kredite angerechnet werden, die mit einem Zinsaufschlag meist an Mitteleinkommensländer vergeben werden und nicht für die humane Entwicklung in den benachteiligten Ländern eingesetzt werden können. Die umfangreiche Nutzung von auf dem Kapitalmarkt aufgenommen Krediten als Anrechnung für finanzielle Leistungen in der Entwicklungszusammenarbeit wird nur von Deutschland und einigen wenigen weiteren Ländern praktiziert, weshalb diese Praxis besonders kritisch zu sehen ist, da Deutschland hier mit schlechtem Beispiel vorangeht.

Wenn man sowohl diese Kreditvergaben als auch die Inlandskosten vom deutschen Betrag abzieht, bringt Deutschland im Jahr 2019 nicht die von der OECD bezifferten 0,6 Prozent, sondern lediglich 0,43 Prozent der eigenen Wirtschaftskraft für Entwicklungszusammenarbeit auf. Für diese Berechnungsweise zeichnet sich bereits ab, dass der 0,7 UN Richtwert auch dieses Jahr und 2021 nicht von deutscher Seite aus erzielt werden wird.

Damit die Ziele der Agenda 2030 erreicht werden können, ist es unabdingbar, dass auch Deutschland seine eingegangenen Verpflichtungen erfüllt. Sonst laufen wir als Weltgemeinschaft Gefahr, die Verwirklichung der Agenda 2030 in sehr vielen Staaten zu verfehlen - mit weitreichenden negativen Konsequenzen für Millionen von Menschen sowie Natur und Umwelt. Die Minderleistungen Deutschlands und weiterer wirtschaftlich privilegierter Staaten stellen einen wesentlichen Bremsklotz für die vollständige Verwirklichung der vereinbarten Ziele dar.

Dass wir 50 Jahre nach der Verpflichtungserklärung immer noch an das eigentlich Selbstverständliche erinnern müssen, ist ein Misserfolg, der so nicht hinnehmbar ist.

Link zu der Präsentation einer Analyse von Deutschlands finanziellen Anstrengungen für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit von 1970 bis heute: https://ots.de/9jCxnT

Pressekontakt:

Peter Wiessner Tel: +49 (0) 30 53 67 998 44 Mob: +49 (0) 163 456 85
14; Email: mailto:wiessner@aids-kampagne.de; Aktionsbündnis gegen AIDS;
Rungestr. 19, 10179 Berlin

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/52831/4741286
OTS: Aktionsbündnis gegen AIDS

Original-Content von: Aktionsbündnis gegen AIDS, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

753350

weitere Artikel:
  • Gemeinsames Statement von BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt und den BÄK-Vizepräsidentinnen Frau Dr. Ellen Lundershausen und Frau Dr. Heidrun Gitter zum aktuellen Infektionsgeschehen Berlin (ots) - Berlin - Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens ist das deutsche Gesundheitswesen nach wie vor gut aufgestellt. Wir müssen allerdings sehr darauf achten, wie sich die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe bei Covid-19 entwickelt und jetzt die entsprechenden Schutzkonzepte für Menschen mit einem erhöhten Risiko anpassen. Das gilt insbesondere für die Orte, wo ältere Menschen zusammenleben, also beispielsweise in Seniorenheimen. Alle anderen älteren Menschen sollten im Umgang mit Anderen besondere Vorsicht walten mehr...

  • Bundeswehr legal hacken! / Interessierte IT-Sicherheitsforschende sind aufgerufen, bisher unentdeckte Sicherheitslücken gemäß der ab sofort geltenden Regeln aufzudecken und der Bundeswehr mitzuteilen Bonn (ots) - Die Bundeswehr betritt am 22. Oktober 2020 Neuland im Hinblick auf ihre IT-Sicherheit. Interessierte IT-Sicherheitsforschende sind dazu aufgerufen, bisher unentdeckte Sicherheitslücken durch "gutgesinnte Hackerangriffe" gemäß der ab sofort geltenden Regeln aufzudecken und der Bundeswehr mitzuteilen. Generalmajor Jürgen Setzer, Chief Information Security Officer der Bundeswehr (CISOBw), stellt im Interview die neue Policy vor. Diese schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen, um auf Schwachstellen in eigenen Netzwerken und auf Servern mehr...

  • "nd.DerTag": Ökonom Rudolf Hickel warnt vor Folgen eines flächendeckenden Lockdowns Berlin (ots) - Der Ökonom Rudolf Hickel warnt vor den Folgen eines erneuten flächendeckenden Lockdowns. "Ein flächendeckender Lockdown, wie es ihn im Frühjahr mit der Schließung von Geschäften, der Gastronomie und der Reisebranche gab, würde zur Demontage von Unternehmen,zu Massenarbeitslosigkeit, sozialer Spaltung und politischer Destabilisierung führen", erklärt Hickel im Interview mit der Zeitung "nd.DerTag" (Freitagausgabe). Die Schäden in der Wirtschaft seien bereits jetzt sehr groß. "Besonders kleine und mittlere Betriebe, die auch die lokale mehr...

  • bpa: Schnelltests für Pflegekräfte, Pflegebedürftige und Besucher schaffen mehr Sicherheit / Pflegeeinrichtungen bereiten sich auf den umfangreichen Einsatz von Schnelltests vor Berlin (ots) - "Pflegebedürftige alte Menschen gehören zusammen mit den Pflegekräften zu den am stärksten gefährdeten Risikogruppen. Aus gutem Grund ist bisher alles getan worden, um genau diese Menschen besonders zu schützen. Der gezielte Einsatz von Schnelltests kann ein wichtiger Beitrag sein, Besuche in Heimen auch in der schnell wachsenden Zahl an Regionen mit einem hohen Anteil infizierter Menschen zu ermöglichen und damit soziale Kontakte verantwortungsbewusst zu ermöglichen", sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter mehr...

  • Brand: Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments - wichtige Unterstützung für belarusische Opposition Berlin (ots) - Gratulation den mutigen Preisträgerinnen Das Europäische Parlament verleiht seinen renommierten Sacharow-Preis in diesem Jahr an die Opposition in Belarus. Dazu erklärt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand: "Das ist eine richtig gute Entscheidung. Mit der Verleihung des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments an die Opposition in Belarus setzen die Parlamentarier ein starkes Zeichen der Unterstützung und Solidarität mit der mutigen belarusischen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht