(Registrieren)

Schule im Krisenbetrieb Das bayerische Kabinett holt weitere Klassen in den Unterricht zurück. Eine Routine wird aber auf lange Sicht nicht mehr einkehren. Von Isolde Stöcker-Gietl

Geschrieben am 06-05-2020

Regensburg (ots) - Wochenlang manövrierte das Kultusministerium wie ein Fahranfänger durch die Krise - stets bemüht, kein Tempolimit zu überschreiten und keine rote Ampel zu überfahren. Das war sicherlich für Bayern, wo es besonders viele Corona-Infektionen gab, eine kluge Taktik. Nun hat das bayerische Kabinett nach Wochen des Homeschoolings die Schulöffnungen für alle Klassen angekündigt. Die Nachricht war erhofft, von vielen Eltern regelrecht herbeigesehnt worden: Endlich gibt es einen zeitlichen Horizont. Doch Vieles bleibt nebulös. Das muss sich jetzt rasch ändern: So, wie ein Fahranfänger irgendwann seine zurückhaltende Fahrweise ablegen muss, um sicher am Steuer zu werden, so muss nun auch das Kultusministerium Mut haben und Konzepte für den Schulbetrieb vorlegen, die dem Bildungsauftrag ebenso gerecht werden wie der Minimierung des Ansteckungsrisikos. Alle Schüler müssen zurück, die Frage ist nur wie? Die Familien warten bereits ungeduldig auf Antworten. Denn wenn die vergangenen Wochen etwas vermitteln konnten, dann die Erkenntnis, dass der Unterricht in einem Klassenzimmer und umgeben von den Mitschülern die digitale Beschulung nicht ersetzen kann. Das lag - das muss ausdrücklich betont werden -, nicht an den Lehrern, die sich größtenteils mit vielen Ideen vom virtuellen Sporttraining bis hin zur Klassenvideokonferenz vieles haben einfallen lassen, um die Distanz zu überbrücken und Stoff zu vermitteln. Dennoch haben sich die familiären Belastungen über die Wochen immer weiter verstärkt. Die Lust der Eltern am Homeschooling sank parallel zur Motivationskurve der Schüler. Nun übernehmen zum Glück wieder die Fachkräfte. Unter erschwerten Bedingungen. Denn Abstand halten bleibt die größte Herausforderung. Bei 30 und mehr Schülern in einem Klassenzimmer sind 1,5 Meter zum Banknachbarn nicht herstellbar. Werden die Klassen halbiert, fehlt es nicht nur an den Räumlichkeiten, sondern auch an Lehrern. Deshalb bleibt eigentlich nur ein Schichtmodell. Aber wie soll es den Lehrern durch den ständigen Wechsel gelingen, die Lücken, die bei den Schülern sehr individuell sein werden, rasch aufzufüllen? Schon rein rechnerisch ist das nicht zu schaffen. Es bleiben nur sechs Wochen, die unter den Schülern aufgeteilt werden müssen. Ungefähr 30 Stunden Deutsch, Mathe und Fremdsprachen, vielleicht noch ein paar Nebenfächer. Dann ist auch schon Zeugnistag - sofern es dabei bleibt, dass die Sommerferien nicht angetastet werden. Mehr als ein Warm-up für das kommende Schuljahr können die nächsten Wochen nicht sein. Aber wie ein Fahranfänger braucht auch das Kultusministerium jetzt Fahrpraxis. Denn die Corona-Krise ist im September nicht ausgestanden. Die strengen Abstandsregeln und damit ein andauernder Unterricht im Schichtbetrieb werden weiter gelten, eine neue Infektionswelle könnte auch wieder Schulschließungen nach sich ziehen. Und viele weitere Fragen drängen sich auf. Wie starten die Erstklässler in den Schulbetrieb, wie bewältigen die Übertrittsklassen den Wechsel an weiterführende Schulen und wie werden die Kinder aus bildungsfernen Familien nicht abgehängt? Wie können überhaupt Lehrpläne eingehalten werden, wenn weiterhin weniger Schule in der Schule stattfindet? Rote Ampeln hier, Geschwindigkeitsbegrenzungen dort - die Sicherheit beim Steuern durch die Corona-Krise verlangt dem Kultusministerium enorme Konzentration ab. Schule wird auf lange Sicht nicht mehr normal ablaufen. Die Erleichterung, die die Eltern gerade verspüren, wird rasch verflogen sein. Auf manche Antworten werden sie noch länger warten müssen.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4590601
OTS: Mittelbayerische Zeitung

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

732078

weitere Artikel:
  • Corona-Krise: Auf die Bürger kommt es an / Kommentar von Thomas Fricker Freiburg (ots) - Gerade wenn es aus guten Gründen Unterschiede gibt zwischen Kiel und Konstanz, sind Akzeptanz und verantwortliches Mittun der Bürger entscheidend. Und nur, wenn es gelingt, mögliche neue Corona-Hotspots mithilfe regionaler Notbremsmanöver einzudämmen, haben wir die Chance, auch eine zweite Infektionswelle vergleichsweise gut zu überstehen. http://www.mehr.bz/khs128p Pressekontakt: Badische Zeitung Schlussredaktion Badische Zeitung Telefon: 0761/496-0 kontakt.redaktion@badische-zeitung.de http://www.badische-zeitung.de mehr...

  • Flughafen Düsseldorf schließt Kündigungen nicht aus und drängt auf Staatshilfe / Mundschutz beim Einchecken Düsseldorf (ots) - Thomas Schnalke, Chef des Flughafens Düsseldorf, schließt beim angekündigten Sparkurs des Unternehmens Entlassungen unter den 2300 Mitarbeitern nicht aus. Das sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag). Schnalke: "Wir müssen unser Unternehmen restrukturieren. Betriebsbedingte Kündigungen kann ich nicht ausschließen." Er ergänzte: "Allen ist der Ernst der Lage klar: Fast alle Kollegen und Kolleginnen sind in Kurzarbeit." Schnalke forderte, dass das Land oder der Bund die monatlich zehn Millionen mehr...

  • Über 200 Einsätze der Bundeswehr gegen Corona Düsseldorf (ots) - Seit Beginn der Pandemie hat die Bundeswehr bereits über 200 Mal Amtshilfe bei der Bewältigung der Corona-Krise geleistet. Das berichtet die Düsseldorfer "Rheinische Post" (Donnerstag) unter Berufung auf eine ihr vorliegende interne Aufstellung der Bundesregierung. 82 Unterstützungsaktionen für andere Behörden sind danach bereits abgeschlossen, 121 laufen noch, weitere 33 werden gerade vorbereitet. Die Amtshilfe reicht vom Transport von Masken über die Verantwortung für die Zugangsschleuse einer Klink bis zur Herstellung von mehr...

  • WESTFALEN-BLATT (Bielefeld): FDP-Chef Lindner gehen Lockerungen nicht schnell und weit genug - Kritik an Kanzlerin Merkel - Länder haben sich "emanzipiert" Bielefeld (ots) - FDP-Parteichef Christian Lindner gehen die angekündigten Lockerungen in der Corona-Krise nicht schnell und nicht weit genug. "Es wäre jetzt richtig, ohne falsche Zögerlichkeit alle Beschränkungen zu ersetzen durch klare Vorgaben für Hygienekonzepte, Abstandsregeln und den Gesundheitsschutz", sagte der 41-Jährige im Interview mit dem in Bielefeld erscheinenden WESTFALEN-BLATT (Donnerstagausgabe). "Kontaktbeschränkungen noch bis Anfang Juni und eine tagelange Wartezeit, bis Gastronomie und Hotels ihre Tätigkeit wieder aufnehmen, mehr...

  • Josef Schuster: Bin nicht überzeugt, dass die Deutschen es verstanden haben Osnabrück (ots) - Josef Schuster: Bin nicht überzeugt, dass die Deutschen es verstanden haben Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg - Präsident des Zentralrats der Juden besorgt Osnabrück. 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Zweifel daran geäußert, dass die Deutschen hinreichende Lehren aus der Vergangenheit gezogen hätten. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) sagte Schuster, wer in Deutschland Regierungsverantwortung trage, der wisse mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht