(Registrieren)

Korrektur: Geldwäsche-Bekämpfung: Die Financial Intelligence Unit verliert offenbar ihren Chef

Geschrieben am 09-06-2020

Hamburg (ots) - Bitte beachten Sie die Korrektur der Schreibweise des Namen Christof Schulte im 1. Absatz, 1. Satz. Es muss richtig heißen Christof Schulte.

Es folgt die korrigierte Version:

Der Chef der Anti-Geldwäscheeinheit Financial Intelligence Unit, Christof Schulte, wird nach NDR Informationen offenbar seinen Posten räumen. Der Behörde, die dem Bundesfinanzministerium zugeordnet ist, droht derweil neuer Ärger mit den Landeskriminalämtern. Mittlerweile hat sich auch das Bundesjustizministerium in den Streit eingeschaltet.

Schulte soll entsprechend der NDR Informationen künftig eine neue Abteilung beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz leiten. Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist Deutschlands wichtigste Behörde im Kampf gegen Geldwäsche und dem Zoll unterstellt. Ein Sprecher der Generalzolldirektion sagte dem NDR, man äußere sich zu Einzelpersonalien grundsätzlich nicht.

Schulte war vor knapp zwei Jahren zu Deutschlands Zentralstelle im Kampf gegen Geldwäsche gewechselt. Sein Abgang ist bereits der zweite Wechsel an der Spitze der erst im Jahr 2017 von Grund auf neu organisierten Behörde. Die Einheit war damals vom Bundeskriminalamt zum Zoll gewechselt - und damit von der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums in die des Bundesfinanzministeriums.

Die FIU nimmt Geldwäsche-Verdachtsmeldungen von Banken, Händlern und anderen Verpflichteten entgegen, bewertet und filtert diese Meldungen und leitet sie dann an die zuständigen Staatsanwaltschaften oder Landeskriminalämter weiter. Dabei kam es immer wieder zu Problemen: Zunächst hakte die Software und Banken konnten Verdachtsmeldungen monatelang nur per Fax schicken. Zudem kämpfte die FIU um qualifiziertes Personal, konnte jahrelang seine Planstellen nicht besetzen. Und es stauten sich die nicht abschließend bearbeiteten Verdachtsmeldungen - ohne Weitergabe an Staatsanwaltschaften oder Landeskriminalämter startet keine Ermittlung. Die Ermittler kritisierten die Behörde dafür regelmäßig.

Schulte konnte einige dieser Probleme angehen: Er installierte Verbindungsbeamte bei den Landeskriminalämtern, um die Zusammenarbeit mit den Ermittlern zu verbessern. Außerdem sorgte er dafür, dass der FIU wichtige Polizei-Datenbanken zugänglich gemacht wurden, mit denen die Meldungen besser bewertet werden sollen.

Auch was den Stau an unbearbeiteten Meldungen angeht, schien die FIU auf einem besseren Weg. Den Durchbruch sollte ein neuer sogenannter "risikobasierter Ansatz" bringen: Der sieht vor, eingehende Verdachtsmeldungen nach verschiedenen Kriterien zu prüfen und dann priorisiert nach dem für die einzelne Meldung vermuteten Risiko weiterzuleiten. Die FIU erklärte dazu, dieser Ansatz und "die Konzentration auf Kernrisiken" mache die Behörde deutlich effektiver. Außerdem entspräche es "der internationalen Praxis der FIUs und wird von den einschlägigen europäischen Regelungen gedeckt".

In der Praxis, so heißt es aus Ermittlerkreisen, habe das aber dazu geführt, dass die Zahl der überhaupt weitergeleiteten Meldungen regelrecht eingebrochen sei. Ermittler sagten dem NDR, sie gingen davon aus, dass weniger als zehn Prozent aller Meldungen weitergeleitet werden. Vor einigen Jahren habe diese Quote noch bei mehr als 50 Prozent gelegen. Bei der FIU hieß es dazu, man könne "über die im FIU-Jahresbericht hinausgehenden statistischen Auswertungen" keine Zahlen zur Verfügung stellen. Über die Quote der weitergeleiteten Meldung ist offenbar vor wenigen Wochen ein Streit ausgebrochen. Mehrere Landeskriminalämter kritisierten nach NDR Informationen die FIU demnach unlängst in einer Schaltkonferenz dafür, dass seit Monaten kaum noch Meldungen bei ihnen ankämen. In der Konferenz sollen einzelne Ermittler die FIU vor rechtlichen Konsequenzen gewarnt haben. Durch liegen gebliebene Meldungen könnten Straftaten gegebenenfalls nicht erkannt werden. Die FIU liefe Gefahr, Strafvereitelung im Amt zu betreiben, sagten Ermittler dem NDR. Ein Sprecher der FIU sagte, den Inhalt von "internen, vertraulichen Besprechungen" kommentiere man nicht.

Auch zwei Landesjustizministerien haben sich inzwischen in den Streit eingeschaltet. Die beiden Behörden haben sich schriftlich an das Bundesjustizministerium gewandt, um darauf hinzuweisen, dass die FIU offenbar gegen bestehende Regularien verstoße. Das Bundesjustizministerium bestätigte auf Anfrage, dass die Schreiben dort bekannt seien, wollte sich aber inhaltlich nicht dazu äußern. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass man dazu im Austausch mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) stehe.

Eine Abfrage des NDR unter den Landeskriminalämtern bestätigt, dass die FIU seit Jahresbeginn immer weniger Geldwäscheverdachtsfälle an die Strafermittler weiterleitet. Zahlreiche Landeskriminalämter kritisierten zudem, dass die Berichte der FIU Mängel aufwiesen. So hieß es etwa vom LKA Hamburg, die "von der FIU angefertigten Analyseberichte genügen zumeist nicht den (...) Mindeststandards".

Für die FIU kommt der Wechsel an der Spitze zu einem ungünstigen Zeitpunkt. In der Behörde laufen die Vorbereitungen auf die sogenannte FATF-Prüfung: Die sogenannte Financial Action Task Force (FATF) ist das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, angesiedelt bei der OECD. In diesem Gremium versichern sich die Länder gegenseitig, bestimmte Standards einzuhalten.

Regelmäßig überprüft die FATF die Umsetzung der Standards und die Effektivität der Geldwäsche-Bekämpfung der Mitgliedsstaaten. In diesem Jahr ist Deutschland an der Reihe. "Diese Prüfung ist von enormer Relevanz, da die Ergebnisse der Prüfung das wirtschaftliche und politische Ansehen der Bundesrepublik Deutschland beeinflussen werden", schrieb das Bundesjustizministerium in einer Mitteilung zur FATF-Prüfung.

Wer Schulte nachfolgt, ist bislang unklar.

Pressekontakt:

Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
Tel.: 040 / 4156-2304
Mail: i.bents@ndr.de http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/6561/4618834
OTS: NDR Norddeutscher Rundfunk

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

736264

weitere Artikel:
  • Der Schwung des Neuanfangs / Kommentar von Susanne Leinemann zum Regelbetrieb in Schulen und Kitas Berlin (ots) - Kurzform: Alles wurde in Corona-Zeiten schmerzhaft vermisst. Eltern von kleinen Kindern brach die feste Betreuung weg. Vielen Schülern fehlte der Tagesrhythmus, und sie spürten zum ersten Mal, warum manche Dinge nur direkt im Unterricht vermittelbar sind. Insofern ist die Freude darüber, dass die Kitas und Schulen der Stadt nun schnell in den Regelbetrieb zurückkehren, groß. Auch wenn alle wissen, wie fragil die neue Wirklichkeit ohne Medikament und Impfstoff sein wird. Schön wäre aber, wenn wir die Sehnsucht nach guter Förderung mehr...

  • Seehofer-Urteil¶ Politisch falsch¶ Bielefeld (ots) - Carsten Heil¶ Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Fall Seehofer mag juristisch in Ordnung gehen. Politisch ist es das völlig falsche Signal. Was Rassismus aus einem Staat macht, können wir derzeit in den USA beobachten. Menschen mit dunkler Hautfarbe konnten und können nicht so leben, wie sie es wollen. Jetzt in der Corona-Krise und dem nachfolgenden Wirtschaftsdesaster sterben sie zu Zigtausenden, verlieren Millionen ihre Jobs. Die Demonstrationen dagegen und gegen brutale Polizeiwillkür Schwarzen gegenüber legen den mehr...

  • Der Schattenpräsident / Joe Biden taucht nach Wochen der Corona-Quarantäne wieder in der Öffentlichkeit auf. Doch nicht in der Rolle des Herausforderers Donald Trumps. Leitartikel von Thomas Spang Regensburg (ots) - Amerika droht in den Modus einer Dauerkrise zu geraten. Es bekommt die Covid-19-Pandemie nicht unter Kontrolle, die bereits mehr als 100 000 Menschenleben gefordert hat. Mit über 40 Millionen Arbeitslosen haben die wirtschaftlichen Probleme erst angefangen. Und die Massenproteste in Amerikas Städten nach dem Tod des Schwarzen George Floyd werden von einer so tief sitzenden Wut über strukturellen Rassismus angetrieben, dass kein schnelles Ende zu erwarten ist. Eine Pandemie wie 1918, Unruhen wie 1968 und Wirtschaftsprobleme wie mehr...

  • Urteil gegen Horst Seehofer - Nicht wirklich notwendig Straubing (ots) - Vor zwei Jahren hatte Karlsruhe in der Sache der CDU-Politikerin Johanna Wanka gegen die AfD bereits ein ähnliches Urteil gefällt. Die Partei, die gerne mal eine Überlastung deutscher Gerichte beklagt, muss sich also fragen lassen, ob dieses Verfahren wirklich notwendig war. Aber ein Anruf beim Ministerium hätte der AfD natürlich nicht so viel Aufmerksamkeit eingetragen wie der Gang nach Karlsruhe. Pressekontakt: Straubinger Tagblatt Ressort Politik/Wirtschaft/Vermischtes Markus Peherstorfer Telefon: 09421-940 4441 politik@straubinger-tagblatt.de mehr...

  • Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes - Mehr Prävention Straubing (ots) - Es geht keineswegs nur darum, Verstöße zu ahnden, sondern vor allem dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zu solchen kommt. Diskriminierung wird sich wohl nie ganz verhindern lassen. Doch ist mehr Prävention nötig, mehr Einfühlungsvermögen und Sensibilität im Umgang miteinander. Pressekontakt: Straubinger Tagblatt Ressort Politik/Wirtschaft/Vermischtes Markus Peherstorfer Telefon: 09421-940 4441 politik@straubinger-tagblatt.de Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/122668/4618864 OTS: Straubinger mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht