(Registrieren)

Das Rebhuhn verschwindet: NABU reicht EU-Beschwerde gegen Deutschland ein / Bestand um über 90 Prozent eingebrochen - Bund und Länder verletzen seit Jahrzehnten die EU-Vogelschutzrichtlinie

Geschrieben am 02-10-2020

Berlin (ots) - Am heutigen Freitag reicht der Naturschutzbund Deutschland (NABU) eine offizielle Beschwerde gegen Deutschland bei der EU-Kommission ein. Es geht um den dramatisch schlechten Zustand des Rebhuhns, der in erster Linie auf die fehlgeleitete Agrarpolitik zurückzuführen ist. Seit 1980 ist das Rebhuhn um 91 Prozent zurückgegangen. Nach Ansicht des NABU verstoßen Bund und Länder damit gegen die in der EU-Vogelschutzrichtlinie festgeschriebene Anforderung, einen guten Erhaltungszustand aller wildlebenden Vogelarten zu erreichen und dafür angemessene Maßnahmen zu treffen.

"Das Schicksal des Rebhuhns ist ein besonders eindrückliches Beispiel für die miserable Umsetzung dieser EU-Verpflichtungen in Deutschland. Wie bei vielen anderen Feldvogelarten und bei den Insekten raubt die durch Subventionen fehlgesteuerte Landwirtschaft der Art Lebensraum und Nahrung", erklärt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger, "Unzählige wissenschaftliche Studien, Pilotprojekte und Vorschläge der letzten Jahre- und Jahrzehnte haben hier keine Veränderung der Agrarpolitik bewirkt. Wir verlangen jetzt rechtliche Schritte der Europäischen Kommission, damit die Regierungen von Bund und Ländern nicht mehr einfach wegsehen können." Es sei bekannt und erprobt, wie man das Rebhuhn retten könnte, betont der NABU-Präsident mit Verweis auf in der EU-Beschwerde ausführlich zitierte Studien. Es fehle allein am Umsetzungswillen.

Als eine wichtige Maßnahme fordert der NABU, dass mindestens zehn Prozent der Agrarlandschaft als Lebensraum für das Rebhuhn und die ländliche Artenvielfalt reserviert werden. Dies sollte künftig auch zu einer Grundbedingung für die Auszahlung von Flächenprämien an landwirtschaftliche Betriebe werden. Die im Oktober anstehenden Abstimmungen der Agrarminister und des Europaparlaments über die künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bieten die Chance, dies EU-weit festzulegen. Gelingt dies nicht, muss Deutschland nationale Regelungen erlassen, ansonsten droht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Der NABU appelliert an Agrarministerin Julia Klöckner und ihre Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, die Landwirtschaft nach dem Desaster im Düngerecht nicht sehenden Auges in ein weiteres Problem mit der EU-Justiz zu führen.

Das Rebhuhn ist ein typischer Feldvogel, der früher in allen Agrarlandschaften Deutschlands vorkam. Drei Millionen Paare dürften es in den 1950er Jahren gewesen sein. Übrig geblieben ist ein kümmerlicher Rest zwischen 21.000 und 37.000 Paaren, etwa ein Prozent des damaligen Bestands. Wichtig für das Überleben von Rebhühnern sind ungemähte und ungespritzte Flächen, in denen die Weibchen gut versteckt vor Räubern wie Füchsen brüten können, und insektenreiche Blühflächen, auf denen die pro Gelege bis zu 20 Küken ausreichend Nahrung finden. Solche Flächen werden immer seltener. Daher reicht der heutige Bruterfolg der Hühnervögel nicht mehr aus, um den Bestand zu erhalten.

"Der Rückgang des Rebhuhns ist nicht nur ein Verlust für alle Menschen, die diesen Vogel nicht mehr erleben können, er ist vor allem ein Alarmsignal für das Fehlen von Insekten und Wildkräutern in der zu intensiv genutzten Agrarlandschaft. Hier ist der Naturhaushalt aus den Fugen geraten, denn Pestizide können vielleicht Schädlinge aufhalten, aber kein funktionierendes Ökosystem ersetzen", so Lars Lachmann, Leiter Vogelschutz des NABU. Nach Einschätzung des NABU müsste es für einen guten Erhaltungszustand wieder mindestens 335.000 Rebhuhn-Paare geben. Zwar setzen die Bundesländer bereits heute erste Schutzmaßnahmen für das Rebhuhn um. Um damit die Art zu retten, müsste dies aber auf einer mindestens zwanzigmal so großen Fläche wie bisher geschehen.

Mehr Infos: http://www.NABU.de/rebhuhnbeschwerde

Pressekontakt:

Lars Lachmann, Leiter Vogelschutz und Ornithologie, Mobil + 49 (0)172.91 08
275, E-Mail: lars.lachmann@NABU.de

Trees Robijns, NABU-Expertin für Agrarpolitik, Mobil +49 (0)173-4726122,
E-Mail: trees.robijns@NABU.de

NABU-Pressestelle Britta Hennigs | Silvia Teich
Tel. +49(0)30.28 49 84-1722 | -1588
E-Mail: presse@NABU.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/6347/4723134
OTS: NABU

Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

750675

weitere Artikel:
  • Stimmt die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt doch für die Erhöhung des Rundfunkbeitrags? Ministerpräsident Reiner Haseloff im journalist: "Der Meinungsbildungsprozess läuft" Bonn (ots) - Stimmt das Parlament in Sachsen-Anhalt der Erhöhung des Rundfunkbeitrags doch noch zu? Im Interview mit dem Medienmagazin journalist rückt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) von der grundsätzlich ablehnenden Haltung ab. Noch könne er nicht sagen, wie seine Fraktion abstimmen werde. "Der Meinungsbildungsprozess läuft", so Haseloff im journalist-Interview. Bislang galt als sicher, dass die CDU als größte Regierungsfraktion in Sachsen-Anhalt die Erhöhung des Rundfunkbeitrags ablehnt. Zuletzt hatte der medienpolitische mehr...

  • "Nutzhanf ist kein Suchtstoff"- EIHA unterstützt Forderung von Dr. Kirsten Tackmann MdB an die Bundesregierung Brüssel / Köln (ots) - Der Europäische Industriehanf-Verband EIHA stellt sich uneingeschränkt hinter das Statement "Nutzhanf ist kein Suchtstoff" von Dr. Kirsten Tackmann MdB. In einer Pressemitteilung vom 29. September 2020 fordert die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE die Bundesregierung auf ... "[...] deutlich zu machen, dass Nutzhanf kein Suchtstoff ist. Gerade während ihrer Ratspräsidentschaft muss sie sich klar bekennen, um die Erschließung der vielfältigen Potenziale dieser uralten Ackerkultur nicht länger durch mehr...

  • Adolf Bauer: "Deutsche Einheit im Inneren ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe" Berlin (ots) - - 30 Jahre Deutsche Einheit: Schaffung einheitlicher Lebensbedingungen bleibt Daueraufgabe - Sozialverband Deutschland setzt sich seit über 100 Jahren für Freiheit und gegen Diktatur ein "Nach 30 Jahren staatlicher Einheit sind die Angleichungen zwischen Ost und West in vielen Sozialsystemen auf der Zielgeraden", betonte SoVD-Präsident Adolf Bauer anlässlich des morgigen Tages der Deutschen Einheit. "Dennoch bleiben viele offene Baustellen: Armutsrisiko, Löhne, Renten, Kitaplätze, Unternehmenssitze, Universitäten. mehr...

  • Pandemie-Bewältigung und Handlungsbedarfe in der ambulanten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung Berlin (ots) - Vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Pandemie haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ein gemeinsames Positionspapier zu grundlegenden Handlungsbedarfen in der ambulanten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung vorgelegt. Ziel des konzeptionellen Vorstoßes der beiden Bundeskörperschaften ist es, Erfahrungen und Erkenntnisse der vergangenen Monate zu nutzen, um die Krisenreaktionsfähigkeit des ambulanten Versorgungssektors in seiner Gesamtheit zu festigen mehr...

  • Kommunikation - bei der IT-Ausstattung von Schulen ein Fremdwort: Der Fall der Georg-Büchner-Schule, Frankfurt-Bockenheim Frankfurt am Main (ots) - Bereits am 21.09.2020 wurde dem Ortsbeirat 2, in dem die Frankfurter PIRATEN durch Lothar Krauß vertreten sind, der "digitale Notruf" der Georg-Büchner-Schule in Bockenheim vorgelegt. Mit rund 1.100 Schülerinnen und Schülern handelt es sich bei dieser Schule um einen zentralen Ankerpunkt für viele Kinder und Jugendliche. Doch insbesondere die letzten Monate haben gezeigt, wie schwer die Schule um zeitgemäße IT-Ausstattung und deren Bereitstellung zu kämpfen hat. Die Ursache ist nicht die Corona-Krise, das Problem besteht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht