(Registrieren)

Die Stars könnten so viel bewegen / Politische Äußerungen werden im Sport gescheut. Dabei haben die Helden manchmal eine Verpflichtung zu sagen, was sie denken. Leitartikel von Claus-Dieter Wotruba

Geschrieben am 08-06-2020

Regensburg (ots) - Dass Sport und Politik zwei paar Stiefel sind, ist eine Illusion. War es schon immer und wird es auch immer sein. Nur ein Beispiel aus Zeiten, die lang her sind: Da straften die einen die anderen ab, indem sie 1980 nicht nach Moskau zu den Olympischen Spielen fuhren. Und die Ostseite merkte sich das vier Jahre lang und schoss zurück, indem sie Los Angeles boykottierte. Zur Klarstellung: Schon die Vergabe von Großereignissen ist Politikum genug. Heutzutage suchen Diktatoren allzu gerne die Weltbühne - und bekommen sie leider oft genug eingeräumt, um ihre Muskeln spielen zu lassen. Noch immer ist der Sport nämlich ein Mittel, um sich zu positionieren. Oder ein Versuch, eindringlich auf seine Wirtschaftskraft hinzuweisen, so (vermeintlich) ganz nebenbei die weltpolitische Bedeutung zu steigern und auf sich aufmerksam zu machen. Wie der nach Aufmerksamkeit gierende Fußballtorschütze, der im Jubel immer wieder auf den Namen auf seinem Trikot zeigt und damit sagen will: "Ja, seht her, ich bin es." Nur eines bleibt gleich: Die Protagonisten selbst werden in den seltensten Fällen gefragt, was sie wollen und was sie nicht wollen. Die kleinen Sportlerlein werden quer durch die Welt mal hierhin geschickt und mal dahin gehetzt. Was sie davon halten? Eher einerlei. Seine Meinung kundzutun, ist nicht gewünscht und wie bei Olympia vor Ort gar verboten. Ganz besonders politische Äußerungen stehen auf dem Index. In China Tacheles reden? Geht davor und danach, aber nicht im Stadion. Sich einmischen in Zwangsumsiedlungen oder Missstände beim Stadionbau? Nicht des Sportlers Ding. Dieser Tage liefert wieder so ein Thema Stoff, ja schreit nach Aussagen: Rassismus. Schon, dass in der Fußball-Bundesliga darüber nachgedacht wurde, dass Spieler sanktioniert werden, die via T-Shirt "Gerechtigkeit für George Floyd" und damit Solidarität für den getöteten schwarzen US-Bürger forderten, ist seltsam genug. Dabei werden genau diesen Kickern oft und zurecht ihre nichtssagenden Interviews voller Phrasen-Allerlei um die Ohren gehauen. Wenn sie dann aber in seltenen Fällen wie diesem Stellung beziehen, dürfen sie nicht? Zugegeben: Es ist ein schmaler Grat, Sportlern im Stadion Meinung zu erlauben. Das kann auch heikel werden, nicht immer sind die Fälle so eindeutig gelagert. Ein türkischer Militärgruß als Sympathie-Bekundung für eine Erdogan-Aktion etwa ist eine andere Sache. Würde jeder tun und lassen können, was er will, wäre das Tor eben auch für gefährlichere Botschaften geöffnet als jene, dass alle Menschen, gleich welcher Hautfarbe, gleich behandelt werden sollten. Doch es ist das Risiko wert, ja bisweilen würde man es sich von Sportlern wünschen, dass sie Stellung beziehen und ihre Popularität nutzen. Manches Mal hätten sie geradezu eine Verpflichtung dazu und es hälfe mehr als gekünstelt angelegte Kampagnen gegen Rassismus oder Homophobie zum Beispiel. Insofern war jeder Gedanke an Bestrafung von Fußballern wie Sancho oder Thuram verschwendet. Die Kontrollinstanzen verwarfen ihn zum Glück ja schnell. "Wer die auch in der DFB-Satzung verankerten Werte des Fußballs proklamiert, darf nicht bestraft werden", sagte DFB-Präsident Fritz Keller. "Wir wünschen uns mündige Spielerinnen und Spieler, die mit gutem Beispiel vorangehen und Menschen von unseren Werten überzeugen. Das muss möglich sein." Das ist richtig und klingt gut. Es muss aber auch so gehandelt werden. Auf allen Seiten. Ein Ex-Nationalspieler wie Jerome Boateng, Bundesligaspieler seit 2007, sieht bei den Kollegen "viel Luft nach oben", sich für Sachen wie diese einzusetzen. Es ist viel zu tun. Am besten gleich ab jetzt.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4617720
OTS: Mittelbayerische Zeitung

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

736086

weitere Artikel:
  • Kommentar zu den Anti-Rassismus-Protesten Stuttgart (ots) - Rassismus ist unerträglich. Der Protest Zigtausender zeigt, dass auch in Deutschland viele bereit sind, Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen und sich für nachhaltige Veränderungen einzusetzen. Der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Bernhard Franke, behauptet, Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe seien in Deutschland Alltag - nicht selten auch vonseiten der Behörden. Hier nicht wegzusehen oder zu verharmlosen, dafür lohnt der Protest allemal. Auch wenn er in Corona-Abstandszeiten vielerorts rücksichtslos mehr...

  • Datenschutzbeauftragter Kelber pocht auf Transparenz bei Corona-App Düsseldorf (ots) - Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, hat wenige Tage vor dem Start der Corona-Warn-App auf Transparenz für die Nutzer gepocht. "Mir ist besonders wichtig, dass die relevanten Dokumente zum Datenschutz, insbesondere die Datenschutzfolgeabschätzung, zum Start der App fertig sind", sagte Kelber der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Sie sollten ab dem ersten Tag öffentlich sein, um in der Bevölkerung Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen." Eine Datenschutzfolgeabschätzung müssen die Hersteller anfertigen mehr...

  • SPD-Generalsekretär Klingbeil erwartet nach Mehrwertsteuersenkung "Kampf um attraktivste Preise" Düsseldorf (ots) - SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Absenkung der Mehrwertsteuer im Konjunkturpaket verteidigt und einen Preiskampf prognostiziert. "Um jetzt schnell aus dem Stillstand der letzten Wochen rauszukommen, werden sich die Unternehmen um die Kunden bemühen und mit dem Weiterreichen der niedrigeren Mehrwertsteuer werben", sagte Klingbeil der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "In den nächsten Wochen startet ein Kampf um die attraktivsten Preise, da bin ich mir sicher", sagte der SPD-Politiker. Er verwies auf eine zeitliche mehr...

  • SPD-Generalsekretär Klingbeil sieht Internet bei nächster Bundestagswahl als entscheidend Düsseldorf (ots) - SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schwört seine Partei auf einen digitalen Wahlkampf ein und sieht das Auftreten im Internet als entscheidend bei der nächsten Bundestagswahl. "Ich bin überzeugt, dass die nächste Bundestagswahl im Netz entschieden wird", sagte Klingbeil der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Wer hier am besten aufgestellt ist, gewinnt." Um die Aufstellung des Kanzlerkandidaten nicht zu verstolpern, müssten Programm und Personal aufeinander abgestimmt sein. "Nach der Sommerpause machen die beiden Parteivorsitzenden mehr...

  • NRW-Bauministerin Scharrenbach fordert Wohnungspolitik als Chefsache bei jedem Bürgermeister Sperrfrist: 09.06.2020 00:00 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. Düsseldorf (ots) - NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) hat mehr Anstrengungen der Kommunen in Sachen Bauland gefordert. "Ich erwarte, dass das Thema Wohnungspolitik bei wirklich jedem Oberbürgermeister und Bürgermeister Chefsache ist", sagte Scharrenbach der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Die Kommunen müssten eine aktive Boden- und Wohnungsmarktpolitik betreiben. "Das unterstützen wir als mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht