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Corona-Löcher in Bayerns Haushalt/Die jüngste Steuerschätzung zwingt den Freistaat zu neuen Schulden. Das ist richtig. In der Krise zählt nicht die schwarze Null.Leitartikel von Christine Schröpf

Geschrieben am 11-09-2020

Regensburg (ots) - Die Corona-Krise treibt den Freistaat in hohe neue Schulden. Die jüngste Steuerschätzung zeigt, dass das auf Jahre so bleiben wird. Die Prognosen für 2021 und 2022 haben sich gegenüber dem Frühjahr noch einmal eingetrübt. In den kommenden beiden Jahren droht ein weiteres Steuerminus von 7,6 Milliarden, das sind 2,4 Milliarden Euro mehr als bisher befürchtet. So lange die Pandemie nicht durch einen Impfstoff entschärft ist, bleibt die wirtschaftliche Lage weltweit fragil. Damit steht und fällt der Wiederaufschwung im Exportland Bayern. Die Situation ist ernüchternd. Umso wichtiger ist, dass Finanzminister Albert Füracker beim Verkünden der Steuerzahlen keinen Zweifel ließ, dass die bayerische Regierung der Krise mit unvermindert starken Finanzhilfen begegnen wird. Das letzte Wort in Etatfragen spricht zwar der Landtag, doch angesichts der Koalitionsmehrheit aus CSU und Freien Wählern kann als sicher gelten, dass dafür die Schuldenbremse wenigstens 2021 erneut ausgesetzt wird. Corona verursacht jene Not, bei der die Verfassung zu Recht Ausnahmen vom schuldenfreien Haushalt gestattet. Viele Hilfspakete sind bereits geschnürt, weitere müssen folgen. Zur Wahrheit zählt leider, dass es auch im Freistaat selbst bei höchsten Anstrengungen weitere Verlierer der Wirtschaftskrise geben wird. Die Meldungen häufen sich. Conti und Vitesco wollen in Regensburg bis zu 2100 Arbeitsplätze streichen. Bei Siemens im Ruhstorf stehen über 300 Jobs im Feuer. Nicht zu vergessen, die vielen kleinen Unternehmer, wie etwa Club- und Discothekenbesitzer, die ohne Perspektive sind. Vergleichsweise unwichtig ist vor diesem Hintergrund, dass Corona Bayern in Sachen Schuldenabbau um Jahrzehnte zurückwirft. Der langjährige Finanzprimus unter den Bundesländern hatte seine Schulden durch Sparen, vor allem aber durch stets sprudelnde Steuereinnahmen bis Ende 2019 inklusive der BayernLB-Altlasten auf 26,9 Milliarden Euro heruntergeschraubt. Nun könnten allein die Kreditermächtigungen für den Corona-Sonderfonds die Summe annähernd verdoppeln. Vom schuldenfreien Haushalt, einst vom ehemaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer propagiert, ist man weiter entfernt als je zuvor. Die Sparbemühungen waren trotzdem nicht umsonst. Sie verschaffen dem Freistaat, der im Bundesvergleich mit bis heute 2642 Toten und 60986 Infizierten von Corona am heftigsten betroffen ist, finanziellen Spielraum und die Chance, so gut als irgend möglich aus der Krise zu kommen. Wo bei den Haushaltsdebatten der nächsten Wochen und später dann im Bundestagswahljahr 2021 die politischen Frontlinien verlaufen werden, zeigen erste Reaktionen. Die Grünen fordern mehr Geld für die Kommunen, warnen Regierungschef Markus Söder ansonsten vor neuen Wahlgeschenken à la Familiengeld, Pflegegeld und "Strabs". Die BayernSPD macht sich für ein zusätzliches Konjunkturpaket stark, das Investitionen vorzieht, ökologische Kaufprämien und mehr ÖPNV-Förderung bringt. Grundsätzlich besteht also parteiübergreifend Konsens, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die Uneinigkeit beginnt erst dort, wo es um die Gegenfinanzierung geht. Die SPD wünscht etwa Steuererhöhungen für Besserverdienende. Das wäre allerdings mitten in der Krise tatsächliche der falsche Weg. Darüber sollte gerungen werden, sobald die Pandemie vorüber ist. Im Fokus müssen nun allein die Sorgen der Bürger stehen - schon um extremen politischen Kräften den Boden zu entziehen. Auch die AfD versucht bereits, von wachsenden Unzufriedenheiten zu profitieren. Jedem Bürger, der wegen einzelner Pandemie-Maßnahmen zornig ist, sollte aber klar sein: Wenn die AfD das Sagen hätte, wäre die Lage im Land unendlich schlechter. Das Beispiel USA beweist, wie wenig das schlichte Ignorieren von Covid-19 bringt.

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