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Monitor: Hochgiftige Exporte - Europäische Konzerne exportieren zehntausende Tonnen an Pestiziden, die in der EU nicht zugelassen sind

Geschrieben am 10-09-2020

Köln (ots) - Im Jahr 2018 haben deutsche und europäische Chemiekonzerne den Export von über 81.000 Tonnen an Pestiziden gemeldet, die in der EU nicht zugelassen sind. Die hochgiftigen Stoffe gingen vor allem in Schwellenländer. Das geht aus einer Erhebung der Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Public Eye und Unearthed hervor, die dem ARD-Magazin MONITOR (Das Erste, 10.09.2020, 21.45 Uhr) vorliegt. Fachleute kritisieren doppelte Standards und werfen den Unternehmen vor, die schwächere Regulierung in ärmeren Ländern auszunutzen.

Public Eye und Unearthed stützen ihre Erkenntnisse auf die systematische Analyse sogenannter Exportnotifikationen. Damit müssen europäische Unternehmen anzeigen, dass sie in Europa nicht zugelassene Pestizide exportieren wollen. Den Daten zufolge wurden im Jahr 2018 Exportnotifikationen für 41 Chemikalien erstellt, die in der EU nicht zur Anwendung als Pestizide oder Agrarchemikalien zugelassen sind. Darunter sind auch extrem giftige Stoffe wie das Pestizid Paraquat, das schon bei geringem Kontakt schwere Langzeitschädigungen hervorrufen kann. "Zum ersten Mal waren wir in der Lage, alle Exporte von Pestiziden, die als zu gefährlich für den Einsatz in der EU gelten, in andere Länder zu erfassen", sagt Laurent Gaberell von Public Eye. "Und was wir gefunden haben, ist ziemlich schockierend, weil wir nicht über eine oder zwei Chemikalien sprechen, sondern über eine ganze Reihe."

Deutschland steht den Recherchen zufolge an dritter Stelle der Exportnationen. Deutsche Unternehmen meldeten danach 2018 über 8.000 Tonnen in Europa nicht zugelassener Pestizide für den Export an. Zwei Drittel davon gingen in "Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen". Fachleute wie der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Pestizide, Baskut Tuncak, halten das für skandalös: "Es handelt sich bei dieser Doppelmoral um absichtlich geschaffene Schlupflöcher in der Gesetzgebung, die es der Industrie erlauben, weiterhin Auswirkungen auf Bevölkerungsgruppen außerhalb zu verlagern, die anfälliger für die Risiken toxischer Substanzen sind", meint Tuncak.

Das am meisten aus Deutschland exportierte Produkt war den Daten zufolge der Wachstumsregulator Dormex mit dem in Europa nicht für diesen Zweck zugelassenen Wirkstoff Cyanamid. Die bayerische AlzChem AG meldete den Export von fast 7.000 Tonnen des Produktes, häufig in Länder Südamerikas wie Peru, Mexiko und Chile. Cyanamid gilt als giftig beim Verschlucken und steht im Verdacht, Krebs zu verursachen und die Fruchtbarkeit sowie das ungeborene Leben zu schädigen.

Auch die deutschen Chemieriesen Bayer und BASF mischen den Daten zufolge beim Geschäft mit in der EU verbotenen Pestiziden mit. Der Bayer-Konzern etwa hat demnach 2018 den Export von rund 2.500 Tonnen aus Ländern der EU gemeldet, darunter vor allem Produkte mit dem Wirkstoff Acetochlor, der als giftig für Säugetiere gilt und im Verdacht steht, Krebs auszulösen. BASF exportierte unter anderem 200 Tonnen Produkte mit Tepraloxydim. Der Stoff steht im Verdacht, Krebs auszulösen und Kinder im Mutterleib zu schädigen. Die Konzerne betonen auf Anfrage von MONITOR, man halte sich an alle Vorschriften. Die Stoffe seien in den Empfängerländern zugelassen und bei richtiger Anwendung ungefährlich.

Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter Baskut Tuncak kennt viele Fälle von Vergiftungen gerade in Schwellenländern. Er fordert grundsätzliche Änderungen. Der Export von Pestiziden, die in Europa nicht zugelassen sind, müsse europäischen Konzernen grundsätzlich verboten werden, "Die Staaten sollten diese Schlupflöcher schließen und dafür sorgen, dass die Unternehmen innerhalb ihres Rechtsraumes nicht in der Lage sind, durch den Verkauf dieser zweifellos giftigen, schädlichen Pestizide und anderer Industriechemikalien Bevölkerungsgruppen anderswo auszubeuten", so Tuncak. Die Bundesregierung weist auf MONITOR-Anfrage jede Verantwortung von sich. Für die Zulassung außerhalb der EU seien die jeweiligen Staaten zuständig. Man greife "nicht in die Souveränität von Drittstaaten ein", sagte das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf MONITOR-Anfrage.

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