(Registrieren)

Alarm, Alarm / Kommentar von Friedrich Roeingh zur "zweiten Welle"

Geschrieben am 07-08-2020

Mainz (ots) - Sie hat das Zeug zum Unwort des Jahres: die zweite Welle. Nicht weil es falsch wäre, kritisch darauf zu schauen, wenn die Infektionszahlen wieder steigen. Es ist gut und richtig, darauf aufmerksam zu machen, wenn die Zahlen auf breiter Front nach oben gehen und nicht nur an lokalen Hotspots. Immerhin geht es um die Frage, ob steigende Sorglosigkeit bei einer kleinen, aber wachsenden Zahl von Leuten die Umsicht der überwältigenden Mehrheit infrage stellt. Die "zweite Welle" aber signalisiert einen Kontrollverlust, den es in Deutschland so wie zu Beginn der Pandemie nicht gibt und aller Voraussicht nach nicht wieder geben wird. Weil es damals keine Masken gab. Weil wir damals noch viel weniger über das Virus und über Covid 19 wussten. Weil dem tückischen Virus erst in der Dramatik des Lockdowns die leider nötige Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Von einem Kontrollverlust aber sind wir noch aus anderen Gründen weit entfernt. Weil sich die Menschen bei uns im Durchschnitt weit vernünftiger verhalten als zum Beispiel in Großbritannien oder Belgien. Weil der Bevölkerungsanteil, der sich gar nicht richtig schützen kann, in unserer sozialen Marktwirtschaft deutlich geringer ist als etwa in den USA. Weil kein Land der Welt ein so engmaschiges Netz von Gesundheitsämtern hat, die sich inzwischen auf der Höhe ihrer Aufgabe bewegen. Ein Hoch auf den Föderalismus! Wer in dieser Situation ständig die zweite Welle an die Wand malt, der programmiert die Gegenfrage: "Wo bleibt sie denn nun, Deine zweite Welle?" Der stärkt die Ignoranten und Verschwörungstheoretiker, anstatt sie zu schwächen. Noch zwei, drei solcher Anläufe überzogener Panikmache, dann droht uns auch die Aufmerksamkeit breiterer Bevölkerungsschichten wegzubrechen. Ausgerechnet zum Herbst und zum ersten Corona-Winter hin, der unsere Aufmerksamkeit und unsere Lernbereitschaft noch einmal ganz neu herausfordern wird. Schluss also mit der Erregungswelle um die zweite Welle. Wir haben noch jede Menge Instrumente, die Lage im Griff zu behalten: Wissenschaftliche Analyse und mediale Aufklärung, welches Verhalten welche Wirkung zeigt. Eine Ausweitung der Teststrategien - zum Beispiel auf Urlaubsheimkehrer und Lehrer. Gerne auch repressive Instrumente, wo diese angemessen sind - zum Beispiel saftige Bußgelder für Leute, die sich und andere im öffentlichen Nahverkehr nicht schützen wollen. Wir werden den Kampf gegen das Virus und auch den Kampf gegen seine schlimmen wirtschaftlichen Folgen nur bestehen, wenn die Bevölkerung so fokussiert bleibt wie bisher. Dafür brauchen wir auch Politiker, die sich wieder mehr erklären statt mit platten Drohungen um die Ecke zu kommen. Das ging schon mal besser, liebe Gesundheitsminister, liebe Ministerpräsidenten, werte Kanzlerin.

Pressekontakt:

Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485946
desk-zentral@vrm.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/65597/4673911
OTS: Allgemeine Zeitung Mainz

Original-Content von: Allgemeine Zeitung Mainz, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

743605

weitere Artikel:
  • zum Türkisch-Streit in der Schule Stuttgart (ots) - Bir kasik suda firtina kopariyorlar. Das ist türkisch und bedeutet auf deutsch: Es ist ein Sturm im Wasserglas. Denn die Aufregung um eine halbseitige Strafarbeit zum Thema "Warum wir in der Schule Deutsch sprechen" an einer Grundschule im baden-württembergischen 10 000-Einwohner-Städtchen Blumberg, die bis ins Kultusministerium schwappt, hat etwas Gewolltes, Übertriebenes. Wie eine halsstarrige Machtprobe - ausufernd und bei gutem Willen aller Beteiligter unnötig wie ein Kropf. Und so gilt auch in diesem Fall: Abgeklärte mehr...

  • Das Virus ist die Unsicherheit / Die Pandemie zwingt zu schnellen Entscheidungen. Doch Krisenhandeln sollte langfristig angelegt sein. Von Angelika Sauerer Regensburg (ots) - Die Corona-Krise ist eine Katastrophe und hätte genau deshalb für die Handelnden in Politik und Gesellschaft eine Chance sein können. Es wäre nicht das erste Mal, dass Entscheidungsträger von einer Situation profitieren, in der die Umstände so zwingend und existenziell sind, dass kein großer Spielraum für Fehler bleibt, wobei - aber das nur nebenbei bemerkt - einer wie Donald Trump sogar diesen traumwandlerisch sicher findet. Doch auch mit Blick auf Deutschland zeigt sich: Die Chance wurde nicht in dem Maße genutzt, wie man es mehr...

  • Kommentar / Europa darf sich nicht erpressen lassen = von Florian Rinke Düsseldorf (ots) - Je näher die US-Wahlen rücken, umso mehr lässt Präsident Donald Trump den Handelskonflikt mit China eskalieren. Ein Verbot von Tiktok und anderer chinesischer Apps würde eine Zweiteilung des Internets bedeuten. Der Gedanke eines weltumspannenden Netzes, das Informationen für alle frei zugänglich macht, wäre endgültig konterkariert. Es gibt gute Gründe dafür, die chinesische Digitalpolitik kritisch zu sehen. Das Land schirmt sein Netz nach außen hin ab, wer Zugang will, muss sich der Staatskontrolle unterwerfen. Das ist weder mehr...

  • Kommentar / Ferien 2020 - unser Corona-Sommer = Von Reinhard Kowalewsky Düsseldorf (ots) - So ganz kann die Sorge vor einem neuen Lockdown in den Niederlanden nicht verwundern. Als ich vor drei Wochen nördlich von Amsterdam in einem Strandort Urlaub machte, war schon verblüffend, dass in keinem Geschäft und keinem Restaurant Schutzmasken getragen wurden. Fazit: Angesichts des offensichtlich sehr lockeren Umgangs unserer westlichen Nachbarn mit der Pandemie ist der aktuell sehr steile Anstieg der Fallzahlen fast zwangsläufig. Für deutsche Urlauber und Ausflügler sind das schlechte Nachrichten. Ein breiter Lockdown mehr...

  • Wirtschaftsrat für Reiseverbot: Sinnlos und schädlich / Kommentar von Katja Bauer Freiburg (ots) - Ein zweiter Lockdown, auch wenn der erste im internationalen Vergleich eher locker war, würde enormen Schaden anrichten - wirtschaftlich und sozial. Nur so ist der praktisch und politisch kaum umsetzbare Vorschlag des CDU-nahen Wirtschaftsrates zu verstehen, ein Verbot für Reisen in Risikogebiete auszusprechen. Den Deutschen das Reisen zu verbieten, würde besonders im Osten furchtbare Erinnerungen wecken. (...) Zudem gab und gibt es im Inland Landkreise mit höheren Infektionszahlen als in manchen Risikogebieten. Und das Verbot mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht