(Registrieren)

Eine Folge tiefer Spaltung CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigt ihren Abgang an. Das zeigt, wie gespalten die Partei ist - und wie sehr die Demokratie unter Druck steht.

Geschrieben am 10-02-2020

Regensburg (ots) - Die neue Woche ist erst einige Stunden alt, als der nächste
politische Paukenschlag die Republik aufrüttelt: An Tag fünf nach dem Debakel
von Thüringen kündigt die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer an, auf die
Kanzlerkandidatur zu verzichten. Sie läutet damit den Anfang vom Ende ihrer Zeit
als Parteivorsitzende ein. Dabei weist Kramp-Karrenbauers Entscheidung weit über
ihre Person hinaus. Dieser Schritt legt offen, wie tief gespalten die Union
mittlerweile intern ist. Er zeigt zugleich aber auch, wie sehr der Druck auf die
demokratischen Parteien insgesamt wächst. Die perfiden Volten der AfD, zuletzt
im Thüringer Landtag, stellen den Zusammenhalt der Freunde der Demokratie massiv
auf die Probe. Man möchte ihnen zurufen: Haltet zusammen! Das Beben von
Thüringen war sicherlich der Auslöser für Kramp-Karrenbauers Rückzug. Die
CDU-Chefin konnte sich in einer Situation nicht durchsetzen, in der
Durchsetzungskraft dringend geboten ist. Trotz ihrer Forderung nach Neuwahlen in
Thüringen scherte der Landesverband aus und widersetze sich der Linie der
eigenen Parteichefin. Führungsstärke sieht anders an. Thüringen ist aber
sicherlich nicht der einzige Grund, warum Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug nun
vorbereitet. Die Noch-Chefin wackelt seit langem, ihre Umfragewerte sind im
Keller. Dieses schlechte Ansehen nach außen hat auch mit inneren Gräben zu tun:
Kramp-Karrenbauer ist es nicht gelungen, ihre Widersacher einzufangen und die
verschiedenen Parteilinien zu befrieden. Nun zieht sie Konsequenzen aus der
wachsenden Kritik. Und sie tut es rechtzeitig - bis zur nächsten Bundestagswahl
sind noch gut eineinhalb Jahre Zeit. Das muss man der Parteichefin zugute
halten. Trotzdem: Die Lage ist auch mit Kramp-Karrenbauers Rückzug nicht
beruhigt. Nun muss ein Nachfolger, eine Nachfolgerin gefunden werden. Bislang
kursieren drei Namen: Friedrich Merz, Armin Laschet, Jens Spahn. Nach allem, was
bekannt ist, ist keinem der dreien breite Rückendeckung über Parteiflügel hinweg
sicher. Merz, der Kantigste und Lauteste in der Runde, übt sich zwar in
Diskretion. Nun sei "kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden", sagte
Merz am Montagmittag. Ob diese edle Zurückhaltung lange anhält, ist fraglich.
Wahrscheinlicher ist, dass der bislang schwelende Machtkampf nun offen
losbricht. Er könnte schmutzig werden. Dabei wäre nun das Gegenteil vonnöten:
Geschlossenheit und eine schnelle Lösung. Die offene Führungsfrage bringt nur
weitere Unruhe, nicht zuletzt auch in die große Koalition. Die Vorsitzsuche der
SPD, die sich im vergangenen Jahr über mehr als ein halbes Jahr erstreckte,
sollte der CDU ein warnendes Beispiel sein. Ausufernde Personaldebatten wären
jetzt genau das falsche Signal. Eine andere Debatte dagegen sollte die CDU sehr
wohl vertiefen - und zwar über ihr Verhältnis zur AfD. Die Vorgänge in Thüringen
haben Zweifel daran aufgebracht, dass sich die Christdemokraten geschlossen und
mit vereinter Kraft gegen die Rechts-außen-Partei stellen. Es gab einige
CDU-Stimmen, auch über Thüringen hinaus, die die Wahl des FDP-Politikers Thomas
Kemmerich mithilfe der AfD begrüßten. Kramp-Karrenbauer selbst soll am Montag im
Parteipräsidium gesagt haben, dass es "ein ungeklärtes Verhältnis von Teilen der
CDU mit AfD und Linken" gebe. Diese offene Flanke ist gefährlich für den
demokratischen Zusammenhalt. Die AfD streut Gift - das hat Thüringen
eindrücklich vor Augen geführt. Weil die CDU gegen dieses Gift nicht immun ist,
zieht die Vorsitzende nun zurecht Konsequenzen. Doch mit dem Austausch einer
Parteichefin ist das Problem nicht ausgeräumt. Um es zu bewältigen, müssen alle
demokratischen Parteien zusammenhalten. Jetzt mehr denn je.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4516855
OTS: Mittelbayerische Zeitung

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

720862

weitere Artikel:
  • WESTFALEN-BLATT: Kommentar zu Annegret Kramp-Karrenbauers Rücktritt Bielefeld (ots) - Alles auf Anfang: Annegret Kramp-Karrenbauer kapituliert und lässt die CDU in einem ziemlich ramponierten Zustand zurück. 14 Monate nach ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden, die im besten Falle auch gleich die Frage der Kanzlerkandidatur in ihrem Sinne hätte klären sollen, erkennt die 57-Jährige, dass ihr das alles Entscheidende zum politischen Erfolg fehlt: der Rückhalt in den eigenen Reihen. Schon länger hatten einflussreiche Christdemokraten immer mal wieder durchblicken lassen, dass es schwer werden dürfte, die mehr...

  • Kommentar / Daimler sollte mit BMW kooperieren = Von Florian Rinke Düsseldorf (ots) - Böse Zungen behaupten, dass die Bundesregierung die Umsetzung der neuen Prämie für Elektroautos auch deswegen verzögert, um der deutschen Autoindustrie mehr Zeit zu verschaffen. Denn während ausländische Hersteller ihre E-Autos bereits auf dem Markt haben, tun sich die Deutschen schwer. Schon bei der Abwrackprämie 2009 hatten speziell ausländische Hersteller von Prämien aus Steuergeldern profitiert. Das soll sich, folgt man dieser Theorie, nicht wiederholen. Also werde gewartet, bis die Deutschen so weit sind. Es mehr...

  • Kommentar / Merkels neue Milde mit Viktor Orbán = Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Der Besuch des umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán bei Kanzlerin Merkel läuft erstaunlich routiniert ab. Vergessen ist dessen vielfache Behinderung einer freien Presse und einer unabhängigen Wissenschaft. Korruption und Fremdenfeindlichkeit in seinem Land spielen keine Rolle. Es geht um die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen und die Zukunft der EU-Finanzen. Da kann Ungarn einiges vorweisen und kompetent mitreden. Man mag es der Kanzlerin fast nachsehen, dass sie im Augenblick andere Probleme mehr...

  • Rückzug von Kramp-Karrenbauer: Überfordert und zermürbt / Kommentar von Dietmar Ostermann Freiburg (ots) - Öffnung nach links zur Linken oder Öffnung nach rechts zur AfD - die Entscheidung musste die Partei spalten. Kramp-Karrenbauer fand keinen Ausweg und trägt Mitverantwortung für die wohl schwerste Krise der CDU seit zwei Jahrzehnten. Ihr Rückzug, garniert mit der Forderung, Parteivorsitz und Kanzlerschaft gehörten rasch wieder in eine Hand, könnte auch das Ende Merkels beschleunigen. Und damit das der Großen Koalition. http://mehr.bz/khs34p Pressekontakt: Badische Zeitung Schlussredaktion Badische Zeitung Telefon: mehr...

  • Kommentar zu Kramp-Karrenbauers Rückzug Stuttgart (ots) - Geschick und Fortüne, die einen Helmut Schmidt (damals noch als Hamburger Polizeisenator) in der Sturmflut, einen Helmut Kohl nach dem Mauerfall oder eine Angela Merkel in der Euro-Krise auszeichneten, hat Kramp-Karrenbauer an der Spitze der CDU ein ums andere Mal vermissen lassen. (...) Ihr Verzicht bedeutet für die CDU zunächst eine Belastung. Die Führungskrise der Partei spitzt sich weiter zu. In einer Lage, in der nicht weniger als die Identität der CDU zur Debatte steht: straff geführter Kanzlerwahlverein mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht